Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Thronsaal aufgefallen waren. Wie gerne hätte ich eine davon näher untersucht, doch ergab sich diese Gelegenheit selbstverständlich nicht.
Irgendwann verließen wir den breiten Hauptgang und bogen linkerhand in eine schmale Passage ein, die vor einer schweren hölzernen Tür endete. Kurz darauf fand ich mich in einem mäßig beleuchteten und ebenso spärlich möblierten Raum wieder und ließ die Blicke schweifen. In seiner Mitte prangte im Halbdunkel ein Holztisch, vollbeladen mit den seltsamsten Utensilien, die man sich vorstellen konnte. Gläserne Gefäße mit Flüssigkeiten verschiedener Farben. Dazwischen desgleichen kristallklare Behälter, aus denen blaue Drähte ins Nichts ragten. Halbvolle Flaschen mit blauen Kappen. Ein ganz und gar undefinierbarer aschgrauer Kasten mit einer Reihe dunkler Knöpfe. In einem schwarzen Feld in seiner Mitte blinkten unaufhörlich die roten Ziffern „029“ in rhythmischer Folge.
Neben dem Tisch befand sich eine hölzerne Pritsche, auf die mich die beiden Skiavos reichlich unsanft beförderten. Mit ihren überlegenen Kräften nötigten sie meine beiden Hände durch zwei in Hüfthöhe angebrachte Schlaufen und zogen die sich darum befindlichen Stricke erbarmungslos zu. Umgehend schnitten die scharfen Fasern schmerzhaft in die Handgelenke. Desgleichen geschah mit meinen Füßen, wobei mich hier das Leder der Stiefel schützte.
Bewegungsunfähig lag ich schließlich da und blickte die Skiavos fragend an, als erwartete ich eine Antwort von ihnen. Sie verblieben jedoch stumm, prüften die Fesseln noch einmal gewissenhaft und ließen dann von mir ab. Letztlich verschwanden sie aus meinem Blickfeld. Die Tür in meinem Rücken öffnete und schloss sich wieder.
Dann kehrte Stille ein.
So wie es aussah, hielt ich mich nun allein in diesem bizarren Raum auf. Eigenartiges Surren erfüllte ihn, als befände sich irgendwo in der Nähe ein verborgenes Bienennest. Ergeben ließ ich den Kopf sinken, der auf einer Art Kissen zur Ruhe kam und blickte an mir herunter. Mein unbekleideter Oberkörper glänzte im bläulichen Licht der Deckenlampe.
Angstschweiß? Ich zitterte am ganzen Körper.
Nur schleppend gelang es mir, mich zu beruhigen und wieder zu rationalem Denken zu zwingen. Mit starrem Blick fixierte ich das ebenso starre Licht der Lampe, das mich kalt anstrahlte. Exakt so mussten Sterne aussehen, wenn man sich ihnen näherte, kühl schimmernde, unerreichbare Lichtpunkte. Dieser hier jedoch war sehr wohl in Reichweite, und ich hätte ihn gerne berührt. Er strahlte wie all die anderen, die ich auf dem Gang gesehen hatte, nicht die geringste Wärme aus. Der Vergleich mit den Sternen schien daher nicht gänzlich unangebracht.
Aus meinem eingeschränkten Blickwinkel heraus entzogen sich die sonderbaren Gegenstände auf dem Tisch einer genaueren Untersuchung. Viel gab es nicht zu sehen außer dem Deckenlicht, der gut einen Meter rechts von mir entfernten nackten Felswand und des sich in ähnlichem Abstand befindlichen Tisches.
Die Stricke, welche meine Handgelenke an die Pritsche zwangen, schnitten ordentlich ins Fleisch. Die ebenfalls gebundenen Knöchel taten dank der Stiefel weitaus weniger weh, hier hatten die Skiavos etwas mehr Barmherzigkeit walten lassen, wenn sie über so etwas überhaupt verfügten. Nachlässigkeit durfte den Tatsachen wohl eher entsprechen. Schnell fand ich heraus, diesen Fesseln ohne Hilfe nicht entkommen zu können. Mit jeder Bewegung bissen sie schmerzhafter zu. Ich ließ es schließlich sein… und wartete.
Was würde jetzt passieren? Wo waren Krister und Luke abgeblieben? Ich hoffte von ganzem Herzen, dass es ihnen gut ging und sie nicht in Gefahr schwebten. Erneut rätselte ich über Avaleas letzten Blick nach, den sie mir so vieldeutig zugeworfen hatte. Nicht eine Sekunde wurde ich schlau daraus.
Was war das gewesen?
Ein Geräusch in meinem Rücken! War doch noch jemand in diesem Raum? Meine Schultern zogen sich zusammen. Ich verdrehte den Kopf soweit wie nur irgend möglich. Diese Aktion brachte keinen Erfolg. Also hielt ich inne und verließ mich gänzlich auf meine Ohren. Zu hören gab es zunächst wenig, dafür nahm ich einen leichten Luftzug wahr. Die Tür musste geräuschlos geöffnet worden sein, denn nun fiel sie deutlich hörbar ins Schloss. Wie viel ich dafür gegeben hätte, jetzt einen Blick in diese Richtung werfen zu können!
„Wer ist da?“ rief ich der Deckenlampe entgegen.
Keine Antwort. Doch vernahm ich jetzt Atemzüge…
Weitere Kostenlose Bücher