Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
galt einer anderen Spezies.
Yanduras ähneln in ihrem Aussehen den von den ersten Siedlern eingeführten Langusten, einer – wie ich aus den Aufzeichnungen von Radan gelernt hatte – Tiergattung Vestans, die sich jedoch in der Tethys nicht behaupten konnte und wieder verschwand. Die Lagune wimmelte nach Kristers Erzählungen nur so von Yanduras. Es handelte sich hier offenbar um einen bevorzugten Laichgrund. Jetzt so früh im Jahr durfte es noch nicht so weit sein und ich fragte mich gerade, ob Krister nicht sehr enttäuscht mit ein paar auf dem offenen Feuer gebratenen Krebsen Vorlieb nehmen musste, als ich ihn auch schon die Harpune schleudern sah.
Die Waffe verschwand geräuschlos in einem der größeren, bereits vom offenen Meer abgetrennten Wasserlöcher. Von meiner Warte aus gesehen handelte es sich um ein beträchtlich tiefes Wasserloch und tatsächlich hörte ich Krister triumphierend schreien, als er sich die Schuhe abstreifte und kopfüber in den Pool sprang. Kurz darauf tauchte er wieder auf, die Harpune in der Rechten haltend, an deren Spitze eine wild zappelnde Yandura steckte. Ich sprang hinunter und half ihm beim Sichern seiner Beute, während er wieder aus dem Wasserloch herauskletterte.
„Ein Prachtexemplar“, sagte ich bewundernd.
Die Yandura war einen guten halben Meter lang. Ihr schuppiger Schwanz rollte sich frenetisch auf und wieder ein, vier Beinpaare strampelten wie verrückt, zwei furchterregend lange, fingerdicke Fühler schlugen wie Peitschen um sich. Die Harpune hatte das unglückliche Tier genau an der Stelle zwischen Kopf und Rumpf durchbohrt, an der beide Panzerglieder aufeinander trafen und eine verräterische Lücke aufwiesen. Krister hätte die Yandura aber auch überall treffen können, der natürliche Schutz des Tieres hätte dem kalten Eisen der Harpune nichts entgegensetzen können, auch nicht an seiner mächtigsten Stelle.
„Nummer eins!“ Der erfolgreiche Jäger taxierte seine Beute. „Schön fett und schwer. Noch zwei weitere und wir haben genug zu essen heute Abend.“
„Bei deinem Tempo sind wir ja in wenigen Minuten fertig“, sagte ich anerkennend.
„Nun ja, hier ist jetzt erst mal nichts mehr zu holen. Die anderen in dem Pool sind gewarnt und werden bis zum Einbruch der Dunkelheit die Köpfe einziehen. Aber das hier ist ja nicht das einzige Wasserloch weit und breit.“
Während Krister wieder in seine Stiefel schlüpfte und die noch immer zuckende Yandura von der Harpune nahm, fragte ich mich, wie um alles in der Welt es mir gelingen sollte, auch etwas zu erbeuten. Mit meinem Messer würde es niemals gelingen. Ich müsste es in einen Speer umfunktionieren, verspürte aber keine große Lust darauf. Warum sich diese Mühe machen, wenn Krister bereits über eine perfekte Waffe verfügte?
Ich kletterte ans Wasser hinunter, dort wo das Meer träge an Land rollte. Die Sonne verzog sich wieder hinter Wolken und schon sah es um uns herum nicht mehr ganz so perfekt aus. Das Türkis des Wassers verblasste zu schmutzigem Blaugrün, die leuchtenden Farben der Natur überzogen sich mit einem Grauschleier.
Ich beschloss, die Jagd ganz und gar in Kristers geschundenen Händen zu belassen, kniete nieder und tauchte die erhitzten Hände in kühles Seewasser, als mich dieses riesige Auge anstarrte.
Reflexartig zuckte ich zurück.
Was war das gewesen?
Mit klopfendem Herzen wagte ich mich wieder einige Schritte voran und riskierte einen neuerlichen Blick.
Ja, es war noch da.
Ein riesiges Auge, vielleicht anderthalb Meter unter der Wasseroberfläche!
Es lag regungslos da und starrte mich an. Wie gewaltig es war! Dreißig Zentimeter im Durchmesser? Ja, das kam dem ganzen ziemlich nahe. Schließlich nahm ich die Tentakeln und den pfeilförmigen Kopf wahr, in dem das riesige Auge ruhte. Es handelte sich zweifellos um ein Luvium, einen riesigen Oktopoden, einer Kopffüßerart, die an den Küsten Avenors selten geworden war. Stamarinas gab es noch zur Genüge, man musste nur wissen wo. Mir selbst war noch kein Luvium untergekommen, aber ich war überzeugt, hier vor einem Vertreter seiner Art zu kauern.
Vorsichtig zog ich mich zurück. Mein Jagdtrieb flammte auf, welcher sich mindestens ebenso schwer unterdrücken ließ wie Kristers. Ich brauchte die Harpune! Unbedingt!
Zurück am Pool fand ich die inzwischen reglose Yarunda in einer hellrosa Pfütze aus ihren eigenen Körpersäften liegend, aber keine Spur von Krister. Ich rief nach ihm.
„Was ist?“ Er tauchte
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