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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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etwas in den Hörer, ließ die Bettdecke sorglos herabgleiten, die pastellfarben den Farbton ihres herabfließenden Haares wiederholte.
    »Ja? … Andrew? Was …«
    Dann hörte sie zu, und ihr Oberkörper versteifte sich. »Verdammt. Was ist mit Starbright? Was hat Jason gesagt?«
    Clay wartete, während sie anscheinend gebannt ihrem Vater zuhörte. »Nicht da? Warum ist Mr. Arnold nicht da?« Sie preßte den Hörer ans Ohr und beugte sich gespannt nach vorn. Ihre Brüste berührten fast die Knie. »Er lügt. Ihm ist etwas passiert. Du lügst mich auch an!«
    Aufgeregt und nervös schüttelte Kimberley ihren Kopf.
    »Nein, du brauchst mich nicht abzuholen. Clay ist hier.« Etwas lauter setzte sie hinzu: »Er liegt neben mir im Bett.«
    Clay zuckte mit den Achseln. Warum mußte sie das ihrem alten Herrn auf die Nase binden? Er konnte es sich sowieso denken, oder?
    »Ja, ja, wir treffen uns dort umgehend.« Sie warf den Hörer auf die Gabel und rührte sich nicht. »Starbright muß etwas zugestoßen sein, und sie lügen mich alle an. Es brennt in den Stallungen … mein Gott, ich kann es nicht glauben!«
    Selbst als er tröstend ihre Schulter umspannte, konnte Clay den Gedanken nicht verbannen: Zum Glück steht Hotspur in Stall 27.
    »Incendie?« Dann wiederholte Paul Hautot das Wort auf englisch in den Hörer. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Vor dem Hotelfenster war der Himmel dunkel, und er mußte sich mit Gewalt konzentrieren. Es fiel ihm ein, daß er mit seinem Pferdepfleger spanisch reden mußte, denn Julio stammte aus Barcelona und verstand kaum französisch und noch weniger englisch. Anscheinend war da ein Feuer, oder es hatte gebrannt, und zwar in dem Stall, in dem Bonne Fête stand. Er hörte zu: Das Pferd befand sich in Sicherheit, und der Trainer war auf dem Weg zu den Downs. Julio bedauerte, seinen Herrn geweckt zu haben, aber er wollte nicht, daß er es von anderer Seite erfahre.
    Paul Hautot zuckte mit den Achseln und betrachtete den amerikanischen Jungen, der ungeniert im anderen Bett weiterschlief. Das Gesicht war ganz glatt, und er erinnerte sich wieder daran, daß der Junge ihn selbst in den intimsten Momenten unweigerlich mit Monsieur Hautot anredete.
    Er sprach den Jungen an: »Robert.«
    Als der die unschuldigen Augen aufschlug, entschuldigte er sich auf englisch: »Es tut mir leid, aber in den Stallungen ist etwas passiert. Ich muß sofort hin.«
    Als der Junge sein Geld genommen hatte und verschwunden war, nahm Paul Hautot das Glas an die Lippen und trank den letzten Schluck schalen Sekts. Er dachte an den Ausspruch des blinden Benediktinermönchs Dom Pérignon, der den moussierenden Wein erfunden haben soll: »Ich trinke die Sterne.« Danach schmeckte es jetzt nicht.
    Nicht einmal frisch und eisgekühlt taugte dieses kalifornische Gebräu viel, und der Pater würde sich bestimmt im Grab umdrehen.
    Paul schaute zum Fenster hinaus und vermißte die vertraute Silhouette. Nur graue Dächer erstreckten sich vor seinen Augen, flach und mit schwarzen Schornsteinen. Er fragte sich, nicht zum ersten Mal, weshalb er überhaupt Paris verlassen hatte. Er legte sich wieder ins Bett und dachte an Annabelle, wie sie unter einem sich bewegenden Mann lag. Der Gedanke erregte ihn wie immer. Wie gut, daß er wieder allein war.
    »Molly?«
    Versuche nicht zu schreien, Brigid, beherrsche dich. Es ist alles nur ein Traum.
    »Sie wurde ins St.-Elisabeth-Krankenhaus gebracht, Mrs. Tyrone, können Sie mich verstehen?«
    Die Bilder eines Krankenwagens in rasender Fahrt jagten durch ihren Kopf. Ja, Mr. McGreevey, Mrs. Tyrone versteht, aber es ist doch nur ein Traum …
    »Zur weiteren Untersuchung, sagte der Arzt. Klar, das Mädchen war bei Bewußtsein und so …«
    »Mr. McGreevey …«
    »Hier geht's drunter und drüber, eine Katastrophe …«
    Reiß dich zusammen, Brigid. »Wie ist es geschehen?«
    »Die armen Pferde mußten in den dicksten Rauchschwaden losgebunden werden und …«
    »Was ist genau passiert?«
    »Es ist grauenvoll und schrecklich, was ich Ihnen …«
    »Nun mach schon endlich!« Sie konnte nicht verhindern, daß sie ihn anschrie.
    »Das Mädchen wurde niedergetrampelt.«
    »Niedergetrampelt?«
    »O Gott, mir zerreißt es fast das Herz. In dem fürchterlichen Durcheinander sei sie plötzlich angerannt gekommen, sagt Kevin, dabei hatte er gedacht, sie sei bei Ihnen im Hotel …«
    Brigid vernahm die Geräusche im Hintergrund, Sirenengeheul, eine Glocke, die angeschlagen wurde, Schreie,

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