Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
Gegensatz zu anderen Assassinen war David nur selten aus der Ordensburg gekommen, um uns zu besuchen.Die wenigen Male habe ich genossen, denn die ruhige Art des Schmiedes und die Geschichten seines Volkes gefielen mir sehr.
»Du musst mir unbedingt erzählen, woran du gerade arbeitest«, fügte ich hinzu, als er mich wieder freigab.
»Du weißt doch, dass es Unglück bringt, wenn man über eine unfertige Waffe spricht.«
»Du sollst mir doch auch nicht verraten, für wen du etwas anfertigst, sondern was es ist!«, ich lachte und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
Dass Malik, der sein blauschwarzes Haar mittlerweile etwas länger trug als bei unserem ersten Zusammentreffen, nicht gerade mit der Sonne um die Wette strahlte, überraschte niemanden. Seit zwanzig Jahren redete er nicht mehr von Khadija, doch er schien ihren Verlust noch immer nicht verkraftet zu haben. Immerhin hatten er und ich inzwischen Frieden geschlossen, und diesmal rang er sich sogar ein kleines Lächeln ab, als er uns sah.
Zuletzt erschien Sayd auf seinem Goldfuchs. Heute trug er nicht Blau, sondern eine tiefschwarze, mit silbernen Stickereien verzierte Djellaba.
»Du siehst sehr feierlich aus«, begrüßte ich ihn. »Dabei bist du doch unter Freunden.«
»Und gerade die Augen meiner Freunde möchte ich nicht beleidigen, indem ich nachlässig gekleidet bin«, entgegnete er, nachdem er mir rechts und links einen Kuss auf die Wange gehaucht hatte. Sayd und nachlässig gekleidet? Nie habe ich ihn so erlebt. Bevor ich jedoch protestieren konnte, setzte er hinzu: »Außerdem haben wir wirklich allen Grund, zu feiern. Was außer uns ist schon ein ganzes Jahrhundert unbeschadet auf der Welt?«
Damit hatte er recht. Alles um uns herum war in Veränderung begriffen, die Sitten, die Kleidung, die Kunst,nur wir waren lediglich um ein Jahr gealtert. War das gut oder schlecht? Im Moment jedenfalls verspürte ich nichts als Freude darüber, dass ich seit hundert Jahren keinen Menschen, den ich mochte, verloren hatte.
Wenig später saßen wir auf dem Boden des großen, blau gekachelten Raumes, in dem Gabriels alter Waffenrock und sein Schwert von vergangenen Zeiten kündeten. Das Weihrauchbecken in unserer Mitte verströmte einen angenehmen Duft, die Schalen ringsherum waren mit Früchten, in Honig eingelegten Datteln, Gebäck und kleinen Fladenbroten gefüllt. Das Fleisch, das später gereicht werden sollte, schmorte noch im Backofen.
Gabriel schenkte Tee an die Gäste aus und ließ eine Schale mit Dattelgebäck herumgehen, kleinen Teigrollen, die mit einem Mus aus Datteln, Nüssen und Honig gefüllt waren.
»Die hat doch wohl nicht Laurina gebacken?«, fragte Jared zweifelnd, während er seine Hand über der Schale schweben ließ.
Er hatte also nicht vergessen, dass mir beim letzten Mal ein kleines Missgeschick mit dem Gebäck unterlaufen war.
»Keine Sorge, ich will unsere Gäste nicht umbringen«, entgegnete ich lachend. »Du weißt doch, dass ich keine besonders gute Hausfrau bin. Meine Talente liegen eher im Kampf, daran hat sich auch in den vergangenen Jahren nichts geändert.«
»O ja, so ist es«, murmelte Jared und biss herzhaft in die Dattelrolle.
»Was ist mit deinen Visionen, Sayd?«, erkundigte sich nun Belemoth, der ebenso wie alle anderen die Kämpfe der früheren Tage vermisste. »Gibt es nicht wieder einen Menschen, den wir schützen sollen?«
Sayd schüttelte bedächtig den Kopf. »Nein, bisher hat sich mir noch nichts gezeigt. Aber sei versichert, die Untätigkeit gefällt mir ebenso wenig wie euch allen.«
»Vielleicht sollten wir eine Reise machen«, schlug Vincenzo vor, während er sich das blonde Haar rasch mit einem Lederriemen zusammenband, damit es ihm beim Essen nicht ins Gesicht hing. »Die Welt besteht nicht nur aus diesem Flecken Erde.«
Bei diesen Worten blickte Sayd zu Gabriel. Dieser schlürfte seinen Tee, als würde er es nicht bemerken.
Auch David wirkte nun wieder abwesend. Was nahm seinen Verstand dermaßen ein?
»Ein Freund von mir ist nach Qal’at Garnata im Al-Andalus gereist und ist dort als Gelehrter tätig«, erklärte Jared kauend. »In seinem letzten Brief schrieb er mir, dass er einige wunderbare Schriftrollen gefunden hat, die aus der Bibliothek von Alexandria stammen könnten. Vielleicht sollten wir ihm einen Besuch abstatten.«
»Und uns beim Studium der Schriftrollen lange weiße Bärte wachsen lassen«, spottete Belemoth, der mit dem geschriebenen Wort nicht viel anfangen
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