Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
deines Hauses. Außerdem verstehe ich nicht, warum du Laurina nicht begleiten willst. Ihr seid doch sonst ein Herz und eine Seele.«
»Laurina ist nicht auf meine Hilfe angewiesen«, gab Gabriel zurück, doch Verlegenheit rötete seine Wangen.
Auf einmal wich alle Heiterkeit aus Sayds Gesicht. »Das mag stimmen, dennoch sollten wir vorsichtig sein. Malkuth hat vor drei Jahren einen ganzen Beduinenstamm niedergemetzelt. Meinen Stamm.«
»Hast du denn Gewissheit, dass er es war?«
Sayd stellte seinen Teebecher wieder ab. »Nein. Aber man muss einem Beduinen schon sehr viel Angst einjagen, wenn er den Angreifer als Schaitan bezeichnet.« Der vertraute goldene Schimmer flammte in seinen Augen auf. »Ich wünschte, ich wüsste, wo sich diese feige Ratte verkrochen hat.«
»Und deine Visionen?«, fragte Gabriel.
Sayd schüttelte den Kopf. »Die geben nur Aufschluss über das Schicksal eines schützenswerten Menschen. Sollte Malkuth an diesem Menschen interessiert sein, werde ich es erfahren, ansonsten ist die Spur des Emirs vor mir verborgen.«
Beklommenes Schweigen erfüllte den Raum.
»Wir haben keine Angst vor Malkuth«, sagte ich schließlich. »Ich habe ihn schon einmal besiegt, und sollte er dieFrechheit besitzen, hier aufzutauchen, werde ich ihn wieder besiegen.«
»Das hoffe ich, Sayyida«, entgegnete Sayd besorgt. »Doch es wäre mir wirklich lieber, wenn ich alle Mitglieder der Bruderschaft an einem Ort wüsste. Überlegt euch, ob ihr nicht doch bei uns leben wollt. Immerhin habt ihr jetzt einhundert Jahre an diesem Ort verbracht.«
Während ich in Gabriels Blick deutlichen Widerwillen gegen Sayds Vorschlag lesen konnte, nahm unser Anführer den Teebecher auf und trank einen Schluck. Als hätte das würzige Aroma des Tees sein Gemüt erhellt, verschwand der Schatten von seinem Gesicht, und seine Augen nahmen wieder ihr natürliches Dunkelbraun an.
»Der eigentliche Grund meines Kommens ist aber fröhlicher Natur«, sagte er. »Der Jahrestag unseres Zusammenschlusses nähert sich wieder einmal. Und wenn ich mich nicht verzählt habe, bist du mit dem Ausrichten des Festes an der Reihe.«
Gabriel lächelte breit. »Ihr sollt uns willkommen sein. Aber erwartet keine Großtaten meiner Küche.«
»In el-Nefud haben wir hungrig in einem zugigen Turm gesessen«, spielte Sayd auf unsere Gründung nach der Flucht aus Malkuths Felsenburg an und machte eine ausladende Handbewegung. »Dein Haus ist ein Palast dagegen und deine Küche voller Köstlichkeiten! Außerdem wird ein Aufenthalt am Meer für die anderen eine willkommene Abwechslung sein.«
Sayd blieb, bis die Sonne als rot glühender Ball dem Horizont entgegensank. Wir schwelgten in Erinnerungen und philosophierten darüber, was wohl in den kommenden Jahrhunderten geschehen würde. Die Fortschritte der Menschheit waren noch immer recht klein, weder Kriege noch Intoleranzwaren besiegt. Für den wahren Glauben wurde noch immer gekämpft und gestorben. Doch wer, wenn nicht wir, die alle Zeit der Welt hatten, sollte dafür sorgen, dass sich etwas veränderte? Auch mit kleinen Schritten bringt man einen Weg hinter sich, hieß eine Weisheit der Beduinen, und an diese hielten wir uns.
»Bei Vollmond werden wir hier sein.« Sayd umfasste Gabriels Unterarm und verneigte sich leicht, bevor er sich mir zuwandte. »Leb wohl, Sayyida.«
»Nenn mich doch nicht so!«, entgegnete ich vorwurfsvoll. »Ich bin keine Herrin.«
»Aber das Kostbarste, das unsere Bruderschaft besitzt.« Er nahm meine Hände in seine und berührte sie mit seinen Lippen.
Als er sich umwandte und zum Tor ging, schoss mir in den Sinn, dass Sayd vielleicht eine Erklärung für die Vorgänge in der vergangenen Nacht hatte.
Ich löste mich von Gabriel und folgte ihm zum Tor.
»Was gibt es, Sayyida?«, fragte er lächelnd.
»Du bist doch schon über hundert Jahre alt«, begann ich zögerlich.
»Sehr viel älter als hundert«, antwortete er.
»In der vergangenen Nacht war es wieder so weit ...«
Sayd nickte. »Ich verstehe, das Elixier ...«
»Ja, und etwas war seltsam daran.« Ich blickte zurück zu Gabriel, der gerade zum Pferdestall ging. »Gabriel meinte, mein Atem habe ausgesetzt. Er hatte Sorge, dass ich sterben würde. Das ist mir noch nie zuvor passiert.«
Sayd tätschelte die Mähne seines Pferdes, dann legte er die Zügel um einen der Steine. »Gehen wir ein Stück, Laurina.«
Der Ernst in seiner Stimme beunruhigte mich. Schweigend schritten wir durch den Sand in Richtung
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