Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Sayd,während sie den Gang entlangeilten. »Er hat Kraft und Willen.«
»Einen Willen, mit dem er uns gefährlich werden könnte.« Eine Ratte, die sich unvorsichtigerweise aus ihrem Versteck gewagt hatte, quietschte kurz auf, als der Stiefel des Emirs sie zerquetschte.
»Wenn er erst einmal erfährt, welches Geschenk wir ihm machen werden, wird er seine Meinung schnell ändern. Jetzt glaubt er noch, den Helden spielen zu müssen, aber wenn er erst einmal eingeweiht ist, kann er einer unserer besten Kämpfer werden.«
Der Emir nickte, dann trat ein Moment Schweigen zwischen sie.
»Wir haben nicht mehr viel übrig von Ashalas Elixier«, bemerkte Malkuth, während sie schließlich die fackelbeleuchtete Treppe erklommen, die in die oberen Gemächer führte. »Wir brauchen dringend eine neue Lamie.«
Sayd nickte. Das Problem war ihm nur allzu gut bekannt.
»Du hättest Khadija vielleicht am Leben lassen sollen. Sie war bisher die Würdigste, die wir hatten. Sie hatte alle Voraussetzungen.«
»Aber sie kämpfte schlecht«, gab Sayd finster zurück. »Nicht umsonst sind diese Regeln aufgestellt worden. Was nützt uns eine Lamie, wenn sie sich nicht verteidigen kann? Wird ihr Blut und das Elixier vergossen, haben wir nichts mehr.«
»Sie hätte es lernen können«, gab Malkuth zu bedenken. »Bis auf den letzten Schnitt soll sie dir ziemlich zugesetzt haben.«
Sayd seufzte. Ein ähnliches Gespräch hatte er vor Kurzem mit Malik geführt, der Khadijas Lehrmeister gewesen war. Er hatte ihm schwere Vorwürfe gemacht, dass er das Mädchen nur deshalb nicht am Leben gelassen hatte, weil sienicht nach seinem Geschmack gewesen war. Sayd hatte ihm klarmachen müssen, dass die Auswahl einer neuen Bewahrerin nicht Sache des Geschmacks war, sondern der Fähigkeiten, die sie zeigte.
Seither hatte er nicht mehr mit Malik gesprochen und er rechnete damit, dass es Monate oder Jahre dauern würde, bis sie beide wieder ein Wort wechseln würden. Offenbar hatte Malik sich wieder einmal beim Emir beschwert.
»Mein Gebieter, Ihr wisst, dass nicht zählt, was bis zum sechsten Schnitt geschieht, sondern dass die Kandidatin den siebten überlebt. Ashala selbst hatte diese Regel aufgestellt. Wir dürfen sie nicht brechen.«
Sayd konnte Malkuth ansehen, dass er die Regel infrage stellte. Und er konnte es in gewisser Weise verstehen, denn wenn die Quelle versiegte, würde es vielleicht nie mehr möglich sein, die Bruderschaft zu erweitern. Doch Ashalas Wille war alles, was für ihn zählte, und dagegen würde er nicht verstoßen.
»Wie viele Rekruten können wir durch das Elixier noch erschaffen?«, fragte er schließlich.
»Einen, vielleicht zwei, wenn es starke Exemplare sind«, gab Malkuth ärgerlich zurück. »Doch ich bin der Meinung, dass wir es uns für eine neue Lamie aufheben sollten. Wenn wir allerdings keine Frau finden, die würdig genug ist, werden wir vielleicht fünfzig Halbmenschliche daraus erschaffen können.«
»Und uns somit auf ewig den Weg zur Erschaffung neuer Unsterblicher verbauen.«
»Das sehe ich genauso, also solltest du deine Brüder dazu anhalten, wieder nach neuen Kandidatinnen Ausschau zu halten.«
»Damit ich eine nach der anderen abschlachte?«
»Damit du eine darunter findest, die würdig ist!«,entgegnete Malkuth ungehalten, während seine Augen rot leuchteten. »Die Macht dieses Usurpators Saladin wird immer größer! Macht, die mir zusteht! Ich kann nicht mit ansehen, wie er einen Sieg nach dem anderen erringt, während ich hier in meiner Festung verfaule! Ich will nicht all die gefinkelten Schachzüge vollführt haben, um dann den König nicht mattsetzen zu können!«
Seine Stimme hallte donnernd von den Wänden wider, dann fügte er leiser hinzu: »Ich brauche eine Armee, eine unbesiegbare Armee, um ihn in die Schranken zu weisen. Und diese Armee kann mir nur eine Lamie geben!«
Sayd blickte seinen Gebieter ruhig an. »Wir werden eine neue Bewahrerin bekommen. Beim heutigen Treffen werden wir darüber sprechen. Vielleicht hat einer meiner Brüder bereits eine Anwärterin im Sinn.«
Das rote Glimmen in Malkuths Augen wurde ein wenig schwächer.
»Ich werde heute Abend nicht zugegen sein können. Du wirst für mich sprechen und den anderen meinen Wunsch mitteilen. Und du wirst mir berichten. Ich will, dass ihr euch gleich morgen auf die Suche nach einer neuen Bewahrerin macht.«
Damit wandte er sich um und eilte mit wehenden Gewändern einer vergitterten Tür zu, die den oberen Teil der
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