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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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Abstand kleinste.
    Cape Travis, die nächstgelegene Stadt, gute drei Tage Fußmarsch östlich gelegen, verfügt bereits über die zehnfache Anzahl an Bevölkerung.
    Die Hauptstadt Van Dien, an der azurblauen Moabucht gelegen, kann noch mit zweitausend zusätzlichen Einwohnern aufwarten und stellt damit die größte Stadt Avenors und zugleich Aotearoas dar. Avenor ist somit das am dichtesten besiedelte Gebiet Aotearoas.
    Gemessen an der Größe des Landes verliert sich allerdings die Gesamtpopulation von rund fünfzehntausend Menschen. Die Entfernungen zwischen den Siedlungen tragen das ihrige bei. Zwischen Cape Travis, dem westlichen, und Van Dien, dem östlichen Ende Avenors, liegen zweihundertfünfzig Meilen. Die zweihundert Meilen von Van Dien nach Stoney Creek noch hinzugerechnet, ergibt sich die ungefähre Breite Avenors.
    Im Süden grenzt mein Heimatland an das alte Kernland Aotearoas, an Otago. Dort, am südlichsten Zipfel, am Willersee, gute tausend Meilen von Stoney Creek entfernt, liegt die Stadt Willer, die älteste Siedlung Aotearoas. Über dreihundert Jahre nach ihrer Zerstörung durch die Opreju leben dort wieder geschätzte anderthalbtausend Menschen.
    Noch vor hundert Jahren hatte das anders ausgesehen.
    Nur sehr langsam war der Neuaufbau wieder in Gang gekommen. Lange Zeit wagte sich niemand in die Tiefen Otagos oder auch Ergelads, aus Angst vor dort immer noch marodierenden Opreju. Befürchtungen wie diese erwiesen sich letztlich als haltlos, und die Wiederinbesitznahme des Willersees, des einzigen nennenswerten Binnengewässers Aotearoas, konnte erfolgreich angegangen werden. Die Zahl der Siedler wuchs stetig an, und heute wohnen in Willer sogar wieder mehr Menschen als in Lake Sawyer, der fünften und zweitkleinsten Siedlung Aotearoas.
    All diesen fünf Städten und Städtchen hatte ich bereits zumindest einmal einen Besuch abgestattet, mit dem Ergebnis, mich in Stoney Creek noch wohler zu fühlen als ohnehin schon. Die Größe und der Lärm Van Diens übertreffen sogar noch die Unruhe, die Cape Travis ausstrahlt. Einzig und allein Willer, mit den imposanten schneebedeckten Gipfeln des Zentralmassivs im Rücken, ist es gelungen, einen Platz in meinem Herzen zu finden. Vielleicht lag es auch an den stillen Wassern des Willersees und an dessen mit düsteren Bäumen gesäumten und Wasserrosen bewachsenen Ufern. Ein See gefüllt mit Trinkwasser stellt für jemanden wie mich, der am Meer aufgewachsen ist, eine Kostbarkeit dar. Dennoch würde ich es nicht einen Augenblick in Erwägung ziehen, dort leben zu wollen. Nein, ich gehöre nach Stoney Creek und Stoney Creek gehört zu mir. Nirgendwo anders spüre ich deutlicher, was Heimat bedeutet, auch wenn mir die Verschlafenheit meines Dorfes mitunter gegen den Strich geht.
    Im Vergleich mit den anderen Siedlungen wirkt Stoney Creek ärmlich, zurückgeblieben, ja heruntergekommen. Es gibt nur wenige Gebäude aus Stein, die weit überwiegende Mehrzahl ist aus dem Material gebaut, das es in Hülle und Fülle gibt: Holz. So auch mein Elternhaus, in dem ich lebe, seit ich denken kann. Von dort aus begann ich bereits im zarten Knabenalter die Welt zu erforschen. Zunächst zusammen mit Rob, meinem wenige Jahre älteren Bruder und Beschützer, später auch mit der Handvoll Freunde, denen ich diesen edlen Status verleihen durfte. Viele waren es beileibe nicht. Womöglich lag es an der schon früh tief in mir verwurzelten Sehnsucht nach Zurückgezogenheit. Ich muss für all die anderen ein seltsamer Junge gewesen sein. Schon von klein an strich ich am liebsten allein durch den Wald, wenn möglich den ganzen Tag lang, an den entlegensten Plätzen, wo mir mit Sicherheit niemand begegnete. Dort nahm mich meine Einbildungskraft gefangen und ich versank in meiner eigenen Welt aus seliger Zufriedenheit. Stundenlang konnte ich auf dem Bauch liegend am Eisbach verbringen und den Fischchen zusehen, die sich im kühlen Nass tummelten, einander spielerisch jagten und bei der geringsten Störung pfeilschnell in den Schutz spendenden Schatten der Weidenruten verschwanden.
    Später, als ich als Halbwüchsiger gelernt hatte, mit einem Boot umzugehen, eroberte ich das Meer und wagte mich entgegen aller Verbote schon früh hinaus in die Inselwelt der Bay of Islands, wo es so unendlich viel zu entdecken gab. Nicht immer war Rob zugegen, und ich genoss es noch ein Stück weit mehr, die eine oder andere geheime Bucht ganz allein und ohne seine Hilfe oder Aufsicht in Besitz zu nehmen.

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