Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
besonders schlechter Glaube.«
Gabriel zitterte und spürte, wie Tränen in seine Augen stiegen. Das erste Mal nach so vielen Jahren, in denen er nicht geweint hatte. »Sie sagte, dass sie in Walhall jeden Tag kämpfen und jede Nacht feiern könnte. Doch so gut das auch klingen mag, ich will sie nicht verlieren.« Tränen perlten nun über seine Wangen; eine davon fiel auf Laurinas Lippe. Zärtlich strich er den Tropfen weg.
»Noch ist sie am Leben«, sagte Belemoth, während erseine Hand auf Gabriels Schulter legte. »Wie du siehst, ist sie stark, sonst hätte sie den Kampf längst verloren. Solange ihr Körper glüht, ist das ein gutes Zeichen.«
Damit deutete er auf den Brustlappen, der bereits getrocknet war. »Ich werde noch mehr Wasser holen«, sagte Belemoth, griff nach den leeren Lederschläuchen und verließ das Haus.
Gabriel nickte und wischte sich mit einer hastigen Handbewegung die Tränen von den Wangen.
Noch nie zuvor hatte ich in einer derart tiefen Dunkelheit geruht. Einer seltsamen Dunkelheit, denn obwohl sie mich umgab und lähmte, hatte ich das Gefühl, dass mein Verstand wach war. Fühlte sich so der Tod an? Sah so das Reich Hels aus? War man verdammt, die Dunkelheit bewusst zu erleben, ohne etwas dagegen tun zu können?
»Du bist nicht tot«, hörte ich plötzlich eine Stimme wispern. Ich hielt es zunächst für Einbildung – wenn Tote denn eine haben konnten –, dann tauchte plötzlich ein Gesicht vor mir auf.
Es war bleich, die Augen leuchteten in einem seltsamen Violettton, den ich im Frankenland bei einer Pflanze gesehen hatte, die sie Lavendel nannten. Das Haar wirkte wie ein dichtes Geflecht aus Spinnenfäden, das von Staub beschwert herabhing.
»Ich bin Ashala, Tochter der Lamia«, sprach die Erscheinung. »Du bist die neue Trägerin der Gabe.« Wie kannst du mit mir sprechen, wenn du tot bist? , dachte ich, und als sei mein Gedanke eine Frage gewesen, antwortete sie mir sogleich: »Du hast gewiss die roten Punkte in dem Elixier bemerkt. Das waren die Reste meiner Seele, meineletzten Gedanken eingeschlossen in meinem Blut. In diesem Augenblick gehen sie ebenso wie meine Kräfte auf dich über. Du darfst nicht erschrecken. Wenn du wach wirst, wirst du Fähigkeiten einer Göttin besitzen. Und wenn dich niemand tötet, wirst du alt werden wie eine Göttin. Meine Kinder, so sie noch leben, werden dich den Gebrauch der Gabe lehren.« Wie bist du zu Tode gekommen? , wollte ich wissen, doch da merkte ich, dass es wirklich nur ein Gedankenrest war, den sie mir übermitteln konnte. Anstelle weiterer Worte führte sie mir nun ein Bild vor Augen. Ich sah Sayd, der sich über sie beugte. Ich wusste nicht, was sie zuvor gesagt hatte, doch ich spürte ihre Todesangst. Sayd liefen Tränen über die Wangen, offenbar wollte er nicht glauben, dass es mit Ashala zu Ende ging.
»Du musst es tun«, wisperte die Stimme, doch sie war nicht für mich bestimmt. Ich beobachtete durch ihre Augen, wie Sayd erzitterte. Nichts war mehr übrig von seiner Selbstsicherheit, als er schließlich aufschrie.
Das Leben floss nun aus Ashala heraus, ich konnte es deutlich spüren. Mein eigenes Herz schlug auf einmal heftig gegen dieses Gefühl an, so als würde ich meinen eigenen Tod fürchten. Doch schließlich normalisierte sich mein Herzschlag wieder.
»Wenn du Sayd siehst, grüße ihn von mir«, flüsterte mir Ashala noch einmal zu, dann verschwand das Bild des weinenden Sayd und die Finsternis wich einem ungewissen Grau.
Nachdem Belemoth die Hütte verlassen hatte, strebte er dem Meer zu, um die Schläuche zu füllen. Das Salzwasser würde weder ihm noch Gabriel etwas ausmachen, denn imGegensatz zu einem menschlichen Körper wurden ihre damit fertig.
Als er die Schläuche gefüllt hatte, erhob er sich und wollte sich gerade umwenden, als er plötzlich einen Stich in den Nacken verspürte. Herumwirbelnd blickte er auf eine Gestalt in einer dunklen Djellaba, doch bevor er erkennen konnte, wer sich unter der Kapuze verbarg, verzerrte sich seine Wahrnehmung. Aufstöhnend sank er in die Knie, und während sich das Gift rasend schnell durch seinen Körper fraß, fiel er vornüber in den Sand.
Malkuth nahm leise lachend das Blasrohr herunter, nachdem er den Krieger hatte fallen gesehen. Sayd mochte Selim und Melis vielleicht bezwungen haben, doch ihren Geist hatte er nicht geschwächt. Die giftgetränkten Pfeile waren ihre Idee gewesen, eine Waffe, auf die er demnächst zurückgreifen wollte, wenn er
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