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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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römische Schustersfrau. Das Rauchen hat er ihretwegen aufgegeben. Dann lief sie ihm und ihrem Mann mit einem Engländer davon.«
    Wir gingen zum Ausgang und sahen, daß es noch
    regnete. »Was willst du als nächstes machen?« fragte Judith.
    »Morgen will ich mit Gremlich reden, Peter Mischkeys Kollegen im Regionalen Rechenzentrum, und auch noch mal mit ein paar Leuten aus den rcw.«
    »Gibt es irgendwas, was ich tun kann?«
    »Wenn mir etwas in den Sinn kommt, sag ich’s dir.
    Weiß Firner eigentlich über dich und Peter Mischkey Bescheid und darüber, daß du mich beauftragt hast?«
    »Gesagt habe ich ihm nichts. Aber warum hat er mir eigentlich nichts von Peters Verwicklung in unsere Computergeschichte erzählt? Zunächst hatte er mich immer auf dem laufenden gehalten.«
    »Hast du denn gar nicht mitbekommen, daß ich den Fall abgeschlossen hatte?«
    »Doch, ein Bericht von dir ging über meinen Schreibtisch. Es war alles sehr technisch.«
    »Du hast nur den ersten Teil bekommen. Warum, das 191
    würde ich gerne wissen. Meinst du, du kriegst das raus?«
    Sie wollte es versuchen. Es hatte zu regnen aufgehört, wurde dunkel, und die ersten Lichter gingen an. Der Regen hatte den Gestank der rcw mitgebracht. Auf dem Weg zum Auto redeten wir nicht. Judith hatte einen müden Gang. Beim Abschied sah ich auch die tiefe Müdigkeit in ihren Augen.
    Sie spürte meinen Blick. »Ich seh nicht gut aus zur Zeit, gell?«
    »Nein, du solltest wegfahren.«
    »In den letzten Jahren habe ich immer mit Peter Ferien gemacht. Wir haben uns im Club Méditerranée kennengelernt, weißt du. Jetzt sollten wir in Sizilien sein, wir sind im Spätherbst immer in den Süden gefahren.«
    Sie fing an zu weinen.
    Ich legte ihr den Arm um die Schulter. Zu sagen wußte ich nichts. Sie weinte sich aus.
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    Der Pförtner kannte mich noch
    Gremlich war kaum wiederzuerkennen. Den Safarianzug hatte er gegen Wollflanellhose und Lederjackett eingetauscht, die Haare waren kurz geschnitten, über der Lippe prangte ein sorgfältig gestutztes Menjoubärt-chen, und mit dem neuen Look trug er ein neues Selbstbewußtsein zur Schau.
    »Guten Tag, Herr Selb. Oder soll ich Selk sagen? Was führt Sie zu uns?«
    Was sollte ich davon halten? Mischkey würde ihm nicht von mir erzählt haben. Wer sonst? Jemand von den rcw. Ein Zufall? »Gut, daß Sie Bescheid wissen.
    Das erleichtert mir meine Aufgabe. Ich muß mir die Dateien ansehen, die Mischkey hier geführt hat. Würden Sie mir die bitte zeigen?«
    »Wie? Ich verstehe nicht. Hier gibt es keine Dateien mehr von Peter.« Er sah irritiert, mißtrauisch drein. »In welchem Auftrag sind Sie eigentlich hier?«
    »Zweimal dürfen Sie raten. Sie haben die Dateien also gelöscht? Ist vielleicht auch besser so. Sagen Sie mir aber doch, was Sie davon halten.« Ich nahm den Computerausdruck aus der Aktentasche, den ich in Mischkeys Ordner gefunden hatte.
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    Er legte ihn vor sich auf den Schreibtisch und blätterte eine ganze Weile darin. »Woher haben Sie den? Der ist fünf Wochen alt, bei uns im Haus ausgedruckt, aber hat nichts mit unseren Beständen zu tun.« Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich würde das gerne dabehal-ten.« Er sah auf seine Uhr. »Ich muß jetzt in die Sitzung.«
    »Ich bringe Ihnen den Auszug gerne noch mal vorbei. Jetzt muß ich ihn mitnehmen.«
    Er gab ihn mir, aber mir war, als würde ich ihn Gremlich entreißen. Ich steckte die augenscheinlich explosive Konterbande in meine Tasche. »Wer hat Mischkeys Aufgaben übernommen?«
    Gremlich sah mich geradezu alarmiert an. Er stand auf. »Ich verstehe nicht, Herr Selb … Lassen Sie uns das Gespräch ein andermal fortsetzen. Ich muß jetzt wirklich in die Sitzung.« Er brachte mich an die Tür.
    Ich trat aus dem Haus, sah die Telephonzelle auf dem Ebertplatz und rief sofort Hemmelskopf an. »Habt ihr beim Kreditinformationsdienst was über einen Jörg Gremlich?«
    »Gremlich … Gremlich … Wenn wir was über ihn
    haben, habe ich ihn gleich auf dem Bildschirm. Einen Moment noch … Da ist er, Gremlich, Jörg, 19.11.1948, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in Heidelberg, in der Furtwänglerstraße, fährt einen roten Escort, hd-s 735. Er hatte mal Schulden, scheint es aber zu was gebracht zu haben. Erst vor zwei Wochen hat er den Kredit bei der Bank für Gemeinwirtschaft zurückgezahlt.
    Das waren rund 40 000 Mark.«
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    Ich bedankte mich. Das langte Hemmelskopf aber nicht. »Meine Frau wartet immer noch auf den Dra-chenbaum, den du ihr

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