Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
daran erkannt, wie er sich verhalten hat.«
Ja, was das anging, konnte man Malkuth nur schwer verwechseln. Auch der Einfall, einen von uns mit dem Leben eines Kindes zu bedrohen, passte voll und ganz zu ihm.
»Dann gibt es jetzt also wirklich zwei von ihm? Wie Zwillinge?«
»Oder er steuert den Körper des anderen«, warf Vincenzo ein. »Wie bei einem Besessenen.«
Sayd seufzte. »Es ist ein Jammer, dass Ashala uns nicht mehr offenbart hat.« Er blickte zu mir her, doch ich hatte leider mit der Gabe nicht das Wissen der Lamie erhalten.Lediglich ein paar ihrer Gedankensplitter waren während meiner Umwandlung aufgeblitzt. »Wenn uns dieser rothaarige Teufel mit Malkuths halber Seele noch einmal in die Quere kommt, werden wir ihm heimzahlen, was er getan hat.«
Inzwischen hatte Vincenzo Sauls Ketten gelöst und ihn vollends wach gerüttelt. So hatte ich Saul noch nie gesehen. Weinend warf er sich dem Freund in die Arme, dann machten sie sich gemeinsam an Belemoths Befreiung. Doch auch nach dem Wasserguss wirkte dieser immer noch wie erstarrt.
»Gift«, erklärte Saul und tätschelte ihm die Wangen wie einem Kind. »Sie haben ihn übermäßig mit dem Gift der Derwische traktiert, weil sie wussten, dass er der Einzige war, der die Fesseln notfalls zerreißen könnte.«
»Das haben sie mit uns allen gemacht«, fügte David hinzu, der sich jetzt wieder ein wenig gefangen hatte. »Wir hatten gar nicht die Möglichkeit, uns zu wehren.«
Als auch Belemoth seine Ketten los war, betteten wir den Entkräfteten auf ein paar Kissen und ließen uns von David nach oben zu der Kammer bringen, in der sich das Kind befinden sollte.
Ich spürte deutlich seine Anspannung und seine Furcht, die Dschinn könnten der Kleinen etwas angetan haben. Vincenzo hatte unterwegs nur kurz davon gesprochen, doch jetzt sah ich, was er damit meinte, dass David »ganz vernarrt in die Kleine« sei. Hier lief nicht irgendein besorgter Mann die Treppe hinauf, hier lief ein Vater, der sicherstellen wollte, dass es seiner Tochter gut geht.
Für alle Fälle hielten wir unsere Waffen bereit, denn es war möglich, dass Malkuth auch hier oben Dschinn postiert hatte.
Vorsichtig öffnete David die Tür und spähte in den Raum.
»Wahrscheinlich braucht Malkuth seine Leute woanders«,murmelte Vincenzo und wandte sich dann an Saul. »Du weißt auch nicht, wohin der Rothaarige mit den anderen gezogen ist?«
Saul schob die Unterlippe vor. »Vielleicht suchen sie nach dem Heiligen Gral. Oder nach Laurina.« Er warf mir einen ratlosen Blick zu. »Ich weiß nur, dass der Kerl mit seinen Schergen beim Papst war. Dann hielten sie sich noch ein paar Tage im Haus auf, doch irgendwann beschloss Malkuths zweites Ich, mit einem Großteil der Männer das Haus zu verlassen.«
»Auf der Suche nach Laurina«, brummte Sayd, der neben uns getreten war. Von seinem Zusammenstoß mit den Dschinn in Montaillou würde er ihnen später erzählen.
Jetzt kam David aus dem Raum. Das Mädchen auf seinen Armen war wunderhübsch. Ihre Haut war milchweiß und ihr Gesicht ebenmäßig. In zehn Jahren würde sie mit ihren langen schwarzen Locken sämtlichen jungen Männern den Kopf verdrehen.
»Das ist Maria«, stellte er sie uns vor. Der Kleinen, die vielleicht vier oder fünf war, war das herzlich egal. Sie schmiegte sich an seine Brust wie an ein Kissen und schlief sogleich ein.
»Wisst ihr, wer ihre Eltern waren?«
»Nein, als wir kamen, fanden wir nur eine Magd, die sich wohl um sie gekümmert hatte. Die Frau war leider schon tot.«
»Und dass sich die Kleine erinnert, ist wohl auch unwahrscheinlich, oder?«, fragte ich in der Hoffnung, wir würden das Mädchen irgendwelchen Verwandten übergeben können.
»Wir haben beschlossen, sie mit uns zu nehmen.«
Sayds Augenbrauen schnellten missbilligend in die Höhe. »Mitnehmen? Dieses Kind?«
»Was soll denn sonst mit ihr geschehen?«, fragte David, während er über ihre Locken strich. »Wir können sie nicht in dieser pestverseuchten Stadt lassen.«
»Aber ein Kind wäre bei uns in großer Gefahr. Besonders jetzt, wo sich Malkuth mit den Dschinn verbündet hat!«
Sayd blickte reihum in unsere Gesichter, als erwarte er von uns, dass wir David klarmachten, wie töricht dessen Vorhaben war. Doch niemand wagte etwas zu sagen.
»Er hat recht, wir können sie nicht hierlassen«, sagte Saul nun. »Wer soll ihr zu essen geben? Wie es aussieht, trägt bald jeder hier den Pestkeim in sich. Uns passiert das nicht. Und fern von hier
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