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Semenon und die kleine Landkneipe

Semenon und die kleine Landkneipe

Titel: Semenon und die kleine Landkneipe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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wenn mein Mann anders gewesen wäre …«
      Sie konnte kaum Atem schöpfen, so eifrig war sie.
      »Er war ja nicht einmal imstande, sein Geschäft zu führen! Sehen Sie sich doch die elende Bude an, in der er mich hat leben lassen! Er war den ganzen Tag nicht hier … und wenn er schon hier war, am Abend, wußte er von nichts anderem zu sprechen als von seinen Geldsorgen, seinem Laden, seinen Angestellten, Dingen, die mich nicht im geringsten interessierten. Und wenn einer eine Frau nicht glücklich machen kann, dann hat er ihr auch nichts vorzuwerfen …
      Übrigens wollten wir bald heiraten, Marcel und ich … Haben Sie es nicht gewußt? Man hat sich natürlich gehütet, es auszuposaunen. Was ihn noch zurückhielt, war der Junge. Er wollte sich scheiden lassen … ich natürlich auch.
      Kennen Sie seine Frau? Sie paßt gar nicht zu einem Mann wie Marcel …«
      James stöhnte auf und starrte jetzt auf das Blumenmuster des Teppichs.
      »Marcel ist unglücklich. Man ist hinter ihm her. Er muß ins Ausland gehen. Ist es nicht meine Pflicht, ihm zur Seite zu stehen? Sagen Sie selbst, reden Sie ganz offen …«
      »Hm, hm …«, erwiderte Maigret.
      »Du siehst, James, der Kommissar ist ganz meiner Meinung. Auf das übrige Gerede pfeife ich … Können Sie verstehen, Kommissar, daß James mir nicht sagen will, wo Marcel sich befindet? Er weiß es natürlich, leugnet es nicht einmal.«
      Wäre Maigret Frauen von diesem Kaliber noch nie begegnet, dann wäre er erschlagen gewesen. Aber Gewissenlosigkeit erstaunte ihn nicht mehr.
      Vor kaum zwei Wochen hatte ihr Mann den Tod gefunden, aller Wahrscheinlichkeit nach durch Basso.
      Und hier, in diesem unerfreulichen Salon, angesichts des Porträts des Verstorbenen, dessen Zigarettenspitze noch im Aschenbecher lag, sprach diese Frau von ihren Pflichten dem mutmaßlichen Mörder gegenüber.
      James’ Gesicht zeigte deutlich die Gefühle, die ihn bewegten. Nicht nur sein Gesicht, sein ganzer Körper und seine geduckte Haltung zeigten sie.
      »Was für eine Frau …«
      Sie wandte sich ihm zu:
      »Da siehst du’s. Auch der Kommissar …«
      »Der Kommissar hat ja gar nichts gesagt.«
      »Weißt du, was du bist? Ein Ekel, ein Schlappschwanz, doch kein Mann. Ein Angsthase bist du. Soll ich erzählen, weshalb du heute hierhergekommen bist?«
      Die Frage kam so überraschend, daß James blutrot im Gesicht wurde. Sogar die Ohren glühten. Er wollte etwas sagen. Er konnte nicht. Er versuchte, sich zu beherrschen, es gelang ihm aber nur, den Mund zu verziehen und leise aufzulachen.
      Maigret beobachtete die Frau. Es war ihr wohl auch peinlich, daß sie sich hatte fortreißen lassen:
      »Es war keine böse Absicht …«
      »Die hast du nie. Und trotzdem …«
      Je intimer der Dialog sich zuspitzte, desto intimer wirkte auch der Raum, dem das unpersönlich Kulissenhafte plötzlich nicht mehr anhaftete.
      Mado zuckte die Achseln, als wollte sie sagen:
      »Dir ist eben nicht zu helfen …«
      »Verzeihung«, unterbrach der Kommissar lächelnd, indem er sich an James wandte. »Duzen Sie sich schon lange? Wie mir scheint, war das in Morsang noch nicht der Fall …«
      Es kostete ihn Mühe, ernst zu bleiben, so groß war der Unterschied zwischen dem James, den er zu kennen glaubte, und dem, der hier wie ein ertappter Schüler vor ihm stand.
      Zu Hause, neben seiner Frau, bewahrte James noch eine gewisse Haltung. Er wirkte mürrisch und einsam.
      Hier aber war er nahe daran, vor Verlegenheit zu stammeln.
      »Es ist Ihnen gewiß schon klar, daß ich auch … Mados Geliebter war?«
      »Glücklicherweise nicht lange«, fertigte sie ihn ab.
      Diese Bemerkung brachte ihn vollends aus der Fassung. Er sah Maigret an, als könnte er bei ihm Hilfe finden.
      »Ja, nun wissen Sie es. Es ist schon lange her. Meine Frau weiß von nichts.«
      »Glaubst du, sie wird dir sagen, was sie weiß oder denkt?«
      »Wie ich sie kenne, würde sie mir bis ans Lebensende Vorwürfe machen. Ich bin gekommen, um Mado zu bitten, nichts zu verraten, falls man sie verhören sollte …«
    »Und das hat sie versprochen?«
      »Wenn ich ihr Bassos Aufenthalt mitteile … Man stelle sich das vor! Er hat Frau und Kind bei sich und ist gewiß schon jenseits der Grenze.«
      Diese Worte klangen nicht sehr überzeugend. Man hatte vielmehr den Eindruck, daß James bewußt die Unwahrheit sagte.
      Maigret hatte sich in einen

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