Septemberblut
Holzklinge über meine Arme gleiten.
Merkte sie denn nichts?
Merkte sie denn wirklich nicht, was geschah?
Ich schrie wieder, bis ich von meinen eigenen Schreien taub wurde.
Der Schmerz war unerträglich, und es gab nichts, womit ich ihm entkommen konnte. Ich hätte alles gestanden, meine Mutter und Gott verflucht, den Teufel angebetet, alles. Doch niemand verlangte so etwas von mir.
Das Einzige, was Gordon von mir wollte, war, mich leiden zu sehen.
»Oh Gott, erbarme dich!«, flehte ich.
Gordon lachte und lachte, während Amber das Messer über mein Herz legte.
Als ich glaubte, nichts mehr ertragen zu können, hörten die Schmerzen plötzlich auf.
Kapitel50
Ich öffnete meine verweinten Augen und sah, dass Amber zurückgetreten war. Wie ein Soldat stand sie dort, kerzengerade, die Hände mit dem Messer hinter dem Rücken verschränkt.
Gordon war bei mir und leckte das Blut in langen, genießerischen Zügen von meinen aufgerissenen Handgelenken.
Es war unglaublich, aber mein Körper, der noch vor einem Augenblick in Flammen gestanden hatte, war völlig unversehrt. Einzig an Hand- und Fußgelenken, wo ich in meiner Verzweiflung gegen die Ketten gekämpft hatte, zeigten sich offene Stellen.
Gordon widmete sich meinem anderen Handgelenk. »Ich kann deine Angst und deinen Schmerz schmecken, Lawhead. Es ist wunderbar.«
Ich legte den Kopf zur Seite und bot ihm meine Kehle. »Trink dich satt und dann bring es zu Ende. Bitte! Ich flehe dich an!«
Gordon sah auf und lächelte mit geröteten Zähnen. »Warum sollte unser Spiel schon heute enden, Julius? Warum, wenn es immer und immer weitergehen kann?«
Dass sich dies noch Tage oder gar Wochen hinziehen sollte, ging über meine Vorstellungskraft. »Du bist ein verdammtes Schwein, Gordon, ein perverses Monster!«
»Sind wir das nicht alle?«, lachte er und leckte sich die blutigen Lippen.
»Jetzt ist Amber wieder an der Reihe.«
Diesmal schrie ich schon, bevor mich das Messer berührte.
Ich rief nach Curtis, nach meinem Schöpfer, nach Gott, nach dem Teufel.
Curtis erhörte mich. Als mein Körper verbrannte, war er plötzlichda. Ich fühlte seine Energie nahen wie einen kalten Strudel.
Gordon fluchte und versuchte, Curtis abzuwehren.
Das Messer stellte seine Wanderung ein. Amber blieb mit hängenden Armen stehen und erwartete neue Befehle.
Gordon schrie wütend auf. Er konnte Curtis’ Kraft nichts anhaben. Kurzerhand brach er meine Folter ab und kommandierte Amber hinaus.
Ich blieb zurück mit dem rettenden Gefühl, nicht alleine zu sein.
Beinahe glaubte ich Curtis’ Hände zu spüren, kalt waren sie, kalt und weich. Sie trieben das Feuer aus meinem Leib, bis ich in einem See aus Eis zu schwimmen glaubte.
»Bring es zu Ende«, weinte ich und zitterte am ganzen Leib. »Mach, dass sie nicht wiederkommen!«
» Ich kann dich nicht erlösen « , flüsterte Curtis mit sanfter Stimme, und seine Worte schwebten körperlos im Raum. » Ich habe dich erschaffen, aber du bist zu alt, zu weit weg. Dich zu töten liegt nicht in meiner Macht. «
Tränen rannen über meine Wangen. Ich hatte mich vollkommen aufgegeben.
Mein Meister spürte es. » Es tut mir so leid, Julius .«
»Wenn du es könntest, würdest du es tun?«
» Wenn ich es könnte, ja. Wenn du mich darum bitten würdest. «
»Oh Gott, Curtis, es tut so weh!«
» Ich werde bei dir sein, sobald du mich rufst. «
»Verlass mich nicht, bitte«, wimmerte ich, aber Curtis’ Geist verließ mich dennoch.
Obwohl es wahrscheinlich erst kurz vor Mitternacht war, hatte ich jedes Zeitgefühl verloren. Ich fiel in einen matten Erschöpfungsschlaf, doch die Ruhe währte nicht lange.
Gordon kehrte zurück und mit ihm Amber und das Messer.Sie ließen mich leiden, wenige Minuten, die unter der Folter zu Ewigkeiten wuchsen.
Dann erfüllte Curtis’ Präsenz den Raum, und sie verschwanden wieder.
Dieses Spiel wiederholte sich, bis der Morgen nahte.
Als der Lichtschacht silberne Muster auf den Boden malte, betrat Ann die Kammer.
Ich war kaum noch bei Bewusstsein, deshalb wurde mir auch erst sehr spät klar, was sie tat. Ein kühles Tuch lag in meinem Nacken. Sie hatte mir das Gesicht gewaschen und kaltes Wasser über meinen brennenden Körper gegossen.
»Was soll das?«, krächzte ich, die Stimme heiser vom Schreien.
Sie sah mich nicht an, sondern drückte geschäftig das Tuch aus, dann starrte sie auf ihre schlanken Hände. »Gordon will, dass du noch lange durchhältst.«
Sie ließ den ausgewrungenen
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