Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
für den eisernen Stab einiges gewagt. Jetzt riskierte sie zwar nichts, nahm ihn aber trotzdem in Gewahrsam. Unser restliches Gepäck ließ sie dagegen achtlos zurück.
„Der Ithronn muss dir ja sehr am Herzen liegen.“ Ich verstand nichts. Nun ja, noch nicht.
Avalea wandte sich um und gab ihren Schergen einen kurzen Befehl. Kurz danach wurde die Welt um mich herum schwarz.
„Schimpfe mich eine Pessimistin, aber ich halte es besser für alle Eventualitäten gerüstet zu sein“, hörte ich ihre Stimme dicht an meinem Ohr.
„Und deswegen lässt du mir die Augen verbinden?“ Ich täuschte überlegenes Lächeln vor. „Wovor fürchtest du dich so?“
„Du bist ein wenig zu schlau, Jack, nimm es als Kompliment. Ich will nur sichergehen, dass du den Weg zurück nicht wieder findest. Unter keinen Umständen.“
Die Endgültigkeit ihrer Worte lief mir kalt den Rücken hinunter.
Der eigenartige Trupp setzte sich in Bewegung. Von weitem muss es merkwürdig ausgesehen haben: drei Gefangene, von ebenso vielen hünenhaften Knechten abgeführt, stolperten einer eiligen Schrittes vorangehenden Frau mit fliegender roter Mähne hinterher. Zwei weitere bildeten die Nachhut und damit das Schlusslicht.
Was auch immer ich mir von der Feuerinsel erwartet hatte – dieses Szenario ganz gewiss nicht. Am Ziel unserer Reise angekommen waren wir alle zusammen prompt in Gefangenschaft geraten. Eine nicht gerade ungefährliche Situation. Dennoch überraschte diese Wendung nicht wirklich. So etwas hatte förmlich in der Luft gelegen. Die Dinge nahmen ihren vorbestimmten Lauf, wenn ich Avaleas Worten Glauben schenkte.
Lange liefen wir nicht am Wasser entlang, drei, vielleicht vier Minuten. Dann ging es plötzlich ruckartig rechterhand das Ufer hinauf. Wiederum kurze Zeit später mussten wir so etwas wie eine Höhle betreten haben. Das Echo unserer Schritte hallte von Felswänden wider. Die Reise dauerte nun erheblich länger als zuvor – und der Weg führte eindeutig bergan. Er schien beunruhigenderweise in das Innere des Berges zu führen. Die Luft kühlte merklich ab. Mein Mut sank.
Mehrfach testete ich die Kräfte meines Wächters aus, tat so, als wollte ich mich aus seinem Griff winden. Er ließ mir jedoch nicht den Hauch einer Chance, trieb mich seelenruhig vor sich her. Mehrere Male hörte ich Luke husten, und auch Krister gab ab und zu ein paar unwirsche Töne ab. Wir waren also noch zusammen. Wenigstens etwas.
Nach einer halben Ewigkeit kamen wir endlich zum Stillstand. Niemand von uns Gefangenen hatte seither ein Wort gesagt. Seltsam, wie sehr das Stück Stoff über den Augen einschüchterte.
„Sind wir allmählich da?“ erkundigte ich mich betont gelangweilt.
„Nur Geduld“, kam es von ganz vorne. Avalea befand sich demnach noch immer an der Spitze. Ich hörte das schwache Knarzen einer Tür, das leise Quietschen von schlecht geölten Scharnieren. Dann gingen wir weiter, wohl in einen Raum hinein, denn die Tür schloss sich hörbar hinter mir. Auch hallten fortan unsere Schritte bei weitem nicht mehr so intensiv.
Im Verlauf der nächsten Minuten gingen weitere Türen auf und zu, betraten wir verschiedene Hallen oder Gänge und blieben schließlich erneut stehen. Dann wurden uns die Augenbinden abgenommen. Ich blinzelte mehrmals bevor sich meine Augen scharfstellten. Überrascht blickte ich um mich.
Wir hielten uns in einem mächtigen Raum auf, einer Halle oder einem Saal. Eine Räumlichkeit von diesen Ausmaßen hatte ich meinen Lebtag noch nicht gesehen, ich schätzte sie auf zwanzig Meter breit und mindestens doppelt so lang. Von der Decke, die sich meterhoch über unseren Köpfen befand, hing so etwas wie ein riesiger Baldachin, ein Himmel aus grünlich schimmerndem Stoff. Er überspannte den gesamten Raum wie ein überdimensionales Spinnennetz. Ebenso gefangen fühlte ich mich in diesem Moment. Wie im Netz einer Spinne. Die Wände waren mit grünen und goldenen (oder gelben) Stoffvorhängen überdeckt. Dazwischen lugten in regelmäßigen Abständen kalt leuchtende Lichtquellen hervor, denen ich zunächst wenig Aufmerksamkeit schenkte.
Mein Blick kam auf der wohl merkwürdigsten Einzelheit am Kopfende des Raumes zur Ruhe, einem treppenähnlichen Gebilde, dessen fünf Stufen zu einem erhöhten Sitz führten. Ich wusste nicht viel damit anzufangen, spürte jedoch die würdevolle Aura, welche davon ausging. Luke ging es vermutlich ähnlich, jedenfalls gingen seine Augen beinahe über, als er das eigenartige
Weitere Kostenlose Bücher