Septemberblut
verlockend leuchtete. Es war schon nach zwei, aber die Nacht war Julius’ Tag. Sie konnte ihn anrufen und darum bitten, sich mit ihr zu treffen. Er würde sicher kommen. Der Vampir vermisste sie, das war nicht zu übersehen gewesen.
Außerdem würde sie ihn nach Frederik fragen können. Seine Worte hatten Hoffnung geweckt.
Erneut huschte Ambers Blick zum Telefon. Nein, sie durfte nichts übereilen.
Im Lafayette erlebte Steven die gleiche Show wie ich, als ich von Curtis getrunken hatte.
Kathryn brannte vor Eifersucht. Mich wagte sie nicht herauszufordern, weil ich klar über ihr stand. Was ihr blieb, waren Sticheleien und schlecht über mich zu reden, beides Dinge, die mich nicht allzu sehr berührten.
Bei Steven sah die Sache anders aus. Als Ältere konnte sie ihm Befehle erteilen, und sie würde sich sicherlich einige unangenehme Dinge einfallen lassen, um ihn zu schikanieren.
Der Meister sagte nichts zu unserem kleinen Wettstreit. Erkannte die Zwistigkeiten, seit er Kathryn und mich vor langer Zeit geschaffen hatte.
Curtis hörte sich meine Ausführungen zu Frederiks Auftauchen an, doch auch ihm blieb die Geschichte ein Rätsel.
Wir überlegten, was Gordon damit bezwecken konnte. Besonders stutzig machte mich, dass Ambers Bruder kein Vampir war. Was dann? Vielleicht war er auch so schwach, dass ich seine Energie einfach nicht wahrgenommen hatte.
Aber auch das ergab keinen Sinn.
Ich hatte Frederik damals gesehen. Er hatte mindestens eine halbe Stunde tot auf der Straße gelegen und war dann in die Pathologie gebracht worden. Niemand, der so lange tot war, konnte als Vampir wiederauferstehen.
In meiner langen Zeit an Curtis’ Seite hatte ich bei einigen Erweckungen zugesehen oder assistiert. Wenn der Sterbliche nicht Minuten nach dem letzten Herzschlag das Blut des Schöpfers eingeflößt bekam, dann war es zu spät. Aus und vorbei, endgültig tot.
Zwei Erweckungen waren in all der Zeit schiefgelaufen. Bei der ersten war zu spät und zu wenig Blut gegeben worden, bei der anderen hatte die Formel gefehlt. Der erste Vampir war einfach nicht erwacht, der zweite war ohne Verstand zurückgekommen und ich hatte ihn töten müssen, bevor er sich auch nur das erste Mal erheben konnte.
Was also war aus Frederik geworden? Mittlerweile begann ich an meiner eigenen Erinnerung zu zweifeln. Vielleicht hatte ich ihn ja auch schlichtweg verwechselt?
Ich verließ die Zuflucht, ohne Antworten gefunden zu haben. Steven brachte mich zurück nach Hollywood und wollte am liebsten bei mir bleiben. Er fürchtete sich davor, in der Zuflucht auf Kathryn zu treffen.
Ich wusste, dass sie einem das Leben zur Hölle machen konnte.Sie war einer der Gründe, weshalb ich das Lafayette verlassen hatte und alleine lebte.
Der Sarkophag, den Curtis verwendet hatte, stand noch immer neben meinem, und so ließ ich zu, dass Steven bei mir blieb.
Sobald die Sonne den Horizont berührte, war es für den jungen Vampir so weit. Er hatte sich schon eine Weile vorher hingelegt, als sei seine Ruhestätte kein Sarg, sondern ein kuscheliges Bett.
Ich saß auf der steinernen Kante und unterhielt mich mit ihm. Wie konnte er sich nur so kindlich wohlfühlen in diesem engen Gefängnis? Aber auch für mich war ein Sarg einmal der sicherste Ort der Welt gewesen. Bis ich das halbe Jahr darin eingesperrt worden war. Seitdem ängstigte mich auch nur der Gedanke daran. Ich verdrängte die Erinnerung, die unweigerlich daran gekettet war: Maries Tod.
Steven wurde ruhig. Es begann.
Diesmal war ich derjenige, der dem anderen beim Einschlafen zusah, wenn man dieses Erstarren und In-sich-Zusammensinken denn so nennen will.
Die Lähmung kroch seine Füße aufwärts, bis auch sein Mund in halboffener Stellung erfror. Er lächelte wie eine Mumie. Mir grauste vor dem Anblick.
Wenn ich mir vorstellte, dass das Gleiche mit mir geschah! Dass auch meine Haut einfiel und verhärtete wie altes Wachs.
Hastig schob ich den Deckel auf Stevens Sarg. Ich konnte seinen Anblick keine Sekunde länger ertragen. In plötzlicher Wut über meine verdammenswerte Existenz nahm ich den Schädel vom Tisch neben meinem Sarg und schleuderte ihn gegen die Wand. Er zersprang.
Die Trümmer lagen überall auf dem Boden. Der Anblick war ernüchternd. Ich sammelte die Knochenstückchen auf, fegteden Rest zusammen und warf alles in einen der ungenutzten Särge in der Kammer.
Meine Zeit war noch immer nicht gekommen. Rastlos ging ich in dem Raum auf und ab. Nichts würde mich dazu
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