Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
verstauchter Knöchel würde mich ernstlich behindert wenn nicht sogar für Tage außer Gefecht gesetzt haben. Nicht auszudenken, was geschehen sollte, würde ich den Sokwa nicht rechtzeitig erreichen.
Beladen mit allen Habseligkeiten marschierte ich schließlich los. Mein Ziel stand fest, es lag unverkennbar vor mir: Ithra. Den Weg hinein in das fremde Land wiesen die Hügel von Ithra, die ich bereits vom Erdboden aus am Horizont ausmachte. Beim Verlassen der schützenden Baumgruppe empfing mich das weite offene Land mit warmer Brise und herrlichem Sonnenschein. Das klare, weiche Morgenlicht stimmte mich hoffnungsvoll und ließ die grusligen Ereignisse der letzten Nacht irreal, bei weitem nicht mehr bedrohlich erscheinen. Verschwunden waren die grauen, tief hängenden Wolken des vergangenen Tages, die wider Erwarten keinen Niederschlag mit sich geführt und das karge Land ein weiteres Mal um seine Hoffnungen betrogen hatten. Meine Zuversicht, Krister, Luke und Avalea bald wieder zu sehen, fand neue Nahrung. Die Vorfreude, sie in absehbarer Zeit in die Arme schließen zu können, beflügelte meine Schritte.
Es ging nun stetig bergan. Bis zum Mittag legte ich ein gutes Stück Weg zurück, bevor der Schatten einer bescheidenen Felsformation zu willkommener Rast einlud. Unerträglich heiß war es geworden. Die leichte Brise des Vormittags, die meinen Körper angenehm gekühlt hatte, war schon lange verschwunden. Die Luft stand. Brütende Hitze lag drückend auf dem schwer atmenden Land. Ithras Hügel flimmerten am Horizont wie eine bewegliche graue Masse, gleich einer Herde wandernder Riesen. Ich sehnte mich nach Abkühlung, einem Sprung in kühles Wasser oder wenigstens nur danach, mein glühendes Gesicht mit Feuchtigkeit zu benetzen. Die bloße Vorstellung wurde zur qualvollen Sehnsucht, doch der Taor war das letzte Gewässer gewesen, an das ich mich erinnerte. Nach ihm war ich auf keine Wasserader mehr gestoßen, nicht einmal auf das kleinste Rinnsal. Soweit ich wusste, lag auch kein nennenswertes Gewässer mehr zwischen Taor und Triassischem See. Ich war also auf Quellen und Bäche, schlimmstenfalls auf Regen angewiesen, wollte ich nicht verdursten. Mein geringer Wasservorrat mahnte zu baldiger Rationierung.
Schwer atmend ließ ich mich im Schatten der Felsen nieder. Selbst hier, abgeschirmt von der direkten Sonnenstrahlung, lief der Schweiß in Strömen von der Stirn. In dieser Hitze weiterzuwandern erschien mir irrsinnig. Hungern musste ich wenigstens nicht, in der Tasche befanden sich noch ansehnliche Reste des gestrigen Abendessens, welche ich mich angesichts der hohen Temperaturen ohnehin bald aufzuessen genötigt sah. Jedoch verschlug mir die Hitze jeglichen Appetit. Wie gelähmt saß ich da. Schweißperlen tropften von meinem Kinn in den Sand. Bleierne Müdigkeit griff nach mir. Schließlich erlaubte ich mir, die Augen zu schließen. Nur für ein paar Minuten, nicht länger... nur einen Moment...
Unerwartet tief war der Schlaf gewesen. Unerwartet heftig auch der Traum, der mich wie ein wildes Tier angefallen hatte. Als ich die Augen aufschlug, saß ich mitten in der prallen Nachmittagssonne. Wie lange war ich eingenickt gewesen? Wie leichtsinnig! Noch ganz gefangen in den heftigen Eindrücken des Traumes blieb ich sitzen. Avalea hatte darin eine Hauptrolle gespielt. Wir hatten uns beide in einem prächtigen, lichtdurchfluteten Haus mit fein gearbeiteten Möbeln und kostbarem Wandschmuck befunden. Wunderschöne Frauen umsorgten uns mit köstlichen Speisen, schwerem Wein und freundlichem Lächeln. Ich fühlte mich wohl und geborgen. Wir aßen zusammen. Sie trug wieder ihr karmesinrotes Kleid, das sie bei unserem ersten Aufeinandertreffen in Hyperion getragen hatte. Ihr hochgestecktes Haar schimmerte in der Farbe ihres Gewands.
Dann nahm der Traum eine ungeahnte Wendung. Reißender Wind, eine eiskalte Bö, raste plötzlich durch das Haus. Wütend jagte er durch die Räume, riss den Wandschmuck von den Wänden, fegte Teller und Gläser von den Tischen. Sowohl die lieblichen Frauen als auch Avalea verschwanden, ich blieb allein zurück. Der Wind steigerte sich zu einem Sturm, zerrte an meiner Kleidung und trieb mich von einer Ecke des Raumes in die andere. Das Haus indes löste sich auf und ich fand mich im Freien wieder, im undurchdringlichen Dickicht eines düsteren, vom Orkan gepeitschten Waldes. Äste brachen von den Bäumen und stürzten auf mich herab. Ich wich ihnen aus, hielt beide Arme schützend
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