Selina - Liebesnaechte in Florenz
und trug sie ins Haus hinein.
Erst drinnen stellte er sie zu Boden und zog den Mantel fort.
„Hast du den Verstand verloren?“ fauchte sie ihn atemlos an. Ihr schwerer Zopf hatte sich gelöst und das Haar hing ihr wirr ins Gesicht. „Du entführst mich?!“
„Weil ich nicht dulden werde, dass du abreist! Deine Freundin mag meinetwegen gehen wohin immer sie will“, erwiderte Alessandro mit mühsam beherrscht, „aber du bleibst hier!“
Sekundenlang starrte Selina ihn verständnislos an. „Ich? Was willst du mit mir? Hast du nicht gestern noch felsenfest behauptet, nichts könnte dich davon abbringen, die Enkelin von Bene Santini zu heiraten?!“
Das war es also! Sie hatte sein Gespräch mit Lorenzo belauscht! „Eben“, erwiderte er finster. „Und ich gedenke dieses Wort auch zu halten.“
„Ja, aber...“, fing Selina verwirrt an, unterbrach sich jedoch, weil sie plötzlich die Wahrheit erkannte. „Du weißt es?“
„Ich wusste es von Anfang an“, erklärte Alessandro mit Bestimmtheit. „Vielleicht nicht vom ersten Moment an, aber ich kam sehr bald dahinter. Das Bild, das mir dein Großvater gab, ist deiner Freundin nicht sehr ähnlich. Die anderen magst du vielleicht getäuscht haben, aber ich habe genauer hingesehen.“ Er ergriff mit einer Hand einen Kerzenleuchter, mit der anderen packte er sie am Arm und zog sie die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer. Dort nahm er ohne sie loszulassen das Bild aus der Truhe. „Die Ähnlichkeit ist nur oberflächlich. Das Haar, die Gesichtsform, das Kinn. Aber deine Lippen sind breiter als die deiner Freundin, deine Nase etwas gebogen, obwohl der Maler versucht hat, dieses kleinen Makel zu korrigieren, und deine Augen haben einen völlig anderen Ausdruck. Und das war es, was mich stutzig gemacht hat.“ Er sah auf Selinas Abbild. „Diese Frau hier hat Kraft und Stärke, sie ist mir lebendiger erschienen als jene, die dann hier in Florenz ankam. Aber in deinen Augen habe ich dieses Feuer wiederentdeckt.“
Selina stand still und starrte auf das Bild. Er legte es zurück und nahm sie sanft bei den Schultern. „Du hast mich von jenem ersten Moment an fasziniert, in dem ich dich im Saal deines Großvaters gesehen habe. Und später, als ich dahinter kam, wer du wirklich bist...“
„Deshalb hast du mich also umworben und verführt und nicht Francoise. Und deshalb also willst du, dass ich hier bleibe“, flüsterte Selina gekränkt, ihre Stimme wollte ihr kaum gehorchen. „Natürlich kannst du in diesem Fall auf die andere verzichten. Das Geld, das dir mein Großvater versprochen hatte, ist dir so ja gewiss.“
„Das Geld?“ Alessandro runzelte die Stirn. „Weshalb sollte mich das leidige Geld interessieren? Du bist es, die ich will. Und sonst nichts.“
Selina hätte in diesem Moment alles darum gegeben, wenn sie seine Worte hätte glauben können. Zu lange jedoch hatte sie in dem Bewusstsein gelebt, dass er diese Heirat nur in Erwägung zog, weil sie ihm die unentbehrlichen Geldmittel verschaffte, um seine Schulden zu begleichen und ein angenehmes Leben zu führen. „Schämst du dich nicht, mir immer noch etwas vorzulügen?“ fragte sie bitter. „Hast du es wirklich so nötig, eine reiche Frau zu heiraten und diesen Handel abzuschließen, dass du mir sogar jetzt noch vormachst, mich zu wollen und nicht das Geld, das dir mein Großvater versprochen hat?“
„Zum Teufel mit deinem Geld und noch mehr mit deinem Großvater“, fuhr Alessandro sie an. „Geht es nicht in deinen Kopf, dass ich mir nichts daraus mache?!“
„Nun“, erwiderte Selina kühl, „dann hast du ja jetzt Gelegenheit, es zu beweisen: indem du mit Würde darauf verzichtest. Es bleibt dabei. Ich reise morgen ab.“ Sie hatte sich bei diesen Worten umgedreht und wollte das Zimmer verlassen, als er sie zurückriss.
„Oh nein, so nicht, meine schöne Lügnerin.“ Er hielt sie mit einer Hand fest, während er in der Truhe nach einigen Tüchern suchte, dann zerrte er sie zum Bett und warf sie darauf. Selina schrie zornig auf, wehrte sich verbissen, musste es jedoch dulden, dass er ihre Handgelenke links und rechts an den Bettpfosten festband.
„So“, sagte er ein wenig atemlos, als er es endlich geschafft hatte. „Und jetzt wirst du mir zuhören. Und du wirst so lange hier bleiben, bis du einwilligst, meine Frau zu werden. Ich könnte dich auch mit Gewalt dazu bringen“, fügte er mit grimmiger Genugtuung hinzu, „und dein Großvater würde mir dabei vermutlich noch helfen.
Weitere Kostenlose Bücher