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Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05

Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05

Titel: Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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darauf waren, die Heldin und den Helden des Stücks zu berühren, ihnen kleine Geschenke in die Hände zu drücken oder – in einem extremen Fall – den Saum von Ivys Gewand zu küssen.
    Ivy Tunstell nahm derartige Bekundungen der Bewunderung mit lässiger Selbstverständlichkeit entgegen, lächelte und nickte huldvoll. »Sehr liebenswürdig«, und »Vielen lieben Dank«, und »Oh, das wäre doch nicht nötig gewesen«, waren ihre Standardantworten, obwohl keiner der Ägypter sie besser verstand als Ivy sie. Selbst die Nebendarsteller wie Mr Tumtrinkle schienen zu unerwartetem Ruhm gelangt zu sein und wurden entsprechend hofiert.
    Alexia gratulierte ihren Freunden zu einer weiteren gelungenen Vorstellung. Schließlich begab sich die Truppe zu Fuß zurück zum Hotel, gefolgt von einer Schar aus Lobhudlern und Bewunderern, die eine ziemlich lärmende Menge in den ansonsten ruhigen Straßen von Alexandria abgaben.
    Es waren nur noch wenige Stunden bis zur Morgendämmerung, doch als Alexia im Hotel nach ihrem Zimmerschlüssel fragte, überraschte es sie nicht, dass Lord Maccon noch nicht zurückgekehrt war.
    Sie wünschten sich gegenseitig eine gute Tagesruhe, wobei sich Mrs Tunstell sehr fürsorglich von Lady Maccon verabschiedete. Das Hotelpersonal war gerade damit beschäftigt, die Legion an Tunstell-Verehrern aus der Lobby zu schieben, als eine Vision des Schreckens die Treppe herunter in die Empfangshalle kam.
    Niemand wäre je auf die Idee verfallen, die arme Mrs Dawaud-Plonk als attraktiv zu beschreiben, nicht einmal in den besten Zeiten. Das Kindermädchen der Tunstells war nicht aufgrund seines Aussehens eingestellt worden, sondern wegen der Fähigkeit, die Zwillinge sowie Mrs Tunstell zu ertragen, ohne unter dieser Belastung zusammenzubrechen, die andere Frauen gewiss zu Fall gebracht hätte. Sie war alt genug, dass sie zum Großteil bereits ergraut war, aber auch noch nicht so alt, dass ihr die nötige Kraft gefehlt hätte, zwei Kinder gleichzeitig zu tragen. Sie war nicht besonders groß, aber kräftig, mit den Armen eines Boxers und dem Gesichtsausdruck einer Bulldogge. Irgendwo in Mrs Dawaud-Plonks Stammbaum, so vermutete Alexia, befand sich irgendein robuster Ledersessel.
    Die Mrs Dawaud-Plonk allerdings, die an diesem frühen Morgen die Treppe herunterkam, war weit von irgendeiner Robustheit entfernt. Genau genommen sah sie aus, als wäre sie letzten Endes doch noch unter der Last ihrer Aufgabe zusammengebrochen. Ihr Gesicht zeigte nackten Schrecken, ihre normalerweise ordentliche Schürze war zerknittert, das Häubchen verrutscht, und ihr ergrauendes Haar hing ihr gelöst über die Schultern. Sie hielt Percival an ihre Brust gepresst, und der Junge weinte so sehr, dass sein Gesicht ebenso rot wie sein Haar war.
    Als sie Lady Maccon und die Gruppe der Tunstells erblickte, schrie Mrs Dawaud-Plonk auf, fuhr sich mit der freien Hand an die Kehle und rief unter lauten, harten Schluchzern des Entsetzens: »Sie sind verschwunden!«
    Alexia löste sich aus der Menge und ging auf sie zu.
    »Die Mädchen! Die Mädchen sind verschwunden!«
    »Was?!« Alexia stürmte an dem verzweifelten Kindermädchen vorbei die Treppe hoch und dann zum Kinderzimmer. Dort waren Möbel umgeworfen, wahrscheinlich von dem aufgelösten Kindermädchen in seiner Panik. Die beiden Korbwiegen der Tunstells waren leer, ebenso wie Prudence’ kleines Kinderbettchen.
    Alexias Magen krampfte sich zusammen, und kalte, eisige Angst sickerte durch ihren ganzen Körper. Sie wirbelte aus dem Zimmer und rief bereits Befehle, obwohl der Korridor vor ihr leer war. Ihre Stimme war hart und gebieterisch.
    Da hörte sie hinter sich eine weinerliche kleine Stimme: »Mama?«
    Prudence kam unter dem Bettchen hervorgekrochen, das Gesicht feucht vor Tränen.
    Alexia rannte zu ihr und hockte sich hin, um sie fest in die Arme zu schließen. »Prudence, meine Kleine! Hast du dich versteckt? Was für ein braves, tapferes Mädchen!«
    »Mama«, sagte Prudence ernst. »Nein.«
    Alexia fasste sie an den Schultern, schob sie ein wenig von sich und sah ihr fest ins Gesicht. »Wo ist Primrose? Haben sie Primrose mitgenommen? Wer hat sie mitgenommen, Prudence? Hast du das gesehen?«
    »Nein.«
    »Böse Männer haben das andere Kind mitgenommen. Wer waren sie?«
    Prudence schüttelte nur ihre dunklen Locken, schmollte und brach dann wenig hilfreich in Tränen aus. Das war zum Teil eine Reaktion auf das panische Verhalten ihrer Mutter, vermutete Alexia, deshalb

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