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Semenon und die kleine Landkneipe

Semenon und die kleine Landkneipe

Titel: Semenon und die kleine Landkneipe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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er, als hätte er sich eines anderen besonnen:
      »Es ist nicht wahr, daß Lenoir Ihnen etwas gesagt hat. Sein letztes Stündchen war nicht der Augenblick, ihn zum Sprechen zu bringen.«
      Maigret hatte Geduld. Er wußte, daß er auf dem richtigen Wege war. Jedenfalls hatte sich eine neue Möglichkeit ergeben, um die Wahrheit zu finden.
      »Noch einen Krug, Großmutter!«
      »Gut, daß ich gleich mehrere geholt habe.«
      Sie streifte Victor mit einem fragenden Blick. Was mochte der Junge auf dem Kerbholz haben?
      »So gut sie’s auch haben, sie rücken doch immer wieder aus. Ich hab’s erlebt … Lieber auf der Landstraße krepieren als vernünftig sein!«
      Im hellen Licht, das auf Land und Wasser lag, folgte Maigret den Bewegungen der Boote. Es war bald Zeit für den Aperitif. Ein kleiner Segler, in dem James’ Frau mit zwei Freundinnen saß, legte am Ufer an. Die Damen winkten zu einem Boot herüber, das ebenfalls anlegte.
      Eine Reihe anderer Boote näherte sich.
      Die Alte bemerkte dies und jammerte:
      »Wo mein Sohn nur bleibt? Ich kann sie doch nicht warten lassen … Meine Tochter ist auch noch nicht zurück vom Milchholen …«
      Sie trug Gläser hinaus und verteilte sie auf die Tische. Dann langte sie in eine unter ihrer Schürze verborgene Geldtasche und klimperte mit den Münzen.
      »Die werden einen Haufen Kleingeld brauchen fürs Klavier.«
      Maigret beobachtete von seinem Platz die Ankommenden, ließ aber auch den Lungenkranken, der gleich gültig weiteraß, nicht aus den Augen. Zuweilen streifte sein Blick die Villa Basso mit ihrem Blumenflor, der Schaukel des Jungen und den drei Booten, die an einem Landungssteg festgemacht hatten.
      Plötzlich fuhr er zusammen. Ihm war, als hätte er in der Ferne einen Schuß gehört. Auch die Leute am Ufer der Seine hoben lauschend die Köpfe. Doch es war nichts zu sehen. So vergingen zehn Minuten. Die Gäste setzten sich an die Tische. Die Alte ging hinaus, Flaschen schleppend …
      Auf einmal wandten sich aller Augen einem bestimmten Punkt zu. Eine dunkle Gestalt eilte den Hang in Bassos Garten hinab. Maigret erkannte einen seiner Beamten, der mit ungeübten Fingern die Bootskette löste, ins Boot sprang und aus allen Kräften zu rudern begann.
      Er stand auf und sagte zu Victor gewandt:
      »Du rührst dich nicht von der Stelle!«
      »Zu Befehl.«
      Maigret lief bis zum Schilf und wartete ungeduldig auf den Mann im Boot. Auch die Gäste waren auf den Ruderer aufmerksam geworden.
      »Was ist?«
      Der Beamte war atemlos.
      »Kommen Sie! Schnell! Ich schwöre Ihnen, daß es nicht meine Schuld war.«
      Maigret sprang hinein. Der Beamte drehte das Boot und ruderte auf die Villa zu. Dabei berichtete er stoßweise, was geschehen war.
      »Alles war still. Der Gemüsehändler war gerade fortgefahren. Madame Basso und der Junge gingen im Gar ten auf und ab … Es sah aus, als warteten sie auf etwas … Ein Auto, ein ganz neuer Wagen, hielt dicht am Tor. Ein Mann stieg aus …«
      »Jung und kahl?«
      »Ja. Er ging hinein und hielt sich an Madame Bassos Seite. Sie kennen meinen Standort … ziemlich abseits, wie Sie wissen. Sie begleitete den Mann bis ans Gitter. Sie gaben sich die Hand … Er setzte sich im Wagen zurecht und startete … Und ehe ich mich rühren konnte, saßen Mutter und Sohn schon drin. Der Wagen fuhr mit Vollgas los …«
      »Wer hat geschossen?«
      »Ich. Ich wollte den Reifen treffen.«
      »War Berger zur Stelle?«
      »Ich habe ihn nach Seineport geschickt, um alle Posten telefonisch zu alarmieren.«
      Es war das zweitemal, daß die Gendarmerie des ganzen Departements Seine-et-Oise in Bewegung gesetzt wurde. Das Boot berührte Grund. Maigret betrat den Garten. Was sollte er eigentlich dort? Jetzt kam es darauf an, die Straßen zu bewachen.
      Maigret bückte sich, um ein Damentaschentuch mit Madame Bassos Initialen aufzuheben. Es war beinahe wieder ein Knäuel Baumwolle geworden, so hatte sie daran gezupft, während sie James erwartete.
      Was den Kommissar vielleicht noch mehr berührte, war die Erinnerung an den Pernod auf der Terrasse der ›Taverne Royale‹, an zwei Stunden umnebelter Faulenzerei an der Seite des Engländers.
      Dabei empfand er etwas wie Abscheu. Er hatte das unangenehme Gefühl, nicht er selbst gewesen zu sein, daß er einem Bann erlegen war.
      »Soll ich die Villa weiter im Auge behalten?«
      »Um die Dachziegel an der

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