Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
entschlossen streifte ich meine Schuhe ab.
„Du willst springen?“ fragte Krister.
„Natürlich. Zurückgehen kommt nicht in Frage, zumal es tatsächlich so aussieht, als ginge es da drüben weiter. Ich werde das auskundschaften. Ihr wartet hier! Ich sehe mich um und komme dann zurück.“
Ich erwartete eigentlich weder Zustimmung noch Ablehnung, doch Kristers fast unmerkliches Nicken, welches Einverständnis signalisierte, war mir wichtig. Ich quittierte es mit dankbarem Augenzwinkern. In den vielen Jahren unserer Freundschaft waren wir zu einem eingespielten Team geworden, das sich ohne Worte verstand. Signale wie diese gehörten dazu, und ich fühlte mich ein ganzes Stück wohler bei der Sache. Also postierte ich mich an den Rand des Kliffs und blickte auf den stillen, ruhigen Kanal, der sich gute zehn Meter unter mir hinzog. Das schwarze Wasser verriet große Tiefe, was ich jedoch nicht als beunruhigend empfand. Wie oft war ich schon in der viel tieferen Bay of Islands geschwommen, ohne dabei die geringste Furcht verspürt zu haben?
Mit einem tiefen Atemzug stieß ich mich vom Rand ab und tauchte mit dem Kopf voran in das überraschend kalte Nass ein. War mein Körper von der Sonne tatsächlich so stark aufgeheizt gewesen? Das unerwartet kalte Wasser befremdete auf unheimliche Weise. Ich durchbrach die Oberfläche und warf einen Blick zurück. Avalea winkte. Mit kräftigen Schwimmstößen gewann ich rasch an Geschwindigkeit und legte die Strecke zur anderen Seite in Nullkommanichts zurück. Es war zwar nicht ganz einfach, das steile Ufer zu erklimmen, aber durchaus auch für Avalea machbar.
Flink kletterte ich nach oben und schwang mich mit Elan über die Kliffkante. Zuviel Elan fürwahr, denn bedauerlicherweise blieb ich ein weiteres Mal mit meinem linken Oberschenkel hängen. Der Schmerz tat doppelt weh. Ich hatte mich exakt an derselben Stelle verletzt wie gestern beim Aufstieg zur Höhle der Mithankor. Kopfschüttelnd warf ich einen Blick auf die Wunde, die mit unheimlicher Präzision der wenig verheilten gestrigen Blessur entsprach und nun wieder blutete. Krister auf der anderen Seite musste etwas mitbekommen haben, Fetzen eines besorgten Rufes schallten herüber.
„Alles klar!“ schickte ich über den Kanal zurück und machte mich auf den Weg. Unzweifelhaft ging es von hier aus weiter. Ohne Schuhe jedoch ein schmerzvolles Unterfangen. Die scharfkantigen Felsen, auf denen ich mit nackten Sohlen balancierte, gingen nicht gerade zimperlich mit ihnen um. Die Zähne zusammenbeißend stolperte ich voran. Bevor wir uns alle hier herüberwagten, wollte ich auf jeden Fall herausfinden, ob sich das Ufer in Bälde wieder in eines verwandelte, das diesen Namen auch verdiente. So stolperte ich weiter und erreichte eine Felsnase, die die Sicht auf den weiteren Uferverlauf vollständig blockierte. Es gab keinen anderen Weg, als um diesen Vorsprung herum und selbst dieser war nahezu unpassierbar. Ich nahm die Herausforderung dennoch an und kletterte in die Felswand hinein. Ohne Schuhwerk reine Tortur. Stück für Stück arbeitete ich mich vorwärts, bis endlich der Blick auf die andere Seite frei war. Was ich sah, zauberte mir ein befreiendes Lächeln auf das Gesicht. Noch ein ganzes Stück entfernt, aber bereits gut erkennbar, zeigte sich eine große halbkreisförmige Bucht, etwa anderthalb Stunden Fußmarsch entfernt. Die Berge zogen dort wieder vom See ab und bildeten um die Bucht herum eine natürliche blaugraue Wand, die von meiner Position aus undurchdringlich erschien. Üppiges Grün verriet reiche Vegetation, also genügend Holz für das künftige Floß. Mehr musste ich nicht sehen. Frischen Mutes kehrte ich um. Mit guten Neuigkeiten im Gepäck gelangte ich zu meinem Ausgangspunkt zurück und machte mich rufend bemerkbar.
„Kommt!“ Mit beiden Händen bedeutete ich ihnen, sich auf den Weg zu machen. Mir fiel ein, ohnehin noch einmal hinüberschwimmen zu müssen, um mich um den Transport meiner Habseligkeiten zu kümmern. Also zögerte ich keine Sekunde länger, hechtete wieder ins Wasser, dessen eisige Temperatur abermals überraschte.
„Ihr müsst leider schwimmen“, eröffnete ich den erwartungsvollen Freunden. „Aber es ist die Mühe wert. Ich habe eine wunderbare Bucht gesehen, die sich für ein Lager ideal eignet. Von allen Seiten von Bergen umschlossen. Dort sind wir bestimmt vor den Mithankor sicher.“
„Perfekt!“ rief Krister. „Also dann, nichts wie hinüber!“
„Was ist mit
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