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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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Rektor gemeldet, und ich sah schon Vater wüten und Mutter weinen und die Freistelle flöten-gehen. Aber Korten hatte alles auf sich genommen: Er hatte angestiftet, ich bloß mitgemacht. So bekam er den Brief nach Hause, und sein Vater lachte nur.
    »Ich muß mal wieder.« Korten knöpfte den Hosenladen zu.
    »Schon wieder?« Ich lachte noch. Aber der Spaß war vorbei, und die Chinesen warteten.
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    Erinnerungen an die blaue Adria
    Als ich wieder in den Saal kam, war alles im Aufbruch.
    Im Vorbeikommen fragte Frau Buchendorff, wie ich nach Hause käme, ich könne doch wohl nicht fahren mit meinem Arm.
    »Vorhin bin ich mit dem Taxi gekommen.«
    »Ich nehme Sie gerne mit, wo wir doch Nachbarn sind. In einer Viertelstunde am Ausgang?«
    Die Tische waren verlassen, Stehgrüppchen bildeten und lösten sich. Die Rothaarige stand noch mit einer Flasche bereit, aber alle hatten schon genug getrunken.
    »Hallo«, sagte ich zu ihr.
    »Hat es Ihnen gefallen auf dem Empfang?«
    »Das Büfett war gut. Ich bin erstaunt, daß noch was übrig ist. Aber wo nun noch was übrig ist – können Sie mir für mein Picknick morgen ein kleines Päckchen richten lassen?«
    »Für wie viele Personen darf es denn sein?« Sie deutete einen ironischen Knicks an.
    »Wenn Sie Zeit haben, für zwei.«
    »Oh, das geht nicht. Aber ich lasse Ihnen trotzdem was für zwei einpacken. Einen Moment.«
    Sie verschwand durch die Schwingtüren. Als sie wie-57
    derkam, hatte sie einen größeren Karton dabei. »Sie hätten das Gesicht unseres Küchenchefs sehen sollen. Ich habe ihm sagen müssen, daß Sie sonderbar, aber wichtig sind.« Sie kicherte. »Weil Sie mit Herrn Generaldirektor gegessen haben, hat er von sich aus noch eine Forster Bischofsgarten Spätlese dazugelegt.«
    Als Frau Buchendorff mich mit dem Karton sah, zog sie die Augenbrauen hoch.
    »Ich habe die chinesische Sicherheitsexpertin einge-packt. Haben Sie nicht gesehen, wie klein und zierlich sie ist? Der Delegationsleiter hätte sie nicht mit mir gehen lassen.«
    Mit ihr fielen mir immer nur blöde Witze ein. Wäre mir das vor dreißig Jahren passiert, hätte ich mir eingestehen müssen, daß ich verliebt bin. Aber was soll ich davon in einem Alter halten, in dem ich mich nicht mehr verliebe?
    Frau Buchendorff fuhr einen Alfa Romeo Spider, einen alten ohne häßlichen Heckspoiler.
    »Soll ich das Verdeck zumachen?«
    »Normalerweise fahre ich auch im Winter mit Badehose Motorrad.« Es wurde immer schlimmer. Zu allem Überfluß nun auch noch ein Mißverständnis, denn sie schickte sich an, das Verdeck zuzumachen. Und nur, weil ich mich nicht getraut hatte zu sagen, daß es für mich nichts Schöneres gibt, als in einer lauen Sommernacht mit einer schönen Frau am Steuer eines Kabrioletts unterwegs zu sein. »Nein, lassen Sie, Frau Buchendorff, ich fahre gerne in einer lauen Sommernacht im offenen Sportwagen.«
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    Wir fuhren über die neue Hängebrücke, unter uns Rhein und Hafen. Ich sah hinauf in den Himmel und in die Seile. Es war hell und sternenklar. Als wir von der Brücke abschwenkten und ehe wir in die Straßen ein-tauchten, lag für einen Moment Mannheim mit seinen Türmen, Kirchen und Hochhäusern vor uns. Wir muß-
    ten an einer Ampel warten, ein schweres Motorrad hielt neben uns an. »Komm, wir fahren noch zur Adria«, rief das Mädchen auf dem Rücksitz ihrem Freund gegen den Lärm der Maschine in den Helm. Im heißen Sommer 1946 war ich oft an dem Baggersee gewesen, in dessen Namen die Mannheimer und Ludwigshafener ihre Sehnsucht nach dem Süden gelegt haben. Damals waren meine Frau und ich noch glücklich, und ich genoß die Gemeinsamkeit, den Frieden und die ersten Zigaretten.
    Da fuhr man also immer noch hin, heute rascher und leichter, nach dem Kino ein kurzer Sprung ins Wasser.
    Wir hatten die ganze Fahrt nicht gesprochen. Frau Buchendorff war schnell und konzentriert gefahren.
    Jetzt zündete sie sich eine Zigarette an.
    »Die blaue Adria – als ich klein war, sind wir manchmal mit dem Opel Olympia rausgefahren. Es gab Malzkaffee aus der Thermosflasche, kalte Koteletts, und im Weckglas hatten wir Vanillepudding dabei. Mein großer Bruder war, was man einen Halbstarken nannte; mit seiner Victoria Avanti ging er schon eigene Wege.
    Damals fing die Mode an, nachts noch rasch zum Baden zu fahren. Es kommt mir alles so idyllisch vor, wenn ich heute dran zurückdenke – als Kind habe ich immer gelitten auf diesen Ausflügen.«
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    Wir waren vor meinem Haus angelangt,

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