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Lächeln auf und sagte: »Weißt du, was? Ich glaube, du hast recht.« Sie ging ein paar Schritte rückwärts. »Bestimmt wird alles gut, wenn ich noch ein bisschen Geduld habe. Ich muss jetzt los. Tiny wartet auf mich.«
Sie eilte zum Palast zurück. Was um alles in der Welt war nur in sie gefahren?
In den nächsten beiden Tagen ging Marlee mir aus dem Weg. Im Damensalon setzte ich mich bewusst mit Abstand zu ihr und nickte ihr zu, wenn ich sie sah. Ich wollte ihr klarmachen, dass sie mir vertrauen konnte und dass ich sie nicht bedrängen würde, zu reden.
Nach vier Tagen warf sie mir ein trauriges Lächeln zu. Ich nickte nur. Mehr schienen wir beide über Marlees Gefühle nicht sagen zu müssen.
Am selben Tag – ich hielt mich wieder im Damensalon auf – ließ Maxon mich rufen. Ich müsste lügen, wenn ich nicht zugäbe, dass ich vollkommen aufgekratzt war, als ich hinausrannte.
»Maxon!«, rief ich und umarmte ihn. Als ich mich von ihm löste, wirkte er ein bisschen unsicher, und ich wusste auch, warum: An jenem Tag, als wir den Swendway-Empfang verließen und zurück zum Palast gingen, um uns zu unterhalten, hatte ich ihm gestanden, wie schwer ich mit all meinen unterschiedlichen Gefühlen zurechtkam. Und ich hatte Maxon gebeten, mich erst wieder zu küssen, wenn ich meiner Gefühle für ihn sicherer war. Ich hatte gespürt, dass ihn das verletzte, aber er hatte genickt und sein Versprechen bis jetzt gehalten. Es fiel mir einfach zu schwer, meine Gefühle richtig zu verstehen, wenn er sich wie mein Freund verhielt, obwohl er es nicht war.
Zweiundzwanzig Mädchen waren noch übrig, nachdem Camille, Mikaela und Laila ausgeschieden waren. Camille und Laila kamen einfach nicht in Frage und waren deshalb ohne großes Aufhebens abgereist. Mikaela hatte so schlimmes Heimweh bekommen, dass sie zwei Tage darauf beim Frühstück in Tränen ausbrach. Maxon hatte sie hinausgeleitet und ihr auf dem Weg beruhigend die Schulter getätschelt. Er schien das Ausscheiden der Mädchen gelassen zu nehmen, ja, sogar ein wenig erleichtert zu sein, dass er sich nun besser auf die anderen Optionen, darunter mich, konzentrieren konnte. Doch wir wussten beide, dass es nicht sinnvoll für ihn war, sein Herz an mich zu hängen, solange ich selbst nicht wusste, was mein eigenes Herz sich wünschte.
»Wie geht es Ihnen heute?«, fragte er und trat einen Schritt zurück.
»Prächtig natürlich. Was machen Sie hier? Müssten Sie nicht arbeiten?«
»Der Vorsitzende des Infrastrukturkomitees ist krank, und die Sitzung wurde vertagt. Ich habe den ganzen Nachmittag frei.« Seine Augen schimmerten. »Was möchten Sie unternehmen?«, fragte er und hielt mir den Arm hin.
»Oh, alles Mögliche! Ich kenne so vieles hier noch nicht. Es gibt irgendwo Pferde, oder? Und das Kino. Da war ich auch noch nicht.«
»Gute Idee. Ich könnte ein bisschen Entspannung brauchen. Haben Sie Vorlieben, was Filme angeht?«, fragte er, als wir uns in Bewegung setzten.
»Kann ich nicht behaupten, weil ich gar nicht viele Filme kenne. Aber ich mag Liebesromane. Und Komödien!«
»Liebesromane?« Maxon zog ein bisschen konsterniert die Augenbrauen hoch, und ich musste lachen.
Wir unterhielten uns weiter, bogen um eine Ecke. Am Ende des Gangs standen etliche Wachen, sicher an die zwölf Mann, die wegtraten und salutierten, als wir uns näherten. Ich hatte mich allmählich an den Anblick der Garde gewöhnt und ließ mich nicht mehr von den Uniformen ablenken.
Heute jedoch hörte ich ein erschrockenes Keuchen, als wir an den Wachen vorübergingen. Unwillkürlich drehten Maxon und ich uns um.
Und da stand Aspen.
Nun war es an mir zu erschrecken.
Vor einigen Tagen hatte ich im Vorübergehen jemanden aus der Verwaltung über die Einberufung sprechen hören und hatte unwillkürlich an Aspen denken müssen. Doch dann hatte ich das Thema schnell wieder vergessen, weil ich gerade zu Silvias Unterricht hastete.
Nun war Aspen also eingezogen worden. Und von allen Orten?…
»Kennen Sie diesen Mann, America?«, fragte Maxon.
Es war zwar schon über einen Monat her, dass ich Aspen zuletzt gesehen hatte, doch sein Bild hatte sich so stark in mich eingebrannt, dass er selbst jetzt noch immer in meinen Träumen vorkam. Ich hätte ihn überall erkannt. Er wirkte kräftiger, als sei er gut genährt und durchtrainiert. Sein störrisches Haar war kurz geschoren, und statt der üblichen fadenscheinigen Kleidung trug er die tadellose, gut sitzende Uniform der
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