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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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wußte –, ließ er sie los und trat einen Schritt zurück, Spekulation und einen Schimmer von Verachtung in seinen schmalen Augen, und das Versprechen, daß er ihr etwas bieten würde, was sie brauchte, was sie unbedingt haben mußte – diese tierische männliche Arroganz, die sie so hasste, liebte, hasste …
    »Ich werde dich vergewaltigen«, sagte er. Es klang hässlich und grausam. Er sollte es nicht sagen, er konnte es tun, aber … »Geh ins Schlafzimmer und zieh dich aus, zieh alles aus und dich ins Bett. Wir wollen bumsen.«
    Das klang bei ihm immer so vulgär. Konnte er nicht hinlegen sagen. Bumsen. Ein Bettverhältnis, war sie das?
    Seine Stimme wurde zu einem heiseren Knurren, aber gar nicht mehr grausam. »Ich bumse dich, bis du von Sinnen bist, und dann noch einmal. Das willst du doch, oder?«
    Nein, nein, so nicht. Lieber Gott. Aber sie nickte.
    »Jetzt rufe ich Kinlay Brown an und sag' ihm, daß der Handel gilt. Morgen. Um zehn Uhr.« Es klang wie ein Streicheln. »Bis dahin haben wir viel Zeit.«
    Es ging ihr alles zu schnell. Sie konnte nicht nachdenken. Sie bekam nicht mal Luft.
    »Viel Zeit, Liebling, bis zehn Uhr morgen. Ich werde sehen, wie oft du bei mir kommst.«
    Wie von Drogen betäubt … nein, betäubt und wirklich nicht sie selbst … ging sie fast blindlings und ohne einen Blick zurück in das Schlafzimmer. Das Licht war an, schwach. Ein Mahagonibett mit vier Pfosten. Schlafwandlerisch tat sie wie geheißen. Wie sie es wollte. Sie entdeckte ein Tablett mit Bleiglas-Dekantern und Flaschen. Als sie nackt war, goß sie sich einen Gin ein und kippte ihn hinunter. Das Bett hatte keine Decke, nur das Laken. Owen dachte an alles. Schwankend ging sie ins Bad, und fand sich, nachdem sie das Licht eingeschaltet hatte, einem deckenhohen Spiegel gegenüber. Ihre Figur war immer noch gut, die Taille vielleicht nicht so schmal, wie sie es gern gehabt hätte, aber straffe Schenkel – vom Reiten vermutlich – und lange Beine, die Brüste voller als früher, das Gesicht gut proportioniert, wenn auch nicht taufrisch. Früher hatte sie von einem zerbrechlich zierlichen Körper geschwärmt, aber …
    Sie strich das kastanienfarbene Haar zurück, modisch mit grauen Strähnen durchzogen, und schaute sich ins Gesicht, zu lange der sengenden Sonne ausgesetzt, kleine Fältchen um die blaßbraunen Augen.
    Die Männer fanden sie noch immer attraktiv. Keine Schönheit, wie Stuart ihr gesagt hatte, aber eine gut aussehende Frau. Stuart – daran wollte sie nicht denken. Owen fand sie auch anziehend. Er hatte eine Leidenschaftlichkeit in ihr geweckt, die sie nicht für möglich gehalten hätte, schamlos, fordernd, hingebungsvoll, sinnlich.
    Ihr Glas war leer. Als sie es voll goss, hörte sie etwas durch die offene Schlafzimmertür, konnte es aber in ihrem benebelten Verstand nicht recht verstehen. Owen fluchte, aber das würde er sich doch nicht gegenüber Kinlay Brown oder den Anwälten herausnehmen. »Sie haben es gehört, heute habe ich gesagt, bevor es hell wird.«
    Verwundert trank sie. Warum hatte er nicht das Telefon oben benutzt? Draußen in der Halle stand doch eines, oder? Sie leerte das Glas. Owen würde sich schon um alles kümmern, er kannte sich aus. Sie ging zum Bett und ließ sich rücklings auf das Laken sinken. Das Glas glitt aus ihren schlaffen Fingern auf den Teppich.
    Am Torpfosten wackelte das weiße Schild mit der Aufschrift Thistle Hill Farms. Auf der alten Frankfurter Straße war ein zerbeulter, grauer Landrover geparkt, halb quer vor dem Portal, das seltsamerweise offen stand. Es war zwischen vier und fünf Uhr morgens und noch nicht hell. Außer einem in der Ferne bellenden Hund und ab und zu einem Eulenruf aus der Ulmenallee, die zum Landsitz führte, war nur das stete Brummen des Automotors zu hören.
    Dann jedoch konnte man ein anderes Geräusch vernehmen, Hufschlag auf Kies, der näher kam.
    Sekunden später tauchte ein mächtiger Brauner in vollem Galopp auf, raste durch das Tor. Vor dem Fahrzeug scheute der Hengst, stieg erschreckt, wieherte und rannte durch die verbliebene Öffnung zwischen Landrover und Einzäunung in wilder Panik die Straße entlang.
    Kurz darauf eilte ein verhutzelter Mann von der Größe eines Kindes mit watschelnden Schritten hinter dem Pferd die Allee entlang, als wolle er es einholen. Er stieg in den Wagen, fuhr behutsam an, legte etwas auf den Beifahrersitz und schaltete dann die Scheinwerfer an. Das Pferd war schemenhaft im Licht zu

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