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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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nicht ganz gesund war. Seine Besitzer wußten es, und sein Trainer ebenfalls, aber sie haben sich einen Dreck daran geschert.«
    Er hämmerte mit der Faust auf das Lenkrad. »Solche Leute sollten vom Turf ausgeschlossen werden. Ihnen ist egal, was sie anrichten. Sie müßten für ihr Verbrechen bestraft werden, aber das traurige an der Sache ist, daß sie sich nicht einmal schuldig fühlen, und wenn, dann würden sie sich auch darüber hinwegsetzen.«
    So plötzlich, wie er begonnen hatte, war dieser Ausbruch vorüber. Andrew schwieg, doch im Wageninneren schien die zornige Anklage noch nachzuhallen.
    Da ging Brigid endlich ein Licht auf. Was sie bei Andrew für Snobismus gehalten hatte, war gar keiner, sondern grenzenlose Empörung, wie auch Daniel Tyrone – ihr sanfter Danny – sie empfunden hätte.
    »Jeder, der mit Lust und Liebe beim Rennen ist«, fuhr Andrew mit veränderter Stimme fort, »muß so eine Handlungsweise verabscheuen.« Dann schaute er sie voll an. »Es ekelt mich. Ich bin krank vor Ekel.«
    Brigid streckte ihm die Hand entgegen und legte sie auf seine. Und mit einem leisen Ziehen in der Brust wurde ihr bewußt, daß sie diesen Mann vielleicht lieben konnte.

4
    »Mach das Radio lauter, Mario. Irving Berlins Song ›In the still of the night‹ mochte ich schon immer besonders gern. Bruno kennt seine Evergreens. Hallo, Cal, wach auf, wir kommen nach Cherry Hill.«
    »Ich habe nicht geschlafen.«
    »Hast du noch immer Katzenjammer? Du hast ein weiches Herz, Calvin. Das schätze ich an einem Trainer.«
    »Ich habe an Al Manuel gedacht, der mit einem gebrochenen Becken und einem Blasenriß auf der Intensivstation liegt.«
    »›While the world is in slumber‹ … na und, kann der Jockey eben eine Weile nicht pinkeln.«
    »Gebrochener rechter Arm, gebrochene Rippen, Gehirnerschütterung.«
    »Das ist das Risiko bei diesem Spiel.«
    »Er hat Glück, daß er noch lebt.«
    »Wer hat das nicht?«
    »Sein Agent sagt, daß er nie mehr für Tidewater reiten wird.«
    »Jockeys gibt's haufenweise, für einen Apfel und ein Ei sowie zehn Prozent des Platzgeldes, wenn überhaupt. Sag dem Agenten von Bruno Vasaturo einen schönen Gruß, wenn er die Klappe zu weit aufreißt, wird er auch krankenhausreif sein. Die Intensivstation hat noch eine Menge Platz.«
    »Zwei Pferde tot, darunter Dealer's Choice. Ein Jockey im Leichenschauhaus.«
    »Mir kommen die Tränen.«
    »Ja?«
    »›Oh, the times without number‹ … schau, Cal, ich hab' auch einige Scheine auf True Blue verloren.«
    »Das finde ich direkt schön, gegen das eigene Pferd wetten und dafür bestraft werden.«
    »Calvin, Mr. Calvin Markel Roth, junior – du gehst mir auf die Eier, schon seit Louisville. Schon vorher.«
    »Ich versuche nur, dir ein wenig Verstand einzureden. Wenn du einen Vollblüter mit But voll pumpst, damit er seine Schmerzen nicht spürt, rennt er eben. Und wenn er Cortison und Jod bekommt, gibt er alles, was er hat, und dann rennt er eben, bis er nur noch zu Hundefutter taugt.«
    »Na und, das ist doch dein Job.«
    »Ja, das läßt du mich auch nicht vergessen.«
    »Dieser Berlin hat schon gewußt, wie man Songs komponiert, was? Hör mal, Calvin, Tidewater ist kein Stall, sondern eine Fabrik. Wir produzieren Rennpferde wie am Fließband. Du weißt schon, wie man sie richtig auf Trab bringt.«
    »Ja, und wenn wir mit ihnen fertig sind …«
    »Dann finden wir noch immer einen Dummen, der sie kauft. Da können sich die Zeitungsschmierer die Finger wund schreiben – Geschäft ist Geschäft.«
    »Bruno … ich glaube, ich will aussteigen.«
    »Calvin, du kennst die Regeln. Hier steigt niemand aus.«
    »Soll das heißen, ich habe lebenslänglich?«
    »Besser als ein Todesurteil, oder?«
    »Jesus!«
    »Halt mal, fahr noch nicht hinein. Schau dir das an. Das Haus – neunzehn Zimmer, ein Tudor-Herrenhaus, was? Nette Nachbarn, nette Kinder, Jaguars, Caddies. Nicht weit nach Pimlico, nach Belmont oder Big A, wie sie Aqueduct nennen. Ich bin über einem Bonbonladen in Bronx geboren. Also werden wir beide unser Schäfchen weiterhin ins trockene bringen, was, Cal? Diese hochnäsigen Snobs in Kentucky wollen uns vom Rennen ausschließen. Teufel, die Idioten haben noch nicht begriffen, daß wir die Schau veranstalten!«
    »Jesus.«
    »So, jetzt kannst du weiterfahren, Mario. Calvin hat's begriffen, was?«
    »Allmächtiger!«
    »Haste noch nie gehört, daß man den Namen nicht missbrauchen soll? Willst du in die Hölle kommen?«
    »Da

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