Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
dass der Speer, der mich um ein Haar getötet hätte, wieder in seine Ausgangsposition zurückfuhr, um ein weiteres Mal herausschnellen zu können.
Während mein Magen noch immer von dem Schreck schmerzte und mein Herz raste, erhob ich mich. Die plötzliche Blutleere in meinem Kopf machte mich schwindelig, sodass ich mich an der Wand abstützen musste.
Auslöser wie diesen könnte es hier viele geben. Wie ich die Bruderschaft bereits kannte, war der Speer nur ein kleiner Vorgeschmack, dem ich durch Glück entgangen war. Doch hier stehen bleiben konnte ich auch nicht.
Wenn ich nicht nach oben gelangte, würde ich hierverfaulen, denn ich bezweifelte, dass man mich holen würde. Also hielt ich die Fackel so tief wie möglich und setzte meinen Weg fort. Der Gang erschien mir plötzlich wie der schwarze Schlund eines Ungeheuers, von dem man nicht wusste, wann es zubiss.
Angestrengt lauschte ich durch meinen Atem und den Klang meiner Schritte auf irgendwelche verdächtigen Geräusche. Meine zum Zerreißen angespannten Sinne registrierten, dass es hier keine Ratten gab. Jeden Keller und Kerker plagten die Tiere, doch hier gab es keine Spur von ihnen. Lag das an den Fallen, die sie aus Versehen ausgelöst hatten? Welche Gefahren gab es hier noch?
Während ich mich fragte, ob die Derwisch-Zwillinge an der Konstruktion der Fallen beteiligt waren, stieg mir plötzlich Brandgeruch in die Nase. Alarmiert blieb ich stehen.
Durch die Fackel umgab mich ständig der Geruch brennenden Pechs, doch was mir jetzt in die Nase stieg, war vollkommen anders. Es roch, als hätte jemand vergessen einen Spieß weiterzudrehen, sodass die Unterseite des Spanferkels angebrannt war.
Vorsichtig schwenkte ich die Fackel über den Boden.
Zu sehen war nichts, aber der Geruch machte mich misstrauisch. Ich machte zwei Schritte voran und lauschte wiederum nach dem Geräusch eines Auslösers. Ich vernahm kein Klicken, dafür aber ein Knirschen unter meinem Stiefel.
Als ich nach unten blickte, entdeckte ich ein paar winzige, geschwärzte Skelette. Sie waren recht klein, wie von Mäusen oder Ratten. Ich wollte mich schon danach bücken und sie genauer untersuchen, als ich eine Erschütterung spürte.
Sogleich sprang ich zurück und betrachtete entsetzt die Flammensäule, die im nächsten Augenblick aus dem Boden schoss. Die grell leuchtenden Zungen leckten zunächst über die geschwärzte Decke, dann streckten sie sich nach mir aus.Während ich weiter zurückwich, spürte ich die Hitze auf meinem Gesicht und meinen Armen. Die feinen Härchen darauf wurden versengt. Vor lauter Angst vergaß ich fast, dass es hinter mir irgendwo einen Speer gab, der jederzeit aus dem Boden schießen konnte.
Mein Herz raste, als ich merkte, dass sich die Flammen weiter ausbreiteten. Panisch fragte ich mich, ob es der Wunsch der Assassinen war, mich bei lebendigem Leib zu rösten.
Um nicht von dem Spieß getroffen zu werden, presste ich mich an die Wand und kniff die Augen zusammen. Sie ganz zu schließen brachte ich nicht über mich, ich musste ja sehen, ob die Flammen weiter nach mir griffen.
»Freyja, hilf mir«, wisperte ich leise. »Lass nicht zu, dass ich im Feuer vergehe.«
Die Flammensäule wütete noch eine Weile, und ich war sicher, dass sie alles Leben, das ihr in die Quere kam, in Sekundenschnelle zu Staub werden ließ. Dann zog sie sich ebenso plötzlich, wie sie aufgetaucht war, wieder zurück. Hustend wedelte ich mit der Hand den Rauch weg und merkte dann, dass ich die Fackel noch immer in der anderen Hand hielt. Die Flamme wirkte beschämend klein gegen das Inferno, dem ich soeben gegenübergestanden hatte.
Die Frage, wie ich durch die Flammenhölle gelangen sollte, marterte mich einen Moment lang. Würde das Feuer wiederkommen, sobald ich mich den Steinen näherte?
Nachdem sich meine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, schritt ich voran. Ein beißender Geruch stieg mir in die Nase, als ich die Feuerstelle erreichte. Von den Rattenskeletten war nichts übrig geblieben. Die Asche unter meinen Stiefeln war so fein, dass sie nicht einmal mehr knirschte.
Ich achtete nun auf Erschütterungen unter meinenFüßen, doch als ich über die Feuerstelle hinwegschritt, spürte ich keine. Dennoch hielt ich mich bereit, jeden Augenblick in die eine oder andere Richtung zu fliehen.
Das Fackellicht wurde von den rußgeschwärzten Wänden beinahe verschluckt, doch weiteres Feuer blieb aus. Erleichterung überkam mich, als ich einen Bereich des Ganges
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