Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Feste von den Kerkern trennte.
Sayd blickte ihm einen Moment nach, dann folgte er ihm, ging aber nicht in die oberen Gemächer, sondern strebte den Quartieren seiner Leute zu.
7
A n diesem Morgen weckte mich Gabriel schon früh. Obwohl ich noch schlaftrunken war und kaum die Augen aufbekommen konnte, spürte ich die Unruhe in seiner Stimme, als er rief: »Auf die Beine, Mädchen!«
Wollte er mich jetzt zur Rede stellen, dass ich ihn in der vergangenen Nacht überrascht hatte? Mein Magen krampfte sich zusammen, als ich mich von meinem Lager erhob und fragte: »Was ist denn los?«
»Wir reiten in die Stadt.«
»In die Stadt?«, wunderte ich mich. »In welche Stadt?«
»Alexandria.«
»Und was gibt es dort?«
Ich rechnete fest damit, dass er mich dort loswerden wollte.
»Kleider für dich«, entgegnete Gabriel überraschend und setzte ein breites Lächeln auf. »Jedenfalls hoffe ich, dass wir etwas Passendes finden. Du kannst nicht in diesem Aufzug herumlaufen und in meinen Hemden würdest du versinken.«
Ich wusste, dass Gabriel in beiderlei Hinsicht recht hatte. Zum einen war ich wesentlich zierlicher als er, zum anderen war mein Hemd nur notdürftig zusammengeknotet und meine Beinkleider starrten vor Dreck. Es war ein Wunder, dass er mir überhaupt erlaubte, auf den edlen Kissen zu sitzen und zu schlafen.
»Aber wie sollte ich mir Kleider kaufen, ich besitze nichts, was ich dafür eintauschen könnte«, entgegnete ich, woraufhin Gabriel ein Lederbeutelchen in die Höhe hielt.
»Du magst kein Gold haben, aber ich.«
»Das kann ich unmöglich annehmen«, platzte es aus mir heraus.
»Und ich kann unmöglich dulden, dass du in meinem Haus so herumläufst«, gab er ungerührt zurück. »Wenn du schon keine Mädchenkleider willst, dann eben welche für Jungen. Aber ordentliche!«
Damit wandte er sich um. Es war zwecklos, diese Diskussion weiterzuführen.
Aber genau genommen wollte ich das auch nicht. Er hatte nicht so geklungen, als zürnte er mir, und das erfüllte mich mit einer unbändigen Freude, die ich mir gar nicht recht erklären konnte. Ich merkte nur, dass es mir sehr wichtig war, was Gabriel von mir dachte und was er zu mir sagte.
»Na, was ist, kommst du nun?«, tönte seine Stimme durch den Gang. »Oder soll ich dich zurück ins Meer werfen? Der Ozean hat dich wohl auch ausgespuckt, weil er deinen Anblick nicht mochte!«
Augenblicklich stellte ich mich auf die Beine. Rennen konnte ich noch nicht, aber die Schmerzen hatten sich gebessert.
Draußen erwartete mich Gabriel bei dem gesattelten Hengst.
Als es mich sah, stieß das Tier ein protestierendes Wiehern aus.
»Siehst du, auch Alkadir ist unzufrieden mit deinem Aufzug.«
»Alkadir, was bedeutet das?«, fragte ich.
»Es bedeutet so viel wie Kraft. Hier, binde dir die Haare zusammen!«, antwortete Gabriel und reichte mir ein schwarzes Lederband. »Und wenn wir schon mal dabei sind, dich zu einem Jungen zu machen, häng dir diesen Mantel um und setz die Kapuze auf.« Er deutete auf die Kruppe seines Pferdes, über der ein braunes Stoffstück hing.
»Warum kann ich nicht als Mädchen in die Stadt reiten?«
»Weil das gefährlich wäre. Es ist hierzulande nichtschicklich, dass Frauen ihre Gesichter offen zeigen. Entweder trägst du einen Schleier oder eine Kapuze.«
Es war keine Frage, was mir lieber war. Der Mantel roch nach Pferd, als ich ihn mir umlegte, aber immerhin bestand nicht die Gefahr, dass man mich als Mädchen entlarvte.
Nachdem ich mein Haar im Nacken zusammengebunden und die Kapuze übergezogen hatte, schwang sich Gabriel in den Sattel und streckte mir die Hand entgegen. »Na, dann los!«
»Meinst du, er wird uns beide bis in eine Stadt tragen?«, fragte ich skeptisch.
»Er trägt seinen Namen nicht umsonst. Auf seinen Brüdern reiten zuweilen zwei Krieger gleichzeitig in die Schlacht. Komm schon oder willst du mir aus Sorge um das Tier hinterherhumpeln?«
Ich ergriff seine Hand und ließ mich auf die Kruppe ziehen.
Als ich sicher saß, griff er nach den Zügeln und trieb den Rappen an.
Während ich mich an seinen Rücken schmiegte, nahm ich den Geruch von Rauch, Leinen, Gewürzen und Meerwasser wahr, was mich irritierte, denn bisher hatte ich noch keinen Menschen getroffen, der nicht nach Schweiß oder ganz einfach nach Mensch roch. Gabriel hingegen roch nur nach den Dingen, mit denen er wahrscheinlich in Berührung gekommen war. Auch seinen Haaren, die mir während des Ritts hin und wieder ins Gesicht flatterten,
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