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Semenon und die kleine Landkneipe

Semenon und die kleine Landkneipe

Titel: Semenon und die kleine Landkneipe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Flucht zu hindern? Geh zu Berger und hilf ihm. Nimm dir ein Motorrad und halte mich auf dem laufenden. Ich erwarte stündlichen Bericht.«
      Auf dem Küchentisch, neben dem Gemüse, lag ein Briefumschlag mit der Aufschrift:

    Unverzüglich Madame Basso zu übergeben.

    Maigret erkannte James’ Handschrift.
      Vermutlich hatte der Gemüsehändler den Brief überbracht. Deshalb auch die Unruhe der jungen Frau, als sie wartend mit ihrem Sohn im Garten auf und ab ging.
      Als Maigret in die Pinte zurückkehrte, sah er die Gesellschaft um den Landstreicher versammelt. Man hatte ihm ein Glas spendiert, und der Arzt fragte ihn aus.
      Victor hatte die Frechheit, dem Kommissar zuzublinzeln, als wolle er ihm sagen:
      »Ich bin dabei, eine kleine Nummer zu drehen. Bitte, nicht stören.«
      Er erklärte weiter:
      »Es war ein berühmter Professor. Sie haben mir die Lunge mit Sauerstoff gefüllt … dann haben sie sie geschlossen wie einen Kinderballon.«
      Der Doktor amüsierte sich über die Ausdrucksweise, nickte aber, um anzudeuten, daß der Bericht den Tatsachen entsprach.
      »Jetzt müssen sie die Sache wiederholen … mit der Hälfte der anderen … der Mensch hat nämlich zwei Lungen … bleibt mir also noch eine halbe Lunge …«
      »Und du trinkst trotzdem?«
      »Und ob! Zum Wohl, allerseits.«
      »Leidest du nachts nicht an kalten Schweißausbrüchen?«
      »Manchmal, wenn ich in einer zugigen Scheune kampiere.«
      »Was trinken Sie, Kommissar?« fragte einer. »Es ist doch hoffentlich nichts passiert?«
      »Sagen Sie, Doktor, ist James mit Ihrem Wagen ausgefahren?«
      »Er wollte ihn einmal ausprobieren. Er wird wohl bald zurück sein.«
      »Das bezweifle ich!«
      Der Arzt sprang auf, stammelte, lachte nervös:
      »Sie scherzen wohl?«
      »Nicht im mindesten. Er hat den Wagen benutzt, um Madame Basso und ihren Sohn zu entführen.«
      »James?« fragte seine Frau verdutzt, die ihren Ohren nicht traute.
      »James, jawohl!«
      »Das muß ein Scherz sein! Er liebt solche Überraschungen.«
      Am meisten amüsierte sich Victor. Er betrachtete, während er seinen Absinth schlürfte, Maigret voll glückseliger Ironie.
      Der Wirt kam mit seinem kleinen Ponywagen aus Corbeil zurück. Und während er seine Einkäufe ins Haus schaffte, sagte er:
      »Wieder was Neues! Jetzt halten sie einen sogar auf der Landstraße an und schnüffeln. Ein Glück, daß die wußten, wer ich bin …«
      »Auf der Straße nach Corbeil?«
      »Ja. An der Brücke stehen zehn Mann, durchsuchen jeden Wagen und verlangen die Ausweispapiere. Die Autos stauen sich, sind schon mindestens dreißig.«
      Maigret wandte den Kopf zur Seite. Er fühlte, daß die Vorwürfe indirekt ihm galten. Was sollte er tun? Es war eine schwerfällige, wenig elegante und brutale Methode, zumal an zwei einander folgenden Sonntagen im gleichen Departement. Und da die Zeitungen die Affäre kaum erwähnt und sie jedenfalls nicht zur Sensation gemacht hatten, hielt das Publikum die Belästigung für noch überflüssiger.
      Hatte er einen Fehler begangen? Hatte er sich, was jedem geschehen konnte, verrannt? Wieder kam ihm die peinliche Erinnerung an die ›Taverne Royale‹ und die dort mit James verbrachten Stunden.
      Man wiederholte die Frage.
      »Einen Pernod?«
      Dieses Wort steigerte sein Unbehagen. Es enthielt die Synthese dieser Woche, des ganzen Falles und beschrieb das sonntägliche Treiben hier in Morsang.
      So lautete also seine Antwort kurz und unwillig:
      »Nein, ich trinke Bier!«
      »Jetzt?«
      Der Gast, der ihm einen Aperitif anbieten wollte, verstand bestimmt nicht Maigrets schlechte Laune, der ihm mit nachdrücklicher Betonung erwiderte:
    »Ja … jetzt!«
      Auch den Landstreicher traf ein wenig freundlicher Blick. Der Doktor, der über seinen Fall dozierte, erklärte einem Angler:
      »Natürlich ist mir die Behandlung bekannt. Aber ich habe nie gehört, daß man einen Pneumothorax in dem Ausmaß anwendet.«
      Leise fügte er hinzu:
      »Er hat trotzdem kaum mehr als ein Jahr zu leben …«

    Maigret frühstückte im Landgasthof von Morsang. Er saß wie ein krankes Tier, das bei jeder Annäherung knurrt, allein in einer halbdunklen Ecke.
      Zweimal kam der Beamte auf dem Motorrad zum Rapport.
      »Nichts. Der Wagen war auf der Straße von Fontainebleau gesichtet worden, dann nicht mehr …«
      Also dann auch die Straße von Fontainebleau

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