Selection
festgestellt, dass ich zu den Favoritinnen gehörte – zusammen mit Marlee, Kriss, Tallulah und Bariel. Als Celeste das erfuhr, redete sie tagelang nicht mehr mit ihr, aber irgendwann war selbst das vergessen.
Am meisten sorgten immer noch die Berichte nach den Treffen mit dem Prinzen für Spannungen zwischen uns. Es hörte sich an, als wolle Maxon sechs oder sieben Mädchen zugleich heiraten. Doch nicht alle Schilderungen waren positiver Natur.
Marlee beispielsweise hatte schon diverse Verabredungen mit Maxon gehabt, was die anderen nervös machte. Dennoch wirkte sie nicht mehr so begeistert wie nach dem ersten Treffen.
Als wir einmal im Garten spazieren gingen, sagte sie: »America, ich möchte dir was erzählen, aber du musst mir versprechen, es keiner Menschenseele zu sagen.« Ich wusste, dass es etwas Schwerwiegendes sein musste, denn sie hatte mit dieser Äußerung gewartet, bis wir außer Hörweite der Wachen waren.
»Natürlich, Marlee. Alles okay mit dir?«
»Ja, schon. Es ist nur … ich würde gerne deine Meinung zu etwas hören.« Sie sah bekümmert aus.
»Was ist los?«
Sie biss sich auf die Lippe und schaute mich an. »Es geht um Maxon. Ich weiß nicht, ob das was werden kann mit uns.« Sie schaute zu Boden.
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte ich beunruhigt.
»Na ja, also … ich empfinde einfach nichts, weißt du? Keinen Funken, keine Nähe.«
»Maxon ist manchmal ein bisschen schüchtern. Du musst ihm Zeit lassen.« Das entsprach der Wahrheit, und es wunderte mich, dass ihr das noch nicht aufgefallen war.
»Nein, ich meine, ich glaube, dass ich ihn eigentlich nicht mag.«
»Oh.« Das war etwas anderes. »Hast du es versucht?« Eine idiotische Frage.
»Ja! Sehr sogar! Ich warte immer auf einen Moment, in dem ich das Gefühl habe, dass uns etwas verbindet. Aber der kommt einfach nicht. Ich finde schon, dass er gut aussieht, aber das reicht ja nicht aus als Basis für eine Beziehung. Hast du irgendeine Vorstellung davon … nun ja, worauf er steht?«
Ich dachte nach. »Nein. Wir haben nie darüber gesprochen, was er sich körperlich so vorstellt.«
»Das ist auch so was! Wir unterhalten uns nie. Mit dir redet er ohne Ende, aber mit mir scheint ihm der Gesprächsstoff auszugehen. Wir bringen die meiste Zeit damit zu, stumm etwas anzuschauen oder Karten zu spielen.«
Sie sah von Minute zu Minute besorgter aus.
»Wir reden auch nicht ständig«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Manchmal sitzen wir einfach da und schweigen gemeinsam. Außerdem stellen sich solche Gefühle auch nicht immer von heute auf morgen ein. Vielleicht lasst ihr euch einfach Zeit.« Ich hoffte, dass ich sie ein wenig trösten konnte, denn sie sah aus, als könne sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Ganz ehrlich, America, ich glaube, dass ich nur noch hier bin, weil das Volk mich so schätzt. Ich glaube, dessen Meinung ist Maxon sehr wichtig.«
Auf diesen Gedanken war ich noch nicht gekommen, aber er kam mir plausibel vor. Ich hatte mich nicht weiter für die Öffentlichkeit interessiert, aber Maxon liebte sein Volk. Die Bürger hatten vermutlich mehr Macht bei der Entscheidung über die Prinzessin, als sie ahnten.
»Und außerdem«, flüsterte Marlee, »fühlt sich zwischen ihm und mir alles so … leer an.«
Dann kamen die Tränen.
Ich seufzte und umarmte sie. Natürlich wünschte ich mir, dass sie hierblieb, bei mir, aber wenn sie nichts für Maxon empfand?…
»Marlee, wenn du nicht mit Maxon zusammen sein möchtest, solltest du ihm das auch genau so sagen.«
»Oh nein, ich glaube, das kann ich nicht.«
»Das musst du aber. Er will keine Frau heiraten, die ihn nicht liebt. Wenn du nichts für ihn empfindest, muss er das unbedingt wissen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht einfach nach Hause gehen … nicht jetzt. Ich muss bleiben.«
»Warum denn, Marlee? Was hält dich hier?«
Einen Moment lang war ich mir nicht sicher, ob Marlee und ich nicht dasselbe dunkle Geheimnis hatten. Vielleicht gab es bei ihr zu Hause auch jemanden, dem sie fernbleiben wollte. Doch über mein Geheimnis wusste Maxon Bescheid, und ich fand, sie sollte genauso offen mit ihm sein. Außerdem fand ich die Vorstellung tröstlich, dass ich nicht die Einzige war, die aus sonderbaren Gründen hier gelandet war.
Marlee hörte ebenso abrupt zu weinen auf, wie sie begonnen hatte. Sie schniefte noch kurz, dann richtete sie sich auf. Strich ihr Tageskleid glatt und wandte sich zu mir. Setzte ein kraftvolles herzliches
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