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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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Polizist hatte ein ganz schön bedeppertes Gesicht gemacht, als Jo gegen zwanzig Uhr dreißig aufgetaucht war, um Lara abzuholen.
    Es zischte, und weiße Schwaden zogen vorbei. Der Duft nach gegrilltem Fleisch waberte schwerfällig durch die warme Luft. Lara schluckte mehrmals. Der Anzugträger verließ die Bühne, und das Blasorchester setzte erneut zu ohrenbetäubendem Lärm an. Lara dachte an das Essen mit Jo. Sie sah sich im Bella Italia sitzen und vermeinte noch immer den harzigen Nachgeschmack des schweren Rotweins an ihrem Gaumen zu schmecken. Bei der Unterhaltung über Bücher, Kinofilme und ihre jeweilige Lieblingsmusik war die Zeit wie mit Siebenmeilenstiefeln davongeeilt, und ehe sie es sich versahen, waren sie die beiden letzten Gäste in dem Restaurant gewesen. Sie hatten getrennt bezahlt und noch zehn Minuten draußen gestanden; betäubt vom süßen Duft der Linden Belanglosigkeiten ausgetauscht und den Mond bewundert. Dann waren sie in ihre Autos gestiegen und nach Hause gefahren. Kein Abschiedskuss, nicht einmal der Versuch. Lara hatte sich eingeredet, dass sie das besser fand, als wenn Jo ihr beim ersten richtigen Date gleich Avancen gemacht hätte. Aber war es überhaupt ein Date gewesen? Jetzt, zwei Tage später, war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Eigentlich waren ja nur zwei befreundete Kollegen essen gegangen.

    »Dieser Grillgeruch macht mich noch wahnsinnig. In meinem Magen rumort es, als hätte ich seit Tagen nichts mehr gegessen.« Frank Schweizer redete leise vor sich hin, während er den nächsten Redner, einen kleinen beleibten Mann mit Stiernacken, fotografierte. »Ich habe einen Bärenhunger! Hoffentlich sind die mit dem offiziellen Teil bald fertig, damit wir uns eine Bratwurst holen können. Wir stehen strategisch günstig.«
    Lara warf einen Blick auf den Grill. Steaks und Würste. Alles schon schön knusprig. Das Essen erinnerte sie an etwas, was ihr Kollege vorhin gesagt hatte.
    »Du hast mich also am Dienstag im Lindencafé beobachtet, hm?«
    »Nicht beobachtet . Gesehen, Lara. Ich habe dich gesehen .«
    »Das heißt, du warst auch dort?«
    Frank Schweizer ließ seine Kamera sinken und schaute zu ihr. Dann wanderte der Schnurrbart nach oben. »Gut geschlussfolgert, meine Liebe. Ja, ich bin dort gewesen.«
    »Allein?« Jetzt war Laras Neugierde geweckt.
    »Nein.«
    »Mit jemandem, den ich kenne?« Warum tat er so verschwörerisch? Rolf Martin, Laras bestellter Fotograf, schoss in diesem Moment um die Ecke und prallte auf eine dicke Frau. Ohne sich zu entschuldigen, drängte er sich durch die Menge, den Hals gereckt, und hielt nach ihr Ausschau. Die Dicke sah ihm mit entrüstetem Gesichtsausdruck nach. Lara trat einen Schritt beiseite, sodass sie von Franks massiger Gestalt verdeckt wurde. Sollte der unpünktliche Kollege ruhig erst einmal ein bisschen suchen.
    »Ich war mit Frau Sandmann dort. Du weißt schon  – die Blonde vom Jugendamt.« Ein verschwörerischer Puff auf ihren Oberarm, begleitet von einem verschmitzten Lächeln.
    »Was?«
    »Maria Sandmann. Erinnerst du dich nicht? Sie war bei dem Gerichtsprozess gegen den pädophilen Arzt dabei.«

    »Ja. Ich weiß, wen du meinst.« Lara erinnerte sich nur zu gut. Erst vorgestern hatte sie mit Mark über die Frau gesprochen. Sie hatte um einen Termin bei dem Psychotherapeuten gebeten. Ob Frank davon wusste? Er machte nicht den Eindruck. Siedend heiß fiel ihr ein, dass sie Mark noch einmal wegen ihrer Vorahnungen hatte anrufen sollen. Auch am Dienstagabend. Als sie mit Schädlich im Café gesessen hatte und danach mit Jo ausgegangen war. Lara hatte es komplett vergessen, und Mark hatte sich seitdem auch nicht mehr gemeldet.
    »Sie hat mich angerufen, stell dir vor!« Der Kollege schüttelte den Kopf, noch immer fassungslos über so viel Glück.
    »Toll.« Frau Sandmann hatte am Montag nach Laras Dafürhalten nicht den Eindruck gemacht, als ob sie Interesse an Frank Schweizer hätte, aber vielleicht war das auch ein Irrtum gewesen. Rolf Martin hatte Lara entdeckt, winkte und kam näher.
    »Ja, und dann hat sie mich gefragt, ob wir nicht mal zusammen ausgehen können!«
    »Das freut mich für dich.«
    »Da konnte ich doch nicht nein sagen! Das Lindencafé ist ein schönes Restaurant, um gemütlich zusammenzusitzen, nicht? Ich finde es besonders im Sommer klasse. Man kann draußen im Grünen sitzen und die Natur genießen. Und das Essen ist dort auch gut.« Das Hochgefühl über das unerwartete Treffen hatte Frank Schweizer

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