Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
du.«
Diese Worte ließen meine Angst noch größer werden. Ich atmete tief durch und schloss die Augen. Freyja hilf mir, flehte ich in Gedanken. Lass mich die Angst für einen Moment vergessen. Tatsächlich gelang es mir, meine Gliedmaßen unter Kontrolle zu bringen, doch mein Herz flatterte weiterhin wie ein gefangener Schmetterling.
»So ist es gut, meine Schöne.« Er beugte sich nun näher an mich heran, sodass sein Atem über meine Schulter zum Ansatz meines Busens floss. Eine Gänsehaut lief mir über den gesamten Körper.
»Hör mir gut zu, denn was ich zu sagen habe, ist wichtig.«
Er hatte mich in diese Lage gebracht, nur um mir etwas zu sagen? Dass ich dem goldäugigen Fremden hilflos ausgeliefert war, verletzte meinen Stolz. Meine Gedanken suchten verzweifelt nach einem Ausweg, doch sie fanden keinen.
»Weißt du, was ein Assassine ist?«, fragte er leise.
Ich schüttelte den Kopf.
»Ein Mörder«, antwortete Sayd kalt. »Nur wenige kennen die wahre Bedeutung dieses Namens. Er entstammt einer Verleumdung, die uns nachsagt, unsere Kräfte von einer Droge, dem Hashish zu erlangen. Doch die Wahrheit sieht anders aus.«
»Was soll das?«, fragte ich, denn seine Worte ergaben für mich keinen Sinn.
»Du hast einige Seltsamkeiten an Gabriel bemerkt, nicht wahr? Dass er nachts verschwindet, dass bei seiner Rückkehr Blut an seiner Kleidung ist, obwohl er nicht verletzt ist. Dass er eine Waffe schleift, die du sonst nicht zu sehen bekommst. Oder dass Skorpione mit winzigen Schriftrollen auf dem Rücken bei seinem Haus auftauchen …«
Ich schnappte unwillkürlich nach Luft und fragte mich, woher er das wusste. Konnte er in meinen Geist sehen? Den Anblick Gabriels in dem blutigen Hemd hatte ich in die hinterste Ecke meines Verstandes gedrängt, weil ich mir einfach keine Gedanken darüber machen wollte. Und auch den Skorpion hatte ich beinahe vergessen.
»Gabriel ist Mitglied einer geheimen Bruderschaft«, fuhr Sayd fort. »Einer Bruderschaft von Assassinen, die dem Emir Malkuth untersteht. Das Töten ist unsere Bestimmung, die Nacht unsere Verbündete.«
Mein Magen krampfte sich zusammen.
Jeder Krieger war dazu gezwungen, früher oder später zu töten. Gabriel war ein Krieger. Doch ein feiger Mörder? Das wollte ich nicht glauben! Aber warum sollte Sayd lügen? Er war sicher nicht nur deshalb hergekommen, um mich wegen einer Lüge zu bedrohen!
»Davon hat er dir natürlich nichts erzählt, nicht wahr? Nein, das hat er nicht. Gabriel war einer meiner besten Schüler. Er würde nie gegen sein Gelübde verstoßen.«
»Und warum erzählt Ihr mir das?«, entgegnete ich. »Ihr verstoßt damit doch auch gegen das Gelübde.«
»Das ist richtig.« Ich sah es nicht, doch ich spürte, dass Sayd lächelte. »In diesem Fall ist es etwas anderes, wie du noch sehen wirst.«
Als ich spürte, wie sein Gesicht mein Haar streifte,erschauderte ich unwillkürlich und konnte mich nur schwer beherrschen, keinen Schritt nach vorn zu machen – und damit in den Tod zu gehen.
»Als ich dich sah, habe ich gleich gewusst, dass du etwas Besonderes bist. Dass du würdig bist, die Wahrheit zu erfahren. Du musst wissen, dass wir keine gewöhnlichen Assassinen sind. Wir haben die Gabe der Unsterblichkeit erhalten, von einem uralten Wesen, einer Göttertochter. Doch dieses Wesen ist gestorben und wir benötigen dringend eine Frau, die ihre Stelle einnimmt.«
»Sagtet Ihr nicht, dass Ihr unsterblich seid? Wieso war sie es dann nicht?«, spottete ich. »Meine Götter sind es jedenfalls.«
Ein missmutiges Brummen entrang sich Sayds Kehle.
»Deine Götter sind nichts als Hirngespinste! Wahrscheinlich leben sie deshalb ewig. Sie war zur Hälfte ein Mensch und deshalb verwundbar. Aber das wirst du noch lernen.«
Ich wollte protestieren, doch ich brachte kein Wort heraus. Ganz offensichtlich war der Mann hinter mir von Sinnen. Wie konnte ich ihm nur entkommen? Ich musste Raum zwischen die Nadelspitze und meine Haut bringen. Dann würde es mir vielleicht gelingen, ihn abzuschütteln.
»Du wirst sicher eine hervorragende Auserwählte sein. Eine, die endlich all unsere Erwartungen erfüllen wird.«
Während er sprach, wich ich ein wenig zurück. Obwohl Sayd dicht hinter mir stand, hatte er mich bislang nicht mit seinem Oberkörper berührt. Als ich auf ihn traf, hatte ich nicht nur das Gefühl, mich gegen eine Steinmauer zu lehnen, ich bemerkte auch, dass die Nadel mir nicht folgte. Daraufhin ließ ich mich ganz gegen meinen
Weitere Kostenlose Bücher