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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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ist Mr. Golden denn verletzt?«
    »Ja, und außerdem vielleicht krank. Sie machen auch Tests. Aber nicht mit ihm, sondern mit einem Hund.«
    Plötzlich lag Schärfe in seinem Ton, und seine Augen blickten alles andere als sanft, eher mordlüstern. Das war nicht mehr der freundlich-nichtssagende, junge Mann, den sie kannte. Die Verwandlung war verblüffend – und ein wenig erschreckend.
    »Er wurde von einem Hund gebissen«, erläuterte Clay Chalmers und verbesserte sich sogleich, wobei noch mehr Härte in seiner Stimme lag: »Nicht gebissen, angefallen. Der Hund ging auf unser Pferd los, doch Bernie merkte es noch rechtzeitig und griff ein, woraufhin der Hund sich gegen ihn wandte.«
    »Das tut mir sehr leid«, sagte sie, und es war die Wahrheit. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
    »Danke, nein. Ich muß Hotspur in den Derbystall bringen.« Ein grimmig-ironisches Lächeln kräuselte die Mundwinkel. »Wo er sicherer sein wird. Obgleich das vergangene Nacht auch nicht geholfen hat, was?« Er nickte ihr zu, wandte sich ab und war mit entschlossenen Schritten verschwunden.
    Was sollte das heißen? Meinte er etwa, daß der Brand vergangene Nacht kein Unfall war? Wenn ja, dann mochte es Andrews Benehmen während der frühen Morgenstunden erklären. Und den Telefonanruf vom Trainer …
    Ja, das wäre eine Erklärung für seine geistige Abwesenheit, seinen unterdrückten Zorn und die Frustration, die sie gespürt hatte, als sich ihre Pfade zufällig wieder gekreuzt hatten.
    »Ich konnte nicht schlafen«, hatte sie gesagt, als sie ihn vor dem Hotel getroffen hatte. Ein kleiner Spaziergang, hatte sie gedacht, würde vielleicht dagegen helfen.
    »Das habe ich mir gedacht«, hatte er geantwortet, »aber ich wollte Sie nicht in Ihrem Zimmer stören, falls ich mich geirrt haben sollte.«
    »Sie konnten auch nicht schlafen?«
    »Richtig. Wollen wir Spazierengehen?« Er bot ihr nicht den Arm an. »Es ist zu dieser Nachtstunde nicht sicher, allein zu gehen, besonders nicht für eine Frau.«
    »In Irland wäre es das schon.«
    »Wir sind hier nicht in Irland.«
    »Ich weiß.« Sie war nicht in Irland und wünschte, sie wäre wieder zu Hause. Zusammen mit Molly, gesund und munter. Sie gingen über einen Platz, wo tagsüber Tische standen und Menschen saßen und aßen und der Country-Musik zuhörten und bei Square-Tänzen zusahen. Dann hatten sie die Schritte an das Flussufer gelenkt, wo der Raddampfer am Kai vertäut lag, dunkel und still, ohne Vergnügungssuchende und Musik. Der Ohio floß breit und träge im grauen Licht dahin.
    Wenn sie redeten, was selten war, drehte sich das Gespräch um Pferde und Rennen. Brigid erzählte von Connemara, wo Innisfree Demesme lag, zerklüftete Felsen, blauschimmernde Buchten und Seen, grünes Gras und Weiden für die Pferde.
    »Ich würde es gern eines Tages sehen«, sagte Andrew. »Sooft ich in Europa war, hat es nie für Irland gelangt.«
    »Dann kommen Sie doch.«
    »Vielleicht tue ich das.« Er zog ihren Arm durch seinen. »Ich würde gern kommen.«
    »Mich würde es auch freuen«, gestand sie.
    Später, als sie im Lift nach oben fuhren, fragte sie ihn impulsiv, ob sie ihm noch einen Drink anbieten dürfe. Errötend wie ein Schulmädchen hatte sie hinzugefügt: »In meinem Land gibt es keine ungeeignete Zeit dafür, und man braucht keine Entschuldigungen.«
    Selbst als sie die Whiskys eingoss, war sie nicht sicher, warum sie ihn aufgefordert hatte. Nur um sich für seine Liebenswürdigkeit zu revanchieren oder um seine Rastlosigkeit zu besänftigen? Oder war es …
    Der Türsummer ertönte. Andrew runzelte die Stirn und schaute sie fragend an. Sie wollte öffnen, aber er vertrat ihr den Weg.
    »In meinem Land«, sagte er mit hänselndem Ton, »fragt man immer erst, wer draußen ist, ehe man die Tür öffnet.«
    »Wer ist da, bitte?«
    »Ich bin's nur, Kimberley. Ich wollte meine Schulden bezahlen.«
    Kimberley? War das die Möglichkeit?
    Sie öffnete die Tür. Und Kimberley stand davor.
    Aber ihre Art entsprach nicht der fast fieberhaften, trotzigen Forschheit ihrer Stimme. »Ich bezahle immer meine Spiel- und Wettschulden, Mrs. Tyrone. Sie entschuldigen wohl die ungewöhnliche Stunde.« Ihr Gesicht sah verloren aus, und sie stand mit zusammengepressten Beinen in ihrem Kamelhaarmantel da, als erwarte sie Schelte oder Strafe. »Hier ist der Scheck über tausend Dollar. Sie haben auf Hotspur gesetzt, und er hat gewonnen, erinnern Sie sich?«
    Ja, sie erinnerte sich. Aber etwas an der Manier

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