Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
gesehen hast, humpelt sie.«
Sayd schnaubte wütend, doch das goldene Feuer in seinen Augen erlosch. »Wir werden sehen, was mit ihr geschieht«, sagte er nur knapp und wandte sich dann um. Mit langen Schritten eilte er in den Stall und führte sein Pferd hinaus.
Wenig später setzte sich der Reitertrupp in Bewegung und verschwand nach einer Weile in einer dichten Staubwolke. Gabriel stand die ganze Zeit über wie betäubt da. Es war äußerst unhöflich, die anderen nicht bis zum Tor zu begleiten, doch er konnte sich nicht rühren. Nicht Sayds Zorn war es, den er fürchtete, sondern die Dinge, die er dem Emir erzählen würde. Ich muss sie von hier fortschaffen , war der einzige Gedanke, der ihn in diesem Augenblick beherrschte.
Als die Reiter fort waren, trat ich wieder hinter dem Stall hervor. Ich fühlte mich elend und aus irgendeinem Grundfürchtete ich eine Standpauke von Gabriel. Mein Retter stand wie angewurzelt neben dem Haus. Zu gern hätte ich gewusst, was in diesem Augenblick durch seinen Kopf ging.
»Verzeih mir bitte«, sagte ich kleinlaut, während ich das Schwert an mich drückte, als könnte es mich vor seinem Zorn bewahren.
Gabriel blickte mich traurig an. »Ist schon gut. Geh ins Haus, ich habe dort noch Chai und ein paar Früchte.«
Damit wandte er sich um und lief zum Stall. Ich blieb niedergeschlagen stehen und lehnte mein Gesicht an den Knauf des Schwerts.
Den ganzen Abend über schwieg Gabriel.
Ich glaubte, dass er mir wegen meiner frühzeitigen Rückkehr zürnte, doch auf meine Nachfragen erhielt ich stets die gleiche Antwort: »Du hast dir nichts zuschulden kommen lassen, Laurina. Mach dir keine Gedanken.«
Doch ich kam nicht umhin, mir welche zu machen. Das Auftreten des Fremden, den Gabriel Sayd genannt hatte, wollte mir ebenso wenig aus dem Kopf gehen wie seine Worte oder die Art, wie er mein Schwert betrachtet hatte.
»Ich habe das Schwert am Strand gefunden, die Wellen hatte es wie durch ein Wunder angespült.« Eigentlich hatte ich Gabriel dies freudiger erzählen wollen, aber das Zusammentreffen mit seinen Gästen hatte alles zunichtegemacht.
»Das Schwert deines Vaters, hm?«, fragte er abwesend, während sein Blick zum Fenster wanderte.
»Sein Name ist Fenrir. Das ist der Götterwolf, der dem Kriegsgott Tyr eine Hand abbiss, als dieser ihn zu fesseln versuchte.«
Meine Worte verhallten ohne eine Reaktion von Gabriel. Offenbar war es ihm egal. Meine Niedergeschlagenheit vergrößerte sich dadurch noch. Traurig senkte ich den Kopf. Doch einen Versuch wollte ich noch wagen! »Warum sollenblaue Augen den bösen Blick bannen können?«, fragte ich. »Bei uns gibt es spezielle Runen dafür.«
Zunächst glaubte ich, dass er auch diese Frage überhört hatte, denn er blickte nun aus dem Fenster zum Horizont, wo die letzten Reste des Tageslichts den sternbedeckten dunklen Himmel säumten.
Zu meiner Überraschung antwortete er schließlich: »Man glaubt hier, dass nur Engel blaue Augen haben. Engel, die die Macht haben, gegen das Böse zu kämpfen. Aus diesem Grund nähen die Frauen hier ihren kleinen Kindern blaue Perlen an die Gewänder und tragen sie auch selbst.«
»Blaue Perlen sind keine Augen«, hielt ich dagegen.
»Es gibt hier sehr wohl Perlen, die wie Augen aussehen. Diese helfen an besten.« Gabriel schmunzelte, dann verfinsterten sich seine Züge wieder. »Wenn du wieder vollkommen gesund bist, werde ich dich von hier wegbringen.«
So etwas hatte ich erwartet und es betrübte mich, dass ich recht hatte. Natürlich hätte ich nicht auf ewig hierbleiben können – und wollen. Immerhin hatte ich das Erbe meines Volkes weiterzutragen. Doch in diesem Augenblick krampfte sich mein Herz zusammen. Gabriel war der einzige Mensch, der sich noch um mich kümmerte. Und ich hatte ihn ins Herz geschlossen.
»Und wo soll ich hin?«
»An einen Ort fern von hier. Einen Ort, an dem du neu anfangen kannst. Oder dir ein Schiff suchen, das dich in deine Heimat zurückbringt. Hier kannst du nicht bleiben.«
»Ist es wegen deiner Besucher?«
Er sagte dazu nichts und er nickte auch nicht, aber ich konnte mir keinen anderen Grund vorstellen.
»Begib dich zur Ruhe. Ich werde dafür sorgen, dass du in Frieden weiterleben kannst.«
Was würde auf mich zukommen, wenn er mich fortschaffte?
»Wirst du heute Nacht wieder unterwegs sein?«, fragte ich, als ich beim Hinausgehen an der Tür haltmachte und mich noch einmal nach ihm umsah.
Gabriel schüttelte den Kopf, sah mich aber
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