Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
zwang. »Märchen sollten Kindern am Feuer erzählt werden.«
Auf einmal schnellte Azièmes Hand vor. Jared reagierte instinktiv. Bevor sie auch nur in die Nähe seines Gesichts kommen konnte, packte er das Handgelenk seines Gegenübers.
»Du verdammter …«, presste Azième hervor, dann verzog er schmerzvoll das Gesicht.
»Monsieur Azième«, sagte Jared, während er versuchte, gegen seine Wut und somit gegen das Leuchten in seinen Augen anzukämpfen und dabei nicht allzu fest zuzudrücken. »Ihr tätet besser daran, Euch zu beruhigen.«
Azième schnaufte wütend. Sein ohnehin schon hochrotes Gesicht verfärbte sich noch einen Ton tiefer. »Ihr habt die Ehre meiner Tochter beschmutzt!«
»Nein, ich habe sie nur beschützt«, entgegnete Jared eisig. »Ich sage es Euch noch einmal, beruhigt Euch. Meine Absichten gegenüber Eurer Tochter sind nicht unehrenhaft. Sie bat mich um Geleit und ich habe ihr diese Bitte höflicherweise erfüllt.«
Die beiden Männer sahen einander in die Augen.
Er weiß es, dachte Jared. Sein verdammter Spitzel hat gesehen, wie ich sie geküsst habe.
»Herr, ist alles in Ordnung?«, fragte eine Stimme von der Seite. Ohne hinzusehen, wusste Jared, dass es einer der Burschen war, die sie im Auftrag des Hausherrn ausspionierten. Rasch unterdrückte er den Wunsch, dem Rotschopf den Hosenboden stramm zu ziehen, dann ließ er den Gutsherrnwieder los. Auf dessen Handgelenk war jetzt ein blauer Fleck, den er, anstatt ihn dem Jungen zu zeigen, schnell unter dem Ärmel seines Wamses verschwinden ließ.
»Ja, es ist alles in Ordnung, Michel. Wir hatten nur eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
Azièmes dunkle Blicke bohrten sich in Jareds Augen. Aber nicht rachelustig, sondern ängstlich.
Nachdem sich der Spitzel getrollt hatte, sagte Jared mit einer höflichen Verbeugung: »Verzeiht, dass ich Euch so fest angepackt habe. Aber Ihr habt wirklich nicht um die Ehre Eurer Tochter zu fürchten. Und wenn Ihr in meinen Augen mehr zu sehen meint, lasst Euch gesagt sein, dass ein Wächter seine Herrin besser beschützt, wenn er sie mag. Eure Tochter nicht zu mögen wird jedem Menschen hier schwerfallen.«
Azième sagte dazu nichts. In seinem Blick flackerte die Erkenntnis, dass der Mann vor ihm nicht das war, was er gedacht hatte. Auf einmal änderte sich sein Gesichtsausdruck. Sich das Handgelenk reibend erstarrte er plötzlich. »O mein Gott!«
Als Jared herumwirbelte, erblickt er eine schwarze Wolke, die durch das Tor drängte. Ein eisiger Schauer überlief ihn, als er erkannte, dass mitten darin ein Mann marschierte, dessen Haar rot wie die Abendsonne war.
»Gabriel!«, brüllte er über den Hof. Azième war in diesem Augenblick Luft für ihn. Seine Hand schnellte an das Messer, das Giselle kurz zuvor noch in der Hand gehalten hatte. Dann brach das Inferno über sie herein.
31
A ls Montaillou vor uns auftauchte, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Ein seltsames Vibrieren lag in der Luft und die dunkle Wolke, die sich urplötzlich vor die Sonne geschoben hatte, wirkte irgendwie unnatürlich. Das letzte Mal hatte ich solch eine Wolke gesehen, als die Dschinn in der Wüste aufgetaucht waren. Hatten sie Verstärkung geholt und waren über das Dorf hergefallen? Ich fürchtete schon, sie könnten alle hier in Dschinn verwandelt haben, doch dann fiel mir wieder ein, was Sayd auf dem Weg erzählt hatte. Dass nur Aisha Qandisha Dschinn erschaffen konnte. Ich betete inständig zu Freya, dass sie nicht hier war!
»Offenbar bekommen wir zu tun«, sagte Sayd beinahe heiter, während er von seinem Pferd stieg. Das Tier zeigte alle Anzeichen, dass es durch die Wirkung des Lamienbluts gleich zusammenbrechen würde.
»Glücklicherweise sind wir diesmal mehr«, Vincenzo lächelte die drei anderen aufmunternd an. »Ihr habt euch lange genug ausgeruht, jetzt könnt ihr eure müden Knochen mal wieder bewegen.«
Sauls Augen glühten vor Wut. »Keine Sorge, wenn ich diese Mistkerle erwische, können sie was erleben.«
»David, du bleibst bei dem Mädchen und beschützt es.«
Der Schmied nickte. »Dasselbe wollte ich auch gerade vorschlagen.« Vorsichtig stieg er mit der Kleinen, die er sich auf den Rücken gebunden hatte, vom Pferd, zog seine Messer und trat ein paar Schritte zur Seite.
»Denkt dran: immer ins Auge zielen«, mahnte Sayd, während er seine Dolche in den Händen wog. Auch wir anderen zogen unsere Waffen. Fenrir fühlte sich in diesem Augenblick ungeheuer gut in meiner Hand an.
Als uns der
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