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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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klassisch elegant und zeitlos. Ein Blick in den Spiegel zeigte, dass die Schwellungen und Blutergüsse in meinem Gesicht verschwunden waren. Eine dünne Kruste zog sich durch meine Augenbraue, und nur der Wangenknochen und die Rippen schmerzten noch ein wenig. Morgen würden auch die restlichen Spuren des Kampfes verschwunden sein.
    Als ich schließlich den Weg nach oben antrat, fühlte ich durch das Siegel, dass Amber ruhiger geworden war. Ich öffnete vorsichtig die Tür und spähte hinaus.
    Sie saß mit dem Rücken zu mir auf dem Rasen und schaute zum Teich, auf dessen schattenblauem Wasser Seerosen trieben.
    Leise trat ich in die noch junge Nacht. Die Tür schloss geräuschlos, das häufige Ölen der Scharniere war die Mühe wert gewesen. Ich ging die drei Marmorstufen hinunter und brachte einige Schritte Abstand zwischen mich und mein Mausoleum, um ihre Aufmerksamkeit nicht auf das Versteck zu lenken.
    »Guten Abend, Amber«, sagte ich schon aus einiger Entfernung, um sie vorzuwarnen. Sie zuckte dennoch wie vom Blitz getroffen zusammen und war im nächsten Augenblick auf den Beinen.
    »Julius!«
    »Keine Angst, ich will dich nicht fressen«, sagte ich und hob beschwichtigend die Hände.
    »Schlechter Scherz.«
    »Ich weiß, sorry. Du machst mich nervös.«
    Ambers Gesicht war wie versteinert. Sie hatte sich die Haare streng nach hinten gebunden, trug enge Jeans und ein Top, beides schwarz. In ihrem Gürtel steckte das Messer, wütend und selbstbewusst, als sei es bereits zu einem Teil von ihr geworden.
    »Darf ich näherkommen?«, fragte ich und hörte in meinen Worten die eigene Unsicherheit mitschwingen.
    »Ich weiß nicht, Julius.« Amber schien hin- und hergerissen.
    Würde sie mich umbringen wie gestern den anderen Vampir? Meine Instinkte schrillten Alarm und übernahmen für einen Augenblick die Oberhand.
    »Gut, dann gehe ich lieber«, sagte ich. Sollte sich Curtis doch selber mit ihr herumschlagen. Das Experiment war missglückt. Kein Vampir konnte durch seinen Diener das Messer führen. Die Waffe war dafür einfach zu stark. Sie fraß unsere Magie auf und uns gleich mit.
    Ich wollte nicht gehen, aber meine Füße wählten die Richtung von alleine.
    »Bleib, bitte.« Ihre Stimme klang von hinten an mein Ohr.
    »Versprich mir, dass du das Messer aus dem Spiel lässt, und ich schwöre, dir nichts zu tun«, sagte ich vorsichtig.
    »Ich verspreche es. Solange du nichts machst, was ich nicht will.«
    »Okay«, sagte ich ruhig und versuchte so menschlich wie möglich zu wirken. Ich wollte ihr keine Angst machen, ganz im Gegenteil.
    Ambernickte erleichtert. Die Anspannung verließ ihren Körper, und mit einem Mal kehrte das Leben in sie zurück. Das war wieder sie, zumindest ein bisschen. Das Messer hatte seinen Einfluss verloren.
    Ich tat den ersten Schritt, dann gingen wir aufeinander zu, bis wir direkt voreinander standen, so nah, dass sich unser Atem mischte.
    »Schön, dass du gekommen bist«, sagte ich leise.
    Sie schwieg und musterte mich, mein Gesicht, meine Augen.
    Ich wünschte, ich hätte die Zeit zurückdrehen können. Ich wünschte, wir hätten uns unter anderen Umständen kennengelernt.
    Wie gerne hätte ich jetzt ihre Sommersprossen geküsst, jede einzelne, und meine Lunge bis zum letzten Winkel mit dem Duft ihrer Haut gefüllt.
    »Du bist zu früh.« Das war alles, was ich herausbrachte.
    »Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten. Das ganze Haus ist voller Leute, die meisten kenne ich noch nicht einmal! Und jeder will mit mir reden. Aber ich mag das nicht, ich kann das nicht. Nicht so. Ich halte es einfach nicht aus, ich … ich …« Sie rang nach Atem.
    »Amber.«
    »Und dann noch das Messer. Das ist alles zu viel für mich, Julius. Du, deine Art, deine ganze Welt. Verdammt!«
    »Ich weiß, dass es schwer ist.«
    »Nichts weißt du. Du machst mir Angst.«
    Bestürzt blickte ich in ihre Augen. Sie sprach die Wahrheit, sie fürchtete sich beinahe zu Tode. Aus ihrer Haut stieg der verführerische Duft von Beute.
    Irritiert kämpfte ich meinen Jagdtrieb hinunter und nutzte das Geschenk meiner Gattung, auch wenn ich versprochen hatte, es nicht zu tun. Wie selbstverständlich erhobsich ein kalter Hauch in mir. Eine Kraft, die ich seit dem Beginn meiner Existenz geschult hatte. Sie war in der Lage, meine Beute zu betäuben und ihr Vergessen zu schenken.
    Jetzt konzentrierte ich sie auf Amber. Wie ein feiner Regen perlte die Magie auf ihre Haut, wusch die Angst davon und weckte Begehren in ihr.

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