Septemberblut
willst«, antwortete ich erleichtert, und Amber ließ die Waffe endgültig sinken. Wie soll ich das meinem Meister Curtis erklären?, fragte ich mich. Doch das war im Moment unwichtig.
Ich lebte!
Amber steckte das Messer ein. »Gib mir ein paar Minuten, Julius. Ich muss einen klaren Kopf bekommen.«
»Natürlich. Ich bin hier.«
Mit müden Schritten lief sie zurück zur Straße und setzte sich in Sichtweite auf den Bordstein.
Mirwar nur recht, dass sie nicht hier war. Es gab noch etwas zu erledigen.
Ich sah mich suchend um und ärgerte mich zugleich darüber, dass ich keine meiner Waffen mitgenommen hatte. Ein Messer hätte diese Konfrontation wesentlich einfacher gemacht. Auf dem Boden neben der schwarzen Brühe, die einmal ein Vampir gewesen war, fand ich, was ich suchte.
Eine Klinge, nicht viel länger als eine Handspanne, dafür mit Silberlegierung. Silber nahm einem Vampir die besondere Kraft der Unsterblichen.
Nach einem kurzen Blick zu Amber, die mir noch immer den Rücken zudrehte, ging ich zu dem, was von dem blonden Vampir übrig war. Ich wollte ein für alle Mal sichergehen, dass mir der Hüne nicht noch einmal das Leben schwermachen würde, denn wenn sein Meister früh genug hier eintraf, würde er ihn eventuell noch retten können.
Extremer Blutverlust war für junge Vampire zumeist tödlich, aber eben nicht immer.
In all den Jahren, die ich auf der Erde verbracht hatte, war ich genug Stehaufmännchen begegnet, um hundertprozentig sicher sein zu wollen. Ich kniete mich neben den reglosen Körper, setzte das Messer unter den Rippen an und rammte es ohne mit der Wimper zu zucken bis zum Heft hinein. Das Herz war durchbohrt. Der Vampir hatte sich nicht geregt. Ich ließ das Messer stecken und zerrte den Leichnam in den Schatten einiger Büsche. Er hinterließ eine breite Blutspur, doch die ersten Sonnenstrahlen würden sie zu Asche vergehen lassen.
Der Tote selbst würde nur langsam und schwelend verbrennen. Darauf wollte ich es nicht ankommen lassen und tippte eine kurze Nachricht in mein Handy. Die Clans hatten Leute dafür.
Kapitel9
Amber hockte auf dem Bordstein. Mit den Armen umklammerte sie ihre Knie. Sie hatte gesehen, wie Julius sich über den Toten gebeugt hatte, und auch die Klinge. Ein kurzes Aufblitzen von Metall, bevor sie mit einem dumpfen Geräusch in dem Körper verschwunden war. Er war routiniert vorgegangen, wie ein professioneller Mörder, und doch ließ es sie auf eine seltsame Weise kalt.
»Oh Gott, bitte lass das alles nicht wahr sein!«, seufzte sie leise und rieb sich die Augen.
Ihr Blick fiel wieder auf das Messer, das merkwürdige hölzerne Ding. Es lag neben ihr auf dem Bordstein. Kein Zweifel, das war die Waffe, auf die sich Frederiks geheimnisvoller Brief bezog. Die Stimme, die darin erwähnt wurde, hatte sie deutlich gehört. Töten! Sie sollte den Vampir töten, und genau das hatte sie getan.
Amber sah auf ihre Hände. Jetzt waren es Mörderhände, und doch sahen sie aus wie vorher. Kein Spritzer Blut klebte daran. Andererseits hatte sie sich doch nur verteidigt, oder? Sie beide hatten es getan.
Was auch immer Frederik sich dabei gedacht hatte, ihr das Messer zu vererben, sie konnte es nicht benutzen. Wenn sie daran dachte, wie der junge Vampir geschrien hatte, als ihn das Messer berührte, und wie die Waffe dann plötzlich Ambers Arm geführt und immer wieder auf den Mann eingestochen hatte … Nein, um nichts in der Welt würde sie das ein zweites Mal tun!
Ihren Körper durchlief ein Zittern. Heiß und kalt im Wechsel. Die Hoffnung, dass dies ein Alptraum war und sie einfach daraus erwachen würde, hatte sie schon längst aufgegeben.
Alssie sich umsah, waren Julius und auch der Tote verschwunden. Mit einem Sprung war sie auf den Beinen. Amber wollte jetzt nicht alleine sein. Selbst wenn ihre einzige Gesellschaft aus einem blutrünstigen Vampir bestand.
Sie hob das Messer auf, steckte es in ihre Handtasche und ging einige Schritte über den Hof. »Julius?«
Da war er. Er beugte sich mit nacktem Oberkörper über eine Regentonne und wusch sich Gesicht und Hals. Seine Bewegungen waren steif, als hätte er Schmerzen. Amber trat näher und entdeckte große Blutergüsse auf der bleichen Haut. Einer hatte die deutliche Form des Schlagrings. Sie erinnerte sich wieder an den Kampf mit dem Rocker.
Kein normaler Mensch hätte die Prügel überlebt, die Julius eingesteckt hatte.
Kein Zweifel, wenn diese Männer sie alleine aufgespürt hätten, wäre sie jetzt
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