Septemberblut
jetzt noch betörend.
»Oh Gott, was tust du?«, wisperte ich und versuchte, ihren Blick zu fangen. »Amber, warum?«
Sie schmiegte ihr Gesicht in meine linke Hand, die von dem Eisenring an fast jeder Bewegung gehindert wurde. Meine Fingerspitzen tasteten sehnsüchtig über ihre Wange, ihre Brauen.
Amber stellte sich auf die Zehenspitzen, und ich spürte ihren Atem an meinem Hals. »Was ich mache?«, hauchte sie. »Ich nehme Abschied von deinem schönen Körper, Julius, dennin einigen Stunden wirst selbst du ihn nicht mehr wiedererkennen.«
Sie flüsterte die Drohung in mein Ohr wie eine Liebeserklärung. Dann stieß sie sich plötzlich ab und stand wieder an Gordons Seite, den Blick kalt und fern.
Das ist nicht sie, das ist nicht meine Amber, wiederholte ich wieder und wieder.
»Nun, wie gefällt dir die kleine Vorführung bis jetzt?«, fragte Gordon und bleckte grinsend die Zähne.
»Du hast unsere Abmachung gebrochen«, fauchte ich. »Du hattest mir dein verdammtes Wort gegeben!«
»Die Bedingung war Ambers Unversehrtheit, und unversehrt, das ist sie. Ich habe sie nach Hause gehen lassen, und sie ist freiwillig zurückgekehrt.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt, Gordon.«
»Frag sie.« Er wies mit einer großzügigen Geste in Ambers Richtung.
»Das brauche ich nicht, wenn deine Gedanken ihre Worte vergiften.«
»Dann haben wir ja alles geklärt.« Gordon sah sich zur Tür um, als erwarte er jemanden.
Ich spürte, wie er seine Kraft nutzte und Verbindung zu einem seiner Clanmitglieder aufnahm.
Ich hatte mich selten so hilflos gefühlt. Rastlos bewegte ich die Finger.
Die Fesseln zerrten meine Arme auseinander und die ungewohnte Haltung ließ die Muskeln taub werden. Mit jeder Bewegung schabte mein Hinterkopf über die Wand. Krümel lösten sich aus dem rauen Sandstein und fielen auf meine Haut. Ich schwitzte, obwohl es in dem Keller kühl war.
Wie aus dem Nichts tauchte Ann auf und mit ihr ein vages Gefühl von Panik. Sobald ich die Vampirin sah, wusste ich, was in der kleinen Bleikiste war, die sie trug.
Amberwandte sich um, als werde sie magisch davon angezogen.
»Du hast gedacht, es könnte nicht viel schlimmer kommen, was, Julius? Ich muss dich enttäuschen. Es geht noch viel, viel schlimmer.«
Amber öffnete die Bleikiste.
Als der Deckel angehoben wurde und die Magie ungehindert herausströmte, zuckte Ann zusammen. Das Gesicht der jungen Unsterblichen verkrampfte sich, als sie des Messers ansichtig wurde. Es ging beinahe über ihre Kräfte.
Mit einer perversen Faszination beobachtete ich, wie Amber die Macht der gesegneten Waffe in sich aufsog und sie zu ihrer eigenen machte. Die Magie zirkelte bald als ruhiger Fluss durch ihren Körper und bündelte sich in der Klinge. Amber und das Messer waren eins geworden. Eine perfekte Symbiose.
Ann starrte Gordon mit dem Blick eines geprügelten Tieres an. Ihre Hände mit der Kiste zitterten. Es bedurfte nur einer lapidaren Geste ihres Meisters, und sie floh aus dem Raum.
»Wir fangen schön langsam an«, sagte Gordon böse und gab meiner Geliebten ein Zeichen.
Sofort strahlte Energie aus dem Messer und zuckte wie ein Peitschenschlag über meine Haut. Ich stöhnte und biss mir auf die Lippen.
Weitere Energieschläge folgten, doch ich zwang die Zähne aufeinander. Kein Schrei, nicht ein einziger.
»Amber, er möchte mehr!«, dirigierte Gordon prompt.
Sie kam auf mich zu.
Das Messer spie erneut unsichtbare Energiefäden in meine Richtung. Sie waren stärker als die Peitschenhiebe zuvor, und ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, wie lange ich noch tapfer sein wollte und konnte.
Verzweifeltwarf ich meinen Kopf hin und her und knirschte mit den Zähnen, während die Höllenmagie über meine Haut fuhr. Zuerst waren es Tausende Nadelspitzen, dann Messer, zum Schluss glühende Kohlen. Ich schlug meinen Kopf gegen die Wand, doch ich konnte dem Schmerz nicht entkommen. Ich brannte, alles brannte.
Wo mich das Eisen einschnürte, riss ich mir in meinem sinnlosen Kampf die Haut auf. Es blutete und mit dem Blut verließ mich auch ein Teil meiner Kraft. Ich schrie aus vollem Hals, und sofort kroch das Feuer in meine Kehle, meine Lungen, mein Herz.
Amber stand jetzt direkt vor mir. Ich riss an meinen Fesseln, war besinnungslos vor Schmerzen und Angst, und die Pein steigerte sich immer weiter, immer weiter und erreichte Höhen, die ich nicht für möglich gehalten hatte.
Meine ehemalige Geliebte starrte mich aus kalten grünen Augen an und ließ die
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