Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
schlurfte ich weiter. Sollte sich ein Woldrog hier verborgen halten, konnte ich ihn auf diese Weise schlecht überraschen und somit vielleicht einem Angriff vorbeugen. Mit einem Mal wurde das Gelände abschüssig. Es ging steil abwärts. Mit jedem Meter, den ich mich voranarbeitete, verengte sich der Stollen zu einer Art Tunnel. Die Temperatur nahm beständig ab. Kühle und feuchte Luft stieg aus der Tiefe empor, was meine Annahme befeuerte, irgendwo dort unten Wasser zu finden. Allein diese Vermutung trieb mich weiter ins Unbekannte. Hier und dort blinkte die Felswand im Licht der Fackel grell auf, als blickten mich erstarrte Augen an. Bei genauerem Hinsehen handelte es sich jedoch nur um glasähnliches Wimmergestein. Wahrhaftig bizarr.
Nach einigen Minuten des Abstiegs kamen erste Zweifel, das Richtige zu tun. Wie weit wollte ich mich hinunterwagen in diese fremde Welt? Ich musste nicht ganz bei Trost sein, diese risikoreiche Exkursion mit der Suche nach Wasser entschuldigen zu wollen. Doch dann änderte sich die Konsistenz des Bodens von lehmig zu nass und schmierig.
Wasser! Es musste jetzt sehr nahe sein!
Zweimal glitt ich aus und rutschte auf dem Hintern ein Stück in die Tiefe hinab. Fluchend rappelte ich mich wieder auf die Füße und lauschte. Ja, das war eindeutig das gleichmäßige Niederfallen von Wassertropfen.
Und dann endete der Gang. Ich stand vor einem in seinen Ausmaßen schlecht erkennbaren Wasserloch. Das Licht der Fackel reichte nicht aus, um auch nur zu ahnen, über welche Dimensionen es verfügte. Von hier aus gab es keinen Weg mehr weiter, und wenn doch, stand er tief unter Wasser. Ich ging in die Knie und kostete das kühle Nass. Es schmeckte großartig. Der Abstieg hatte sich gelohnt.
Mit vollem Wasserbeutel machte ich mich sogleich auf den Rückweg, was sich schwieriger gestaltete als erwartet. Unzählige Male auf dem schlüpfrigen Untergrund abrutschend fing ich mich nur mühevoll mit Händen und Armen ab. Wie es unter diesen Umständen gelang, die Fackel nicht zu verlieren, grenzte an Zauberei. Ächzend und keuchend schleppte ich mich zurück nach oben. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis sich das Gewölbe wieder vergrößerte und mir das befreiende Gefühl schenkte, auf dem richtigen Weg zu sein. Alsbald nahm ich Licht wahr, hellen Schein. Bis zum Ausgang konnte es also nicht mehr weit sein. Die Fackel brannte immer weiter herunter, aber das beunruhigte mich nun nicht mehr. Der Weg ließ sich fortan notfalls auch ohne sie finden.
Ich weiß nicht, ob mein Leben einen anderen Verlauf genommen hätte, würde ich diese verwunschene Höhle ignoriert haben. Zurückblickend neige ich zu der Ansicht, nicht die geringste Chance gehabt zu haben, meinem Schicksal eine andere Richtung zu geben, geschweige denn ihm zu entgehen. So nahmen die Dinge ihren Lauf. Hier, nur wenige Meter unter der Erdoberfläche des Landes Uhleb, zog sich die Schlinge zu. Mein Leben sollte nie mehr so sein wie es einmal war.
Mit huschenden Bewegungen begann es, nicht mehr und nicht weniger. Ich tippte für einen Lidschlag auf Fledermäuse, wollte jedoch auf Nummer Sicher gehen. Am Ende trieben sich hier doch irgendwelche heimtückischen Wesen herum. Die Fackel so weit wie nur irgend möglich über mich haltend, tauchte ich meine nähere Umgebung in flackerndes Licht. Genau in diesem Moment brannte sie herunter und erlosch. Das einfallende Tageslicht genügte jedoch, um einigermaßen gut sehen zu können.
Was hatte ich wahrgenommen? Narrte mich ein Schattenspiel?
Nein, da war nichts.
Oder doch?
Meine Augen verengten sich. Auf einem Felsvorsprung, auf Augenhöhe, machte ich nur wenige Schritte neben mir ein zwergenhaftes Lebewesen aus, halb verschmolzen mit dunklen Schatten. Zusammengekauert saß es dort und fixierte mich aus großen, feucht glänzenden Augen. Und auch wenn ich noch nie eines dieser Kreaturen gesehen hatte, wusste ich augenblicklich, worum es sich handelte. Vor mir hockte ein lebender Vertreter der als ausgestorben geltenden Gattung Uhleb!
Konnte das wahr sein? Meines Wissens war seit Jahrhunderten niemand mehr einem Uhleb begegnet... in Avenor. Das hieß natürlich nicht automatisch, dass es in Gondwanaland keinen einzigen mehr von ihnen gab. Zum wiederholten Male wurde mir der beschränkte Horizont der Menschen bewusst, die die Gebiete nördlich des Skelettflusses bewohnten.
Das Wesen ließ mich nicht den Bruchteil einer Sekunde aus seinen bewegungslos auf mich gerichteten Augen. Ich
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