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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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bin ich schon.«
    »Du solltest öfters in die Kirche gehen. So wie ich.«
    Wir unterbrechen unsere Sendung wegen einer wichtigen Meldung. In den Stallungen von Churchill Downs in Louisville, Kentucky, soll ein Feuer ausgebrochen sein. Einem unbestätigten Gerücht zufolge soll das Feuer in der Stallung ausgebrochen sein, wo die Pferde untergebracht sind, die am Samstag im Derby starten werden. Aber, wie gesagt, es handelt sich um eine nicht bestätigte Nachricht. Weitere Meldungen folgen in Kürze. Und nun zurück zur Musik von Cole Porter.
    Das Telefon schrillte, aber als er die Augen aufschlug, war es noch dunkel, und es brauchte weitere vier Klingelzeichen, ehe Wyatt Slingerland wußte, wo er war: nicht in seiner Wohnung in Baltimore. Hier fühlte er sich noch immer nicht heimisch, und dummerweise befand sich das Telefon nicht neben dem Bett. Es klingelte noch ein paar Mal weiter, ehe er den Schalter im weißgetünchten Wohnraum gefunden und zum Cocktailtisch mit der Glasplatte geschwankt war. Der Apparat war fast von Kunstbüchern zugedeckt, die seine Freundin Vilma Solotorowski dort in Stapeln und Haufen liegengelassen hatte. Er nahm den Hörer hoch, betrachtete blinzelnd die abstrakten Schinken an den Wänden und meldete sich mit einem zögernden »Ja?«. Man wußte ja nie, welche Betrunkenen oder über seine Sendungen Empörten unvermutet an der Strippe hingen.
    Selbst als der Teilnehmer am anderen Ende der Leitung zu sprechen anfing, war Wyatt noch nicht sicher, nicht doch auf den Arm genommen zu werden. Aber es war der Nacht-Sportredakteur der Louisviller Zeitung, der meinte, Wyatt würde sicher gern schnell in die Downs fahren, weil dort angeblich – Einzelheiten seien noch nicht bekannt – ein Feuer in der Derbystallung ausgebrochen sei.
    »Im Derbystall?«
    »Vielleicht spielt uns jemand einen Streich. Aber genauso gut kann das ganze Stallgelände Feuer gefangen haben.«
    Wyatt dankte seinem Freund und einstigem Trinkkumpan aus seiner Zeit bei der ›Baltimore Sun‹, daß er an ihn gedacht hatte. Dann legte Wyatt den Hörer auf, schüttelte ungläubig den Kopf und versuchte, die Schläfrigkeit und Benommenheit vom Alkohol zu vertreiben.
    Ein Streich? Das war in dieser idiotischen Welt immer möglich. Doch ein anderer Begriff ging ihm nicht aus dem Kopf – Spuk, verhext. Er hatte diesen Ausdruck bei seiner Reportage über das Derby Trial vor ein paar Stunden verwendet und auch von anderer Seite gehört. Allmächtiger, ob da wirklich was dran war?
    Als Clay den diskreten Ton des Summers vernahm, griff er nicht über Kimberley hinweg zum Hörer des modernistisch aussehenden Telefons, sondern schüttelte statt dessen Kimberley sanft an der Schulter. Der Teufel sollte ihn holen, wenn er sich nachts in Miß Kimberley Camerons Schlafzimmer durch irgendeinen Fremden erwischen ließ! Doch Kimberley wachte nicht auf, sondern maunzte leise vor sich hin wie ein zufriedenes Kätzchen oder wie ein sattes Raubtier. Wieder dieses höflich-leise Summen. Kein Wunder, daß Kimberley nicht so leicht wach wurde, so wie sie dem Alkohol auf der Siegesfeier, in Bernies großem Wohnwagen, bei der sie sich prächtig amüsierte, zugesprochen hatte. ›Gratuliere auch allen übrigens herzlich. Jetzt, mein lieber Clay, mußt du es mit Starbright aufnehmen!‹ Und dann später, hier im Bett, hatten sie sich bis zur Erschöpfung verausgabt, wobei Kimberley auf andere Weise aufgekratzt und ungemein erregend wirkte.
    Das Summen ging weiter. Er war seinem Vorsatz untreu geworden und hatte sich einen schwachen Bourbon genehmigt, aber nur einen. Er war zu wütend gewesen um Alkohol zu verkraften, und wollte kein Risiko auf sich nehmen. Nie mehr sollte es soweit kommen, daß ihm der Film riß. In jener Nacht vor sieben Jahren war er auch so wütend gewesen – weil sie nicht mit ihm Blue Ridge verlassen wollte, und noch wütender, weil er sich hinterher an nichts mehr erinnern konnte. Wahrscheinlich würde er den Schock nie ganz überwinden, nicht zu wissen, was er getan oder nicht getan hatte. Diese Geschichte hatte sein ganzes Leben verändert. Seines und vermutlich auch ihres.
    Hartnäckig summte das Telefon weiter. Clay rüttelte stärker an Kimberleys Schulter, und sie schlug die Augen halb auf, knurrte einen Moment unwillig, lächelte dann und drehte sich zu ihm. Er spürte die Wärme ihres Körpers an seinem. Aber nun hörte auch sie das Telefon, seufzte und verzog das Gesicht, während sie sich aufrichtete. Sie murmelte

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