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Semenon und die kleine Landkneipe

Semenon und die kleine Landkneipe

Titel: Semenon und die kleine Landkneipe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Sessel gesetzt, der unter seinem Gewicht beängstigend knarrte.
      »Hat das Verhältnis lange gedauert?« fragte er freundlich.
      »Zu lange!« entgegnete sie.
      »Nein, nicht sehr lange … vielleicht einige Monate …«, flüsterte James.
      »Und Sie trafen sich in einem Stundenhotel wie in dem in der Avenue Niel?«
      »Nein. James hatte in der Nähe von Passy ein Zimmer gemietet.«
      »Verbrachten Sie schon damals die Sonntage in Morsang?«
      »Ja.«
      »Auch Basso?«
      »Ja. Der Kreis ist bis auf kleine Veränderungen der gleiche, der er vor sieben oder acht Jahren war.«
      »Wußte Basso von Ihren Beziehungen?«
      »Ja. Damals war er noch nicht verliebt … Das ist er erst seit einem Jahr …«
      Maigret hätte jubeln mögen. Aber er versuchte, mit gleichgültiger Miene all den überflüssigen Kram, der hier herumstand und von geradezu herausfordernder Geschmacklosigkeit war, zu betrachten. Er verglich den Raum in Gedanken mit James’ Zuhause, das moderner, anspruchsvoller und persönlicher war.
      Von da wanderten die Gedanken nach Morsang, zur Landkneipe, zu den Booten, zu der schattigen Terrasse, zu dem Hintergrund, der einer unwirklichen Ölbildträumerei glich.
      Seit sieben oder acht Jahren immer die gleichen Leute beim Aperitif, beim Bridge, beim Tanzen.
      Anfangs war es wohl James, der Mado in die Verschwiegenheit des Waldparks führte und dem Feinstein mit bitterem Hohn nachsah. In Paris traf er sie dann wieder.
      Alle wußten es, drückten die Augen zu, halfen sogar, wenn es nötig war.
      Auch Basso, bis er selber als ihr Liebhaber die Nachfolge antrat …
      Maigret war in seinem Kombinationsspiel so weit, daß er die Situation und die so verschiedene Haltung der beiden Partner auskosten konnte.
      Er wandte sich an Mado:
      »Wie lange ist es her, daß Sie Ihre Beziehungen zu James gelöst haben?«
      »Warten Sie … fünf … nein, fast schon sechs Jahre.«
      »Und wer hat Schluß gemacht? Sie? Er?«
      Als James etwas erwidern wollte, schnitt sie ihm das Wort ab.
      »Wir beide. Wir stellten fest, daß wir nicht zueinander paßten. Trotz seiner Allüren, die nicht danach aussehen, hat James das Wesen eines spießigen Kleinbürgers … schlimmer noch als mein Mann.«
      »Sie sind gute Freunde geblieben?«
      »Warum nicht? Selbst wenn man sich nicht mehr liebt, braucht man doch nicht …«
      »Eine Frage, James! Wann haben Sie Feinstein Geld geliehen?«
      »Ich?«
      Mado ließ ihn nicht weiterreden, sondern antwortete:
      »Was wollen Sie damit sagen? Meinem Mann Geld geliehen? Warum?«
      »Nur so. Eine Idee, die mir zufällig kam. Aber Basso hat ihm doch ausgeholfen …«
      »Das ist etwas anderes. Basso ist ein reicher Mann. Mein Mann war in Verlegenheit. Er sprach davon, mit mir nach Amerika auszuwandern. Das wollte Basso nicht zulassen, und so …«
      »Verstehe. Aber Ihr Gatte hätte ja schon vor sechs Jahren Auswanderungspläne haben können …«
      »Worauf wollen Sie hinaus?«
      Sie war nahe daran, sich zu entrüsten. Um es zu keiner Szene kommen zu lassen, gab Maigret dem Gespräch eine andere Wendung.
      »Entschuldigen Sie, ich dachte nur laut, ich wollte auf gar nichts hinaus. Sie waren ja frei, Sie und James. Ein Freund Ihres Mannes, ein gewisser Ulrich, hatte mir nur gesagt …«
      Er betrachtete die beiden aus halbgeschlossenen Augen. Madame Feinstein erwiderte verwundert:
      »Ein Freund meines Mannes?«
      »Sagen wir, ein Geschäftsfreund …«
      »Wohl eher das. Ich habe den Namen nie gehört … Was hat er Ihnen gesagt?«
      »Nichts von Bedeutung … wir sprachen von Männern und Frauen im allgemeinen.«
      James sah den Kommissar fragend an, als witterte er irgendeine Überraschung.
      »Kurzum, er weiß, wo Marcel ist, und weigert sich, es mir zu sagen«, begann Mado von neuem. Dabei erhob sie sich. »Ich finde ihn trotzdem! Er wird mir gewiß schreiben und mich bitten, mich mit ihm zu treffen. Er kann nicht ohne mich leben …«
      James faßte sich ein Herz, einen ironischen Blick auf Maigret zu werfen, einen Blick, der aber vor allem trübsinnig war und sagen sollte:
      ›Müßte er nicht ein Idiot sein, wenn er sich wieder mit ihr belasten wollte, ausgerechnet mit ihr?‹
      Und sie herrschte ihn an:
      »Du willst also nicht, James? Ist das der Dank für alles, was ich für dich getan habe?«
      »Haben Sie viel für ihn getan?« fragte

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