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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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Sonnabendnacht? Als du bei deinem neuen Stecher im Bett gelegen hast? Mia schlug sich die Hand vor den Mund und wusste im gleichen Moment, dass sie einen Fehler gemacht hatte.
    »Ist Ihnen noch etwas eingefallen?« Der Arzt schaute gelassen drein. »Etwas, das Sie vergessen haben aufzuschreiben? Wollen Sie darüber reden?«
    »Es war nichts von Belang.« Mia wandte den Blick ab und sah auf ihre im Schoß verschränkten Finger.
    »Manchmal sind auch unwichtig erscheinende Dinge von Bedeutung. Sie können offen zu mir sein. Niemand erfährt etwas davon. Ich bin auf Ihrer Seite und möchte Ihnen helfen.«
    »Ich … ich glaube, ich habe wieder von früher geträumt.« Nur kurz huschte ihr Blick zu dem des Arztes. »Ich hatte es vergessen.« Das wollten wir doch für uns behalten! Wie blöd bist du eigentlich?

    »Von diesem Kinderheim, in dem Sie waren? Wissen Sie noch, worum es in dem Traum ging?«
    »Es war nur ein Fragment, kein vollständiger Traum. Jemand hat mich geweckt, aus dem Bett geholt und hinausgetragen. Ein Mann.«
    »Verstehe.« Doktor Grünthal sah ein bisschen betrübt aus. Verstand er wirklich? Zum Glück hatte er nicht gefragt, wo sie diesen Traum gehabt hatte. Wahrscheinlich nahm er stillschweigend an, Maria Sandmann habe allein bei sich zu Hause in ihrem Bett gelegen.
    »Ich hatte Sie das letzte Mal schon danach gefragt: Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Ihre Albträume immer mit diesem Kinderheim zu tun haben?«
    »N… nein.« Mias Finger schlangen sich wie von selbst ineinander und lösten sich wieder. Sie hatte keinen blassen Schimmer. Sie wollte ihre Ruhe haben und dass der innere Terror aufhörte. War das zu viel verlangt?
    »Das ist in Ordnung. Zwingen Sie sich zu nichts. Wir werden anders herangehen.« Forschend blickte der Arzt in Mias Gesicht. »Ich hatte Ihnen ja schon das letzte Mal angekündigt, dass ich gern ein wenig tiefer schürfen würde. Wie Sie mir erzählt haben, gibt es keine bewusste Erinnerung an Ihre frühe Kindheit. Sie wissen nicht, wer Ihre Eltern waren oder ob Sie Geschwister haben. Wahrscheinlich sind Sie schon sehr früh in dieses Heim gekommen. Kleine Kinder erinnern sich nur an sehr wenig, wenn überhaupt. Das ist also nichts Ungewöhnliches. Aus welchem Grund man Sie dorthin gebracht hat, wissen wir auch nicht. Sie erinnern sich nicht, jemals bei Adoptiveltern gewesen zu sein. Aufzeichnungen, Fotos, Schriftstücke oder Akten besitzen Sie nicht. Habe ich das richtig wiedergegeben?« Jetzt schaute er väterlich, fast so, als täte ihm seine Patientin ein wenig leid. Mia zwang sich ein »Ja« heraus. Der Arzt hatte im Telegrammstil das Dilemma zusammengefasst.

    »Gut. Ich möchte nun sehen, ob Ihr Unterbewusstsein mehr weiß.« Mia verkrampfte sich, und er setzte hinzu: »Keine Angst, es tut nicht weh.«
    »Was wollen Sie machen?« Mia fand, dass sie sich nun anhörte wie ein ängstliches kleines Mädchen. Wenigstens schwiegen die Stimmen in ihrem Kopf.
    »Ich würde Sie gern hypnotisieren. Das hatte ich Ihnen ja das letzte Mal schon angekündigt. Erinnern Sie sich noch an den Vergleich mit dem Apothekerschrank?« Er wartete, bis Mia genickt hatte, und fuhr dann fort: »Ich möchte ihn betrachten und schauen, ob ich ein paar Schubladen öffnen kann. Falls ich etwas Beängstigendes finde, lasse ich es nicht hervorkommen, versprochen. Aber wir können Ihre Probleme nur lösen, indem wir sie erkennen. Wenn man nicht weiß, was die Ursache der Schmerzen ist, kann man den Schmerz nicht beseitigen. Ich kann Sie jedoch nicht gegen Ihren Willen hypnotisieren, Sie müssen es selbst wollen. Möchten Sie sich darauf einlassen?«
    Mia betrachtete ihre Finger. Künstliche Nägel verdeckten die abgekauten echten. Dann sah sie hoch. »Versuchen wir es.«
    »Gut, Frau Sandmann. Zuerst erkläre ich Ihnen unser Vorgehen bei dieser Therapieform. Danach teste ich Ihre Suggestibilität, das heißt Ihre Hypnotisierbarkeit. Die erste echte Sitzung werden wir erst am Freitag durchführen, denn dafür reicht heute die Zeit nicht aus. Was ich vorher noch nicht genau sagen kann, ist der Zeitraum, in dem wir arbeiten werden. Die Anzahl der Sitzungen kann variieren.« Er machte eine kurze Pause. Es kam Mia so vor, als lauschten die Stimmen in ihrem Kopf andächtig, was der Arzt sagte, und prüften, ob er vertrauenswürdig war. »Das, was ich Ihnen jetzt in Grundzügen erläutere, können Sie zu Hause noch einmal ausführlich nachlesen.« Er griff in die Ablage neben dem Tisch und reichte

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