Selina - Liebesnaechte in Florenz
.“
Alessandro sprang auf. „Schlimmer? So rede doch! Was ist geschehen?“
„Die Signorina hat Befehl gegeben, die Truhen zu packen. Die beiden Damen wollen bereits morgen abreisen. Ich weiß das von einer der Mägde in ihrem Haus. Man... man munkelt davon, dass die Signorina Francesca daran denkt, sich in ihrer Heimat zu verehelichen und die Signorina Selina sie nicht alleine reisen lassen will.“
Alessandro starrte ihn sekundenlang an, dann setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und tauchte die Feder ins Tintenfass. Seine Hand zitterte, als er hastig einige Zeilen auf ein Stück Pergament schrieb. Dann schüttete er Sand darüber, faltete das Blatt zusammen, versiegelte es mit Wachs in das er seinen Ring drückte, und reichte es Luciano.
„Hier, diesen Brief gibst du der Signorina persönlich. Persönlich! Und diesmal lässt du dich nicht abweisen. Ich bitte sie darum, mich in einer Stunde bei Santo Spirito zu treffen. Deiner Freundin sagst du, dass sie alle notwendigen Dinge in eine Truhe tun soll, die ich später abholen lasse. Du wirst die Signorina zum Treffpunkt begleiten und noch zwei Männer mitnehmen. Falls die Signorina nicht freiwillig mitkommt, schleppst du sie einfach aus dem Haus. Und Luciano – ich muss dir nicht erst sagen, dass...“
Luciano nickte, „Sie können mir vertrauen, messer .“
Zur vereinbarten Zeit stand er bei der Kirche, ging ungeduldig hin und her und atmete unendlich erleichtert auf, als sie kam. Es dämmerte bereits, aber er erkannte sie sofort. Sie trug wieder den Mantel, den sie bei ihrem ersten heimlichen Liebestreffen umgelegt gehabt hatte, allerdings hatte sie ihn nur um die Schultern geworfen und der Kopf mit dem vollen, glänzenden braunen Haar war unbedeckt. Als er sie auf sich zukommen sah, hätte er sie am liebsten vor allen Leuten in die Arme gerissen. Er beherrschte sich jedoch und trat nur hastig auf sie zu. Etwas an ihren Augen irritierte ihn. Es lag nicht die übliche Freude oder Zuneigung darin, sondern eine Kälte, die er nicht einmal in den ersten Tagen ihrer Bekanntschaft darin erblickt hatte, als sie ihm noch mit abweisender Zurückhaltung begegnet war.
„Ich bin nur gekommen, weil Euer Diener darauf bestanden hat und schon jeder im Haus aufmerksam geworden ist“, sagte sie statt einer Begrüßung kalt. „Sagt, was Ihr von mir wollt und dann lebt wohl.“ Es waren nur wenige Leute in der Nähe, also kein Grund vorhanden, ihn nicht mit dem vertrauten Du anzusprechen, und selbst dann wären ihre Worte sehr hart gewählt gewesen. „Ihr habt mich beim Packen gestört. Ich werde morgen abreisen.“
So stimmte es also tatsächlich. Er hatte es nicht glauben wollen, an ein Missverständnis gedacht, aber nun stieg heißer Ärger in ihm hoch. „So. Und wohin?“
„Dahin, woher ich gekommen bin. Nach Burgund. Man erwartet mich dort.“ Sie musterte ihn kalt. „Habt Ihr sonst noch etwas zu sagen? Wenn nicht, dann gehe ich wieder. Meine Zeit ist knapp und kostbar. Ach ja...“ Sie zog ein verwelktes Gebinde hervor und warf es ihm mit einer verächtlichen Bewegung vor die Füße. „Hier, ich möchte nicht, dass Ihr denkt, ich würde etwas mitnehmen, das Euch gehört!“
Alessandro bückte sich nach dem zerzausten Blumenkranz, den er ihr noch vor weniger als einem Tag auf ihr Haar gedrückt und damit ganz Florenz gezeigt hatte, dass diese Frau ihm mehr bedeutete als alle anderen. Seine Stimme war undeutlich vor unterdrücktem Zorn, als er sprach. „Du wirst nicht abreisen. Ich habe beschlossen, dass du sofort mitkommst und bei mir wohnst, bis sich ... alles geklärt hat.“
„Ihr habt beschlossen?“ Selina konnte kaum glauben, was sie da hörte. „Das habt Ihr nicht zu bestimmen!“
„Oh doch!“ Er winkte seinem Diener, der Selina begleitet hatte und nun ganz in der Nähe wartete. Und noch bevor Selina eine Bewegung zur Gegenwehr machen konnte, wurde sie auch schon gepackt, man zog ihr den Mantel über den Kopf, jemand warf sie über ein Pferd und dann ging es im wilden Galopp aus der Stadt.
Selina war vor Schreck zuerst starr über dem Pferd gehangen, dann begann sie zu zappeln und um sich zu schlagen, sodass Alessandro gezwungen war, das Tier anzuhalten. „Bleib gefälligst ruhig!“ herrschte er sie an. „Du fällst sonst vom Pferd!“ Er zerrte sie unsanft weiter hinauf, trieb das Pferd wieder an und hielt erst, als sie sein Landhaus erreicht hatten. Dort sprang er ab, zog sie ebenfalls hinunter, warf sie sich über die Schulter
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