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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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Die Natur und ich, wir waren eins, wir gehörten zusammen, sie war die Liebe meines Lebens. Nach den Pflichten des Tages, die mit zunehmendem Alter anstiegen, gab es nur eines: bei welchem Wetter auch immer hinaus nach draußen, in den Wald, an den Bach oder auf die See. Dort – und nur dort – lernte ich, was Freiheit und Erfüllung bedeuteten.
    Nur wenige Gleichaltrige fanden sich, die meine Leidenschaft mit ähnlicher Inbrunst teilten. Und nur diesen wenigen gewährte ich Zugang zu meiner Welt. Rob als mein Bruder empfand auf vergleichbare Weise, wobei er anders als ich immer einen gewissen Nutzen anstrebte. Ihm genügte es nicht, an einem schönen Ort zu verweilen, umherflatternden Schmetterlingen zuzusehen oder schillernde Vögel zu beobachten. Ihm verlangte es nach Eroberungen anderer Art. Seine Jagdleidenschaft erwies sich als ausgeprägter. Zu einem gelungenen Tag gehörten für ihn ein Netz voller Fische oder ein erlegter Moa, etwas, auf das ich gerne verzichten konnte. Doch zählte das Fischen schon bald zu meinen Pflichten, auch wenn es lange Zeit in Anspruch nahm, bis ich einen Fisch ohne Reue töten konnte.
    Wenn auch jene Pflichten von Jahr zu Jahr wuchsen, brachen wir immer wieder aus, nahmen das Boot und verschwanden tagelang in der December Bay, erkundeten Kap Aló, das bereits außerhalb Aotearoas liegt, tauchten in das geheimnisvolle Delta des Angaraflusses ein oder erforschten die Inselwelt vor der Küste Avenors. Manchmal zu zweien, manchmal zu dritt, wenn Robs guter Freund Mats sich hinzugesellte. Aber immer machte es alleine am meisten Spaß, erlebte ich alle kostbaren Einzelheiten intensiver, hinterließen Eindrücke weitaus tiefere Spuren, als wenn ich sie mit anderen teilte. Oh ja, ich muss ein seltsamer Junge gewesen sein.
    Dieser Lebensabschnitt, meine Kindheit, eingebettet in ihre unwiederbringliche Unbekümmertheit, liegt bereits weit hinter mir. Mit der Heimkehr von Radan ging die nächste Epoche zu Ende, verlor sich das verspielte Dasein der Jugendzeit mit furchterregender Schnelligkeit. Mit ihr endete die kostbarste Zeit meines Lebens, endete meine Jugend. Und sie erlosch bei Weitem zu früh. Der Name Radan steht stellvertretend für den einschneidendsten Umbruch, den mein Leben je erfahren sollte.
     
    Robs Veränderung vollzog sich in dramatischem Tempo. Mit drückenden Kopfschmerzen und ungewöhnlich dunklem Tränenfluss hatte es angefangen, beunruhigende Vorgänge fürwahr. Schlimmer und tragischer jedoch stellte sich für mich, seit jeher mit überaus sensiblen Sensoren ausgestattet, welche die kleinste Abweichung im Verhalten anderer schonungslos wahrnahmen, sein enormer Verhaltenswandel dar.
    Rob schien nicht mehr der Rob zu sein, den ich kannte.
    Schon am ersten Tag nach der Heimkehr benahm er sich eigenartig distanziert und sprach nur das Nötigste. Auf unser jüngstes Erlebnis angesprochen, überraschte er mit gegensätzlichen Reaktionen: bald mit übersteigertem Interesse, bald mit unwirscher Ablehnung. Was auch immer in ihm vorging, es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, dafür kannte ich meinen Bruder zu gut.
    Zunächst beruhigte ich mich mit dem tröstlichen Glauben, es würde vorüber gehen. Doch im Gegenteil, am darauffolgenden Morgen wurde die Sache noch ernster. Wie üblich war ich in aller Frühe aufgestanden, damit wir noch vor Sonnenaufgang auf See sein konnten, um die Netze auszuwerfen. Gewöhnlich war Rob vor mir auf den Beinen. Diesmal nicht. Ich fand ihn entkleidet in seiner Kammer, bäuchlings auf dem kalten Boden liegend, als wäre er im Begriff gewesen zu Bett zu gehen, bevor er zusammenbrach. Ein Blick in sein teilweise schwarz verfärbtes Gesicht jagte mir dann so richtig Angst ein. Das flackernde Kerzenlicht in meinen zitternden Händen beleuchtete eine unvergessliche Szenerie. Einen grauenhaften Moment lang griff eine kalte Hand nach meinem laut klopfenden Herzen. Aber nein, er atmete noch, er war nicht tot.
    „Rob?“ Meine Stimme zitterte. „Schläfst du?“
    Keine Antwort.
    Sachte rollte ich ihn zur Seite. Sein Gesicht ruhte in einer dunklen, klebrige Fäden ziehenden Pfütze. Mein Magen verkrampfte. War es Blut? Mit einer befremdlichen Mischung aus Neugierde und Furcht wagte ich einen genaueren Blick, die Kerze so nahe wie möglich neben Robs Antlitz haltend. Unvermittelt schlug er die Augen auf. In seinem Blick lag etwas Feindseliges, zutiefst Bösartiges. Erst als seine rissigen Lippen Worte formten, verschwand der unheilvolle Ausdruck

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