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Sepp und seine Bande

Sepp und seine Bande

Titel: Sepp und seine Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Hoefling
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belehrte ihn Brillenschlange, „sonst kannst du noch bis nächstes Jahr hier stehn und wählen.“
    Richtig, das hatte der dicke Willem in der Erregung völlig vergessen. Er knuffte Brillenschlange vor den Bauch und grunzte:
    „Na, gib schon her!“
    „Was?“
    „Die beiden Groschen — was denn sonst?“
    „Warum gerade ich?“
    „Weil ich kein Geld dabeihabe“, behauptete der dicke Willem. „Jedenfalls nichts Kleines.“
    „Ich — ich...“
    Brillenschlange druckste herum, doch Willem fuhr ihn an:
    „Wird’s bald?“
    „Hier“, zischte Brillenschlange, während er in der Hosentasche herumfummelte. „Hier habe ich zufällig gerade noch zwei Zehner gefunden.“
    Brummend nahm der dicke Willem die beiden Münzen entgegen, steckte sie in den Geldschlitz und wählte die Nummer 233607, die Brillenschlange ihm noch einmal vorsagen mußte. Es war ein feierlicher Augenblick, als die Nummernscheibe zum letztenmal surrte und das Amtszeichen aus dem Hörer klang.
    Willem spürte, wie seine Hand, die den Griff des Hörers hielt, klebrig wurde. So einfach war es doch nicht, in der Höhle des Löwen anzurufen, wenn man ein schlechtes Gewissen hatte. Und gar sein eigener Vater zu sein — das war doppelt schwer!
    „Der ist gar nicht zu Hause“, meinte Flöhchen, nachdem das Amtszeichen bereits dreimal getönt hatte, ohne daß sich jemand gemeldet hatte.
    „Klar ist der zu Hause“, behauptete Georg. „Vor fünf Minuten hat er uns doch noch die Sache mit dem Ball nachgeschrien!“
    Männe griente.
    „Vielleicht ist er schwerhörig“, meinte er.
    „Quatsch!“ Flöhchen hustete. „Der thront gerade auf dem Klo.“
    Die enge Fernsprechzelle hallte wider von dem grölenden Gelächter der Jungen. Unwirsch winkte der dicke Willem ab: Es war ihm, als habe er es in der Leitung knacken gehört.
    Tatsächlich, er hatte sich nicht getäuscht! Eine nur allzu bekannte, tiefe Stimme meldete sich mit dem rollenden R der Bayern:
    „Hier Dallmayer!“
    Der dicke Willem schluckte schwer, als habe er einen Kloß im Halse stecken, und dann röhrte er mit verstelltem Kellerbaß:
    „Hier — hier spricht Schmitz. Herr Schmitz!“ Urplötzlich war es mäuschenstill im Fernsprechhäuschen, so still, daß einem selbst das Atmen laut vorkam.
    „Ich — eh —begann der dicke Willem stammelnd, um dann im nächsten Augenblick enthemmt als Herr Schmitz fortzufahren: „— eh — mein Sohn hat mir eben erzählt, daß Sie ihm seinen Fußball abgenommen haben. Einen neuen Fußball! Und Sie hätten gesagt, Sie wollten ihm denselben nicht wieder herausrücken. Ja, das hat er mir erzählt, und mein Sohn lügt nicht. Das geht natürlich nicht — eh — ich meine, daß Sie meinem Sohn so ohne weiteres den Ball abnehmen. Und was noch schlimmer ist, daß Sie ihn auch noch behalten wollen. Das ist Diebstahl — jawohl, Diebstahl! Auch wenn Ihre Fensterscheibe kaputt ist, das hat damit nichts zu tun. Nicht die Bohne, nein! Scheibe und Ball sind zweierlei! Mein Sohn jedenfalls war es nicht, und deshalb dürfen Sie auch nicht seinen Ball behalten. Man kann doch niemanden für etwas bestrafen, was er nicht verbrochen hat. Auch Sie dürfen das nicht, Herr Dallmayer! Haben Sie mich verstanden?! Hallo — hallo? Sind Sie noch am Apparat...?“
    „Jo, natürlich“, klang es am andern Leitungsende mit bayerischer Bierruhe.
    Diese Gelassenheit verwirrte den dicken Willem, und er stotterte, als er sich erkundigte:
    „Wa-warum sagen Sie denn nichts?“
    „I hör zu.“

    Der dicke Willem hatte sich im Nu wieder gefangen und blies jetzt seinem Gesprächspartner den Marsch wie einem armen Sünder. Man hätte vermuten können, der Hausmeister habe etwas ausgefressen und nicht er.
    „Dann sehn Sie also Ihr Unrecht ein!“ wetterte der dicke Willem mit der Stimme von Herrn Schmitz. „Gut, sehr gut! Und lassen Sie sich das eine gesagt sein, Herr Dallmayer: So können Sie hier als neuer Hausmeister nicht auftreten. Nein, auf keinen Fall! Sie werden von uns allen bezahlt, um die Hausgemeinschaft zu betreuen, und nicht, um uns alle zu schikanieren und sämtliche Fußbälle zu kassieren. Übrigens, um auf den Fußball zurückzukommen“, rief Willem so erregt, daß seine Stimme überschnappte und vorübergehend wie seine eigene klang: „Es ist Ihnen doch wohl hoffentlich klar wie Kloßbrühe — eh — “ Er stockte erschrocken und fuhr wieder als Herr Schmitz fort: „Eh — ich meine klipp und klar, daß Sie den Fußball sofort herausrücken, sonst werde

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