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ausgedrückt.
»Nehmen Sie eine Jacke mit. Es ist kühl draußen.«
Wir gingen den Flur entlang. Ich war noch in meinen eigenen Gedanken, und dass es nicht zu Maxons Stärken gehörte, ein Gespräch zu eröffnen, wusste ich mittlerweile. Aber ich hatte mich gleich bei ihm eingehakt und war nun froh über diese vertraute Geste.
»Wenn Sie Ihre Zofen abends nicht bei sich haben wollen, muss ich einen Wachposten vor der Tür aufstellen«, sagte Maxon.
»Nein! Ich brauche keinen Babysitter.«
Er kicherte. »Der würde nur vor Ihrer Tür stehen, Sie würden ihn gar nicht bemerken.«
»Doch, sehr wohl«, widersprach ich. »Ich würde spüren, dass er da ist.«
Maxon stieß einen gespielt gequälten Seufzer aus. Ich war so mit meiner Widerrede beschäftigt, dass ich das Raunen erst bemerkte, als die drei schon ganz nahe waren. Celeste, Emmica und Tiny gingen an uns vorbei zu ihren Zimmern.
»Die Damen«, sagte Maxon und nickte ihnen zu.
Es war wohl naiv anzunehmen, dass uns niemand sehen würde. Ich merkte, wie ich rot anlief, obwohl ich nicht genau wusste, weshalb.
Die Mädchen knicksten und gingen weiter. Ich warf einen Blick über die Schulter, als wir zur Treppe kamen. Emmica und Tiny sahen uns neugierig nach. Sie würden den anderen bestimmt sofort Bericht erstatten. Und die anderen Mädchen würden mich dann morgen aushorchen. Aus Celestes Augen schienen förmlich Flammen zu lodern. Sie fühlte sich vermutlich persönlich hintergangen.
Ich wandte den Blick ab und sagte das Erste, was mir in den Sinn kam.
»Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass die Mädchen, die sich bei dem Angriff so gefürchtet haben, dann doch hierbleiben würden.« Wer überlegt hatte, zu flüchten, wusste ich nicht, aber den Gerüchten zufolge gehörte Tiny auf jeden Fall dazu. Sie war schließlich ohnmächtig geworden. Jemand hatte auch Bariels Namen erwähnt, aber das musste ein Irrtum sein. Sie war viel zu versessen auf die Krone.
»Sie glauben gar nicht, wie erleichtert ich darüber war«, sagte Maxon, und es hörte sich aufrichtig an.
Das überraschte mich, aber ich konnte nicht gleich antworten, weil ich mich auf meine Füße konzentrieren musste. Ich hatte keine Übung darin, mit hohen Absätzen eine Treppe hinunterzugehen. Aber immerhin konnte ich mich an Maxon festhalten, falls ich stolperte.
»Ich hätte eher gedacht, das sei hilfreich für Sie«, bemerkte ich, als wir unten angekommen waren. »Ich meine, es muss sehr schwierig sein, von so vielen Mädchen eines auszusuchen. Wenn Ihnen per Zufall welche abgenommen werden, haben Sie doch weniger Mühe, oder?«
Maxon zuckte die Achseln. »Könnte man so sehen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht so empfinde.« Er sah irgendwie gekränkt aus. »Guten Abend, die Herren«, grüßte er die Wachen, die uns, ohne zu zögern, die Tür zum Garten öffneten. Ich erwog, Maxons Angebot, die Wachen zu informieren, doch anzunehmen. Die Vorstellung, dem Palast so einfach entkommen zu können, war verlockend.
»Das verstehe ich nicht«, sagte ich, als er mich zu einer Bank führte – unserer Bank – und auf den Platz mit Blick zum Palast wies. Maxon setzte sich mir zugewandt auf die andere Seite.
Er schien zu zögern, doch dann holte er tief Luft und sagte: »Vielleicht war ich zu eingebildet, als ich mir dachte, ich sei es wert, dass man für mich ein Risiko eingeht. Nicht dass ich jemanden in Gefahr bringen wollte!«, fügte er rasch hinzu. »Das meine ich nicht. Sondern … ich weiß nicht. Können Sie alle nicht auch sehen, in welche Gefahr ich mich begebe?«
»Ähm – nein. Sie haben Ihre Eltern, die Sie beraten können, und wir alle leben nach Ihrem Terminplan. In Ihrem Leben ist alles wie vorher, aber unseres hat sich über Nacht komplett verändert. Wieso sollten Sie sich durch uns in Gefahr begeben?«
Maxon sah erschüttert aus.
»Natürlich habe ich meine Eltern an der Seite, America. Aber wissen Sie, wie peinlich es ist, wenn sie einen dabei beobachten, wie man versucht ein Mädchen zu finden? Und nicht nur die eigenen Eltern, sondern das ganze Land! Und das Ganze nicht mal auf normalem Weg.
Und Sie leben nach meinem Terminplan? Wenn ich nicht bei Ihnen allen bin, bin ich mit dem Militär, mit neuen Gesetzen und Haushaltsplänen beschäftigt, ganz auf mich allein gestellt, während mein Vater mich dabei beobachtet, wie ich Fehler mache, weil ich nicht über seine Erfahrung verfüge. Und mich dann verbessert. Bei alldem habe ich die ganze Zeit nichts anderes als
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