Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
aus Europa gekommen sind. Ich wette, Sie finden jede Menge Männer und Frauen, die als Söldner das Land betreten haben. Die neue Einheit des Bundes ist immer noch hier.“
„Diese Information haben Sie zurückgehalten?“ Das war wieder Riley, er klang äußerst ruhig. Mercy hatte erst nach einem halben Jahr begriffen, dass er immer ruhiger erschien, je wütender er wurde.
„Ich weiß es erst seit Kurzem“, gab Bowen zurück. „Mit den Jahren sind wir Menschen ziemlich gut darin geworden, uns unerkannt einzuschleichen. Ein Team ist in der Stadt, mehr weiß ich nicht. Meine Kontaktperson im Hauptquartier hat gemeldet, dass sie ein neues Ziel haben, aber wir wissen nicht, worum es dabei geht.“
„Mercy“, sagte Lucas, „lass dir alles genau erzählen und bring ihn dann zurück zu seinen Leuten.“ Er wandte sich wieder an Bowen. „Soweit es uns betrifft, betrachten wir Sie immer noch als Feinde. Wenn Sie uns vom Gegenteil überzeugen können, schön. Aber ehe das nicht der Fall ist, werden wir Sie töten, sobald wir Sie mit einer Waffe in der Stadt erwischen.“
Im San-Gabriel-Gebirge wurde unter der unbarmherzigen Sonne ein anderer Kampf ausgetragen.
Der schlanke Mediale hatte schon fast den Abgrund erreicht, als er hinfiel. Seine Knie bluteten, aber er spürte den Schmerz kaum. Sein Kopf explodierte beinahe. Er spürte, wie etwas aus seiner Nase tropfte, und als er die Hand hob, waren seine Fingerspitzen rot vor Blut.
Die fremden Zwänge in ihm ließen nicht zu, dass er sie ignorierte.
Entschlossen wollte er sich wieder erheben. Aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Unerträgliche Schmerzen. Alles tat ihm weh. Doch er musste zum Abgrund. Der Mediale fing an zu kriechen. Nur noch wenige Meter, und er würde sein Leben beenden, ohne zu tun, was nicht getan werden durfte. Er war ein Medialer. Er konnte doch nicht einfach ein Gewehr nehmen und unschuldige Männer und Frauen töten.
In seinem Kopf prallten die Zwänge schmerzhaft an die Mauer aus Silentium. Aus seiner Nase schoss das Blut. Als der Mediale einen Wolf heulen hörte, wusste er, dass er es vielleicht gar nicht bis an den Rand schaffen musste. Vielleicht würde ihm die Natur die Arbeit abnehmen.
Mercy fuhr mit einem immer noch wütenden Riley zu ihrer Hütte, damit er den Wagen holen und zur Höhle fahren konnte. „Du bereitest mir Kopfschmerzen.“
Der Wolf auf dem Beifahrersitz starrte sie aus Rileys Augen an. „Immer noch keine Fragen?“
Überrascht, dass er sie darauf ansprach, zuckte sie die Achseln. „Manche Versprechen würde ich nicht einmal im Traum brechen.“ Gestern Nacht hatte er ihr in seinem Schmerz vertraut, und sie wusste, wie schwer ihm das gefallen war. Die Leopardin war verblüfft gewesen – und diese Verblüffung wurde nun zu etwas Stärkerem, das die Distanz zwischen ihnen schwinden ließ, die sie so verzweifelt zu wahren versuchte.
In dem Augenblick, als Riley den Mund öffnete, um etwas darauf zu entgegnen, klingelte sein Handy. Er zog es heraus, las die Nachricht und fluchte.
Mercy riss sich von ihren Überlegungen über die Bedeutung der vergangenen Nacht los. Sie hatte ihn schließlich in ihr Heim gelassen. So viel Vertrauen hatte sie bisher nur selten jemandem entgegengebracht. „Was ist los?“
„Nichts. Nur dumme Kinderstreiche.“ Er schob das Handy wieder in die Tasche. „Ich muss los, ein paar Ärsche versohlen.“
„Und warum sollst ausgerechnet du die Jungen bestrafen?“
„Weil sie bei dem Pläneschmieden erwischt wurden, Jon mit Toilettenpapier einzuwickeln.“ Riley hörte sich an, als hätte er einen Splitter im Auge. „Und da ich der Verbindungsmann zu den Leoparden bin, hat Judd seinen Spaß daran, mir die Sache zuzuschieben.“
Mercy stöhnte. „O Gott.“ Clay und Tally hatten Jon vor ein paar Monaten adoptiert. Er hatte sich nicht nur sofort in das Rudel eingegliedert, sondern war auch umgehend zum Anführer seiner Altersgruppe aufgestiegen – das sagte einiges über seine Fähigkeiten aus, denn er war kein Gestaltwandler. „Jon hat wahrscheinlich angefangen.“
„Ist aber nicht erwischt worden.“ Riley schüttelte den Kopf. „Warum konnten die Kerle ihre Spuren nicht besser verwischen?“ Seine Augen glitzerten bernsteinfarben. „Wo sind eigentlich die Südamerikaner?“
Die Leopardin fletschte die Zähne und knurrte lautlos über den unwillkommenen Themenwechsel. „Weiß ich nicht und ist mir auch schnuppe.“ Aber sie würde ihrer Großmutter schon noch sagen, was
Weitere Kostenlose Bücher