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Titel: Selection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
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Sie – also alle Erwählten, meine ich – im Kopf. Sie sind alle so überwältigend und zugleich beängstigend für mich!«
    Er gestikulierte aufgeregt herum, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte – fuchtelte mit den Händen und strich sich durch die Haare.
    »Und Sie glauben, mein Leben hätte sich nicht verändert? Glauben Sie denn, ich habe eine Chance, unter diesen Mädchen eine Seelenverwandte zu finden? Ich kann froh sein, wenn ich eine Frau finde, die mich den Rest ihres Lebens ertragen kann. Und womöglich habe ich sie schon nach Hause geschickt, weil ich mich auf meine Intuition verlassen habe und dass es schon funkt, wenn ich ihr gegenüberstehe. Gespürt habe ich zwar noch nichts, aber was, wenn meine Erwählte mich dann beim ersten Anzeichen von Problemen verlässt? Oder wenn ich überhaupt niemanden finde? Was dann, America?«
    Maxon klang aufgebracht, aber auch ehrlich verzweifelt. Er wollte wirklich wissen, was er tun sollte, wenn er unter diesen Mädchen keines finden würde, das er lieben konnte. Noch größere Sorgen machte ihm offenbar die Befürchtung, selbst nicht liebenswert zu sein.
    »Also, ich glaube, dass Sie Ihre Seelenverwandte in dieser Gruppe finden werden, Maxon. Ganz ehrlich.«
    »Wirklich?« Der Prinz klang hoffnungsvoll.
    »Ganz bestimmt.« Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, und allein diese Berührung schien ihn zu trösten. Ich fragte mich, wie oft er überhaupt von jemandem berührt wurde. »Wenn Ihr Leben wirklich so durcheinander ist, wie Sie sagen, dann muss Ihre Liebste hier irgendwo auf Sie warten. Meiner Erfahrung nach findet wahre Liebe immer unter ungewöhnlichen Umständen statt.« Ich lächelte matt.
    Das schien ihn zu beruhigen, und auch mich selbst trösteten meine Worte. Weil ich an sie glaubte. Und wenn ich diese Liebe selbst schon nicht haben konnte, so konnte ich doch zumindest Maxon auf den Weg zu ihr führen.
    »Ich hoffe, dass Marlee und Sie zusammenfinden. Sie ist unglaublich lieb«, sagte ich.
    Maxons Blick war seltsam. »Scheint so.«
    »Wie? Ist lieb nicht gut?«
    »Doch, doch.«
    Er äußerte sich nicht weiter dazu.
    »Wonach halten Sie Ausschau?«, fragte er plötzlich.
    »Wie?«
    »Ihr Blick ist ganz unruhig. Ich merke, dass Sie mir zuhören, aber Sie scheinen nach irgendetwas zu suchen.«
    Ich merkte, dass er recht hatte. Meine Augen suchten den Garten, die Fenster, sogar die Mauern ab. Ich fühlte mich verfolgt.
    »Menschen?… Kameras?…« Ich schüttelte den Kopf und starrte in die Dunkelheit.
    »Wir sind alleine, bis auf den Wachposten dort.« Maxon deutete auf den einsamen Mann neben der Tür. Tatsächlich konnte ich niemanden entdecken, und auch in den erleuchteten Fenstern war kein Mensch zu sehen. Das hatte ich zwar selbst schon festgestellt, aber die Bestätigung war beruhigend.
    Ich merkte, wie ich mich ein wenig entspannte.
    »Sie mögen es nicht, beobachtet zu werden, wie?«, fragte Maxon.
    »Nein, ich bleibe gern im Schatten. Ich kenne es nicht anders, wissen Sie.« Ich wich seinem Blick aus und zog mit dem Finger die Muster in der Steinbank nach.
    »Daran müssen Sie sich ab jetzt gewöhnen. Wenn Sie von hier weggehen, werden Sie für den Rest Ihres Lebens im Licht der Öffentlichkeit stehen. Meine Mutter spricht immer noch von einigen Frauen, die damals mit ihr das Casting durchlaufen haben. Die werden heutzutage alle als bedeutende Persönlichkeiten betrachtet. Immer noch.«
    »Na toll!«, stöhnte ich. »Ich kann ihn kaum erwarten, den Rest meines Lebens.«
    Maxons Miene war entschuldigend, aber ich musste den Blick abwenden. Weil mir erneut bewusst wurde, was dieser dumme Wettbewerb für mich bedeutete und dass ich nie wieder ein normales Leben führen würde. Das war einfach nicht gerecht?…
    Doch dann rief ich mich zur Ordnung. Ich sollte meinen Ärger nicht an Maxon auslassen. Er war im Grunde ebenso ein Opfer dieser Umstände wie wir Erwählten, nur unter ganz anderen Vorzeichen. Ich seufzte und sah ihn wieder an. Er sah jetzt entschlossen aus, als habe er gerade eine Entscheidung getroffen.
    »Dürfte ich Sie etwas Persönliches fragen, America?«
    »Vielleicht«, sagte ich ausweichend.
    Er lächelte freudlos.
    »Es ist nur … nun ja, ich merke, dass Sie sich hier überhaupt nicht wohlfühlen. Sie mögen die Regeln nicht und die Öffentlichkeit und die Kleidung und … nein, das Essen mögen Sie.« Wir lächelten beide. »Sie vermissen schmerzlich Ihr Zuhause und Ihre Familie … und wohl auch noch andere Menschen.

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