Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
Breitenbach.
»Na, wie wohl? Zurück auf Anfang. Wir müssen in das Haus von Rebecca Ganter und dort alles auseinandernehmen. Sie ist das Bindeglied. Irgendwo dort muss ein Hinweis auf den Mörder sein. Wir müssen ihn nur finden.«
»Dann werde ich mich an den PC und ans Telefon schwingen und noch mal einen Versuch starten, um endlich herauszubekommmen, wo sie sich die Jahre vor ihrem plötzlichen Auftauchen herumgedrückt hat«, bot Rolf an. »Gut. Wir anderen fahren zum Haus.«
»Willst du noch Kollegen zur Unterstützung haben?«, fragte Timo.
»Bloß nicht. Je weniger wir sind, desto besser können wir uns aufs Wesentliche konzentrieren. Also los.«
Während es in der Stadt zu so früher Stunde schon erstaunlich heiß war, lag unter dem Blätterdach des Waldes eine angenehme Kühle. Timo durchtrennte die Polizeisiegel, schloss auf und ließ die anderen an sich vorbei eintreten. Er ließ die Tür offen und legte außen einen Stein davor, damit sie nicht zufallen konnte.
Der üble Verwesungsgeruch lag noch immer wie eine bleierne Decke über dem ganzen Haus. Verglichen jedoch mit dem Geruch im Container fand es Falko hier geradezu angenehm.
»Ich nehme mir die Küche vor«, sagte Sarah. »Wenn sie irgendwas hier versteckt hat, finde ich es.« Sie zog sich die Einweghandschuhe über und trat ein. Falko und Timo gingen zum Wohnzimmer hinüber. Alles wirkte auf Falko überaus friedlich. Die durch die Bäume brechenden Sonnenstrahlen warfen ein diffuses, warmes Licht in die Räume des Hauses, so dass es geradezu Behaglichkeit ausstrahlte. Zielstrebig ging Cornelsen zum Bücherregal hinüber.
»Ich nehme mir den Schreibtisch vor«, erklärte Timo.
Stück für Stück arbeiteten sie sich voran, und die Kartons, die sie mitgebracht hatten, füllten sich immer mehr mit persönlichen Unterlagen und auch bespielten CD s. Alles andere hatte die Spurensicherung schon am Tag des Auffindens der Leiche sichergestellt. Auf vieles konnten sie hier vor Ort nur einen kurzen Blick werfen. Erst eine genauere Untersuchung würde vermutlich etwas ans Tageslicht bringen, wenn es denn überhaupt etwas zu finden gab.
Sie fanden nichts, was mit dem Begriff »Thronoi« gekennzeichnet war. Falko suchte auch vergeblich nach Literatur über griechische Mythologie, Engelssagen oder Ähnliches – die Bibliothek der Autorin war überschaubar. Wie es schien, hatte sie selbst am liebsten Krimis und Thriller gelesen, aber auch Biografien bedeutender Persönlichkeiten. Falko konnte sich noch immer kein wirkliches Bild von der Frau machen, über die er durch Rafael Langer erfahren hatte, welches Vergnügen ihr das reale Leiden von Menschen bereitete. Dass Langer in diesem Punkt die Wahrheit gesagt hatte, davon war der Profiler fest überzeugt.
Nach vier Stunden packten sie die Kartons in den Kofferraum von Falkos Wagen und machten sich auf den Rückweg zum Präsidium. Sie hatten gerade den Wald hinter sich gelassen, als Falkos Handy klingelte.
»Hier ist Jan von der IT .« Er klang atemlos. »Er ist auf Sendung. Er hat wieder eine Frau.«
»Verdammt!«, zischte Falko. »Nimmst du es auf?«
»Ja, auf einem separaten Rechner. O Mann, ich habe so etwas noch nie gesehen.«
»Was macht er?«
»Er fragt sie immer wieder, was sie alles tun würde, um ihren Sohn vor ihm zu schützen.«
»Was?«
»Ja doch, genau das fragt er. Ihr müsst euch das selbst ansehen.«
»Kannst du zurückverfolgen, wo sich das Sendegerät befindet?«
»Sieht nicht gut aus. Es scheint so, als übertrage eine Videokamera auf mehrere Computer, die ihrerseits das Ganze über die ganze Welt weiterleiten.«
»Über die ganze Welt? Du meinst, da gucken noch mehr zu?«
»Ich weiß es nicht, aber möglich wär’s. Oder er macht das, damit es nicht zurückverfolgt werden kann. Tut mir leid, aber auf diesem Weg werden wir ihn nicht kriegen.«
Cornelsen fluchte leise. »Danke, Jan. Wir sind so schnell da, wie wir können.« Er drückte die rote Taste.
»Hol raus, was die Karre hergibt«, sagte Timo und bedeutete ihm, das Gaspedal durchzudrücken.
Als sie im Präsidium ankamen, saßen Rolf, Jan und drei weitere Kollegen vor drei nebeneinander aufgebauten Computerbildschirmen, auf denen überall das Gleiche zu sehen war. Eine Frau, nackt, weinend, mit zahlreichen Blessuren im Gesicht und Todesangst in den Augen. Cornelsen, Bischoff und Breitenbach stellten sich hinter ihre Kollegen, den Blick starr auf die Bildschirme gerichtet. Falko meinte, anhand des Fotos, das er
Weitere Kostenlose Bücher