Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
wenige Sekunden später mit erbeuteten Fischen, die in ihren Schnäbeln silbrig schimmernd zappelten, aufzutauchen und erneut in die Lüfte zu schnellen. Wir hatten wenig Augen für die Tierwelt um uns herum. Es galt, das Boot sicher durch die Durchfahrt zu bringen.
„Wir müssen vorsichtig sein“, warnte Krister. „Die Passage ist an manchen Stellen außerordentlich schmal und ab und an herrscht kräftige Strömung. Wir müssen rudern und das Boot wenn nötig mit Hilfe der Paddel von den Felsen fernhalten.“
Ich ergriff das zweite Ruder und machte mich an die Arbeit. Luke stand am Bug und hielt Ausschau nach tückischen Unterwasserfelsen. Wir ruderten vorsichtig in den Kanal hinein. Das Donnern der Brandung nahm zu. Auch das ohrenbetäubende Geschrei der Seevögel steigerte sich zu einem wahren Stakkato. Das Boot begann hin und her zu schaukeln.
„Nach Backbord!“ rief Luke plötzlich. „Felsen voraus!“
Mit einigen kräftigen Ruderschlägen manövrierten wir das Boot wie geheißen und nährten uns gefährlich nahe der schroffen Wand des Schildkrötenfelsens. Nur drei Meter – wenn nicht weniger – schmatzendes und gurgelndes Wasser befanden sich zwischen ihm und einer Kollision mit ungewissem Ausgang. Ich spürte kalten Schweiß auf der Stirn.
„Die Stelle kenne ich“, meinte Krister mit ruhiger Stimme. „Aber keine Sorge, wir haben Flut, der Kanal ist tief genug.“
Ich lächelte schwach, vertraute ihm jedoch voll und ganz. Wäre die Durchfahrt zu problematisch, würde Krister sie niemals angehen. Dennoch wurde meine Zuversicht wenig später erschüttert.
Den gefährlichen Felsen, der nur wenige Zentimeter aus dem Wasser geragt hatte hinter uns lassend, versuchten wir wieder in die Mitte des Kanals zu gelangen, als eine kräftige Welle das Boot unerwartet anhob. Das Heck brach sofort nach backbord aus, und schon stellten wir uns inmitten des engen Kanals quer. Fluchend steuerten Krister und ich gegen, doch war es bereits zu spät. Bösartig knirschend schlug das Heck gegen die Felsen. Holz splitterte. Zudem schrammte die Unterseite irgendwo entlang. Das schleifende Geräusch tat mir körperlich weh. Ich hakte das Ruder waagrecht in den Fels und drückte mit aller Kraft dagegen, um wieder Abstand zu gewinnen. Ächzend und stöhnend und mit Hilfe einer neuen Woge hob sich das Boot, gewann an Auftrieb und glitt in die Kanalmitte zurück.
„Das war knapp“, keuchte ich. „So etwas darf nicht noch einmal passieren!“
Natürlich traf niemanden die Schuld an dieser Kollision, die glücklicherweise folgenlos blieb. Es erwies sich weiterhin als ein mühsames Geschäft, durch den langen Kanal hindurch zu navigieren. Verschieden starke Strömungen zogen das Boot mal nach links, dann wieder nach rechts, doch gelang es uns, ein zweites Rendezvous mit den Felsen zu verhindern.
„Dort vorne ist die Lagune“, hörte ich Luke endlich rufen. Der Kanal verbreiterte sich nun zusehends. Die Sonne brach durch die Wolken. In allen vorstellbaren Türkistönen schimmerte das ruhige Wasser der Lagune, und als das Boot in sie hinein glitt, sprang Krister auf die Füße und setzte das Segel. Während ich beide Ruder einholte, übernahm er flink das Steuer und drehte nach backbord ab. Wohin es nun ging, wusste nur er. Bald steuerten wir auf eine winzig kleine, mit schneeweißem Sand gesäumte Bucht zu.
„Da ist sie!“ hörte ich Krister mit entrückter Stimme sagen. „Savas Bucht.“
Ich war bestürzt. Er war also schon einmal mit ihr hier gewesen! Ich musste ihn so merkwürdig angesehen haben, dass er meinen Gedanken erriet. „Keine Sorge, Jack, ich habe die Bucht nur nach ihr benannt, sie selbst hierher zu bringen, hätte ich nie gewagt.“
Warum mich diese Worte erleichterten, begriff ich selbst nicht.
Wir warfen alles Gepäck in den strahlend weißen Muschelkalk, der die kleine Bucht säumte. Hier würde es sich vorzüglich schlafen lassen! Kaum ruhte das Boot sicher und fest, begann Krister im Schatten einer der wenigen Bäume, die hier Wurzeln zu schlagen wagten, zu graben. Wenig später brachte er eine eiserne Harpune zu Tage, die er mir stolz in die Hand drückte. Sie maß anderthalb Meter, und ich erstarrte, als ich den kalten Stahl in den Händen spürte.
„Sie ist aus Eisen!“ Ich sah ihn mit offenem Mund an. „Wo hast du sie her?“ Die Kunst des Eisengießens war im Großen Krieg verloren gegangen, eine Fähigkeit, die die Menschen erst seit kurzem wieder zu erlernen begannen. Eisenerz kam
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