Sensenmann
Mia eine Broschüre: Hypnose in der Psychotherapie – Hinweise und Erklärungen .
»Wenn beim Lesen des Heftes noch Fragen auftauchen, können
wir diese gern das nächste Mal besprechen. Bevor wir damit weitermachen, würde ich gern mit Ihnen eine Therapievereinbarung abschließen.«
»Eine was?«
»Eine Therapievereinbarung. Es gibt einige Punkte, die Sie während der Therapie bei mir beachten sollten, und einige Punkte, die ich Ihnen zusichere. Lesen Sie das bitte und fragen Sie, wenn Ihnen etwas unklar sein sollte.«
Ich bin keine Patientin! Das hört sich ja so an, als wäre ich krank! Mia nahm das Blatt, das der Arzt ihr reichte, und überflog die Stichpunkte.
… Patient verpflichtet sich, alle Sitzungen pünktlich wahrzunehmen … verpflichtet sich, die Therapie zu Ende zu führen … verpflichtet sich, dem Therapeuten gegenüber völlig offen zu sein … verpflichtet sich, andere therapeutische Maßnahmen während der Therapie mit dem Therapeuten abzusprechen und keine sonstigen analytischen Therapien gleichzeitig durchzuführen … Vergiss es. Nimm deine Tasche und verschwinde!
Der Arzt selbst verpflichtete sich laut dem Papier auch zu bestimmten Dingen, zum Beispiel zur Einhaltung der vorgesehenen Termine, zur besonderen Wahrung der gesetzlichen Schweigepflicht auch gegenüber Angehörigen. Die Worte »Therapie«, »Therapeut« und »Patient« schwirrten durch Mias Kopf. War das, was da stand, nicht alles selbstverständlich? Und welche Rechtskraft hatte so ein Schriftstück? Keine, höhnte es in Mias Kopf. Nada . Du kannst das getrost unterschreiben. Es ist nichts als Makulatur.
Der Arzt hatte sich zurückgelehnt und die Beine übereinandergeschlagen. »Soll ich Ihnen das noch näher erklären?«
»Nein. Ich verstehe alles.« Mia griff nach dem Stift, den er ihr hinhielt, und unterschrieb mit ihrem vollen Namen. Nutzloser Quatsch, das Ganze, aber wenn er es so wollte, sollte er seinen Willen bekommen.
»Gut, Frau Sandmann. Bitte halten Sie sich daran. Wenn Sie einen Termin absagen möchten, geben Sie uns bitte mindestens einen Tag vorher Bescheid.« Er unterschrieb seinerseits und legte das Blatt beiseite. »Sie bekommen nachher eine Kopie von der Schwester. Und nun zum Ablauf der Hypnosetherapie.« Während der Arzt schilderte, wie Einleitung, Durchführung und Rückführung ablaufen würden, dachte Mia über ihre nächsten Vorhaben nach. Vielleicht sollte sie sich einfach wieder krankmelden. Die Grippe von letzter Woche war doch noch nicht auskuriert. Wie auf Befehl begann es, in ihrem Kopf zu pochen. Und dann musste sie unbedingt diesen Journalisten wieder loswerden. Nicht dass er sich noch in sie verliebte. Der Typ klebte schon richtig an ihr. Mia spürte den Blick des Arztes auf sich. Er schien auf eine Antwort zu warten. Weil sie nichts erwiderte, wiederholte er seinen letzten Satz.
»Bereit für den Pendelversuch?«
»Pendelversuch, ja.« Mia sah schwarze Kerzen flackern, hörte Beschwörungsformeln und unterdrückte ein hysterisches Kichern.
»Damit zeige ich Ihnen Ihre Hypnotisierbarkeit. Nehmen Sie das hier.« Doktor Grünthal reichte Mia einen etwa dreißig Zentimeter langen Faden, an dessen unterem Ende ein goldener Ring befestigt war. »Stützen Sie den Ellenbogen so auf den Tisch«, er machte es vor, »und legen Sie das Ende des Fadens über den Mittelfinger.« Er reichte Mia das Pendel. »Schön entspannt lassen und nicht verkrampfen. Nun hängt der Ring locker nach unten. Konzentrieren Sie sich jetzt darauf, dass das Pendel beginnt, von rechts nach links zu schwingen. Es schaukelt hin und her. Sehen Sie?«
Verblüfft beobachtete Mia, wie der Ring begann, leicht zu pendeln. Es funktionierte tatsächlich, obwohl sie keine bewussten Anstalten machte, die Finger zu bewegen. Und sie selbst war die Ursache dieses Phänomens.
»Ganz toll, Frau Sandmann. Nun versuchen Sie einmal, dass der Ring eine Kreisbewegung vollführt.« Das Pendel schien die Worte des Arztes gehört zu haben und begann, auf wundersame Weise im Kreis zu schwingen. Auch ein Richtungswechsel gelang.
»Sehen Sie. Das hat doch prima geklappt. Ihr Unterbewusstsein hört auf uns. Das war’s auch schon für heute. Ich bin sehr optimistisch, dass wir Ihre Probleme nach und nach in den Griff bekommen werden.« Er lächelte wieder väterlich, legte das Pendel zurück in seine Holzschale und erhob sich. »Dann bis Freitag, Frau Sandmann.« Er reichte ihr eine warme Hand und öffnete dann die Tür. Wie in Trance
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