Septemberblut
sprang auf, wusch auch mir das Blut ab, dann gingen wir Arm in Arm zurück. Ich lachte noch immer.
»Ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen.« Steven hüpfte aufgeregt an meiner Seite. »Wenn du was brauchst, für dich mache ich alles«, sagte er mit erwachendem Ernst.
»Ich werde vielleicht darauf zurückkommen, mein Kleiner«, antwortete ich und brachte wieder Unordnung in sein Haar. »Ich hoffe nur, dass Curtis nicht eifersüchtig wird.«
Er sah mich erschrocken an. Steven war durch die Blutgabe enger an mich gebunden worden als an sonst einen Vampir neben dem Meister. Und wenn ich irgendwann einmal doch auf die Idee kommen sollte, eine eigene Camarilla zu gründen, würde ich ihn vielleicht mitnehmen. Vorausgesetzt, Curtis erlaubte es mir. Es war teuer, einen Unsterblichen aus dem Einfluss seines Meisters freizukaufen, doch ich warmir sicher, dass Curtis mit sich reden ließe. Er hatte es mir sogar wiederholt angeboten. Das letzte Mal vor nicht mehr als drei Monaten.
»Gründe eine eigene Camarilla«, hatte er gesagt. »Du bleibst unter meinem Schutz und im Clan, und wenn du keine eigenen Vampire schaffen willst, bitte mich um einen und ich entscheide, ob ich ihn dir gewähre.«
Curtis’ Überlegungen waren nicht so selbstlos, wie es auf den ersten Blick schien. Wenn ich nicht mehr als normaler Vampir, sondern als Meister in seinem Clan war, bedeutete es einen gewaltigen Machtzuwachs für ihn, und nicht nur das. Mit mir als Meister aus seiner eigenen Linie stellte er unter Beweis, was für mächtiges Blut er besaß. Bislang hatte er nur Kathryn, aber das lag einzig an meiner Weigerung.
Kapitel21
Amber lag in ihrem Bett und starrte vor sich hin. Die CD war schon lange zu Ende. Jetzt war es sehr still im Haus.
Wie ein fernes Rauschen konnte sie den Verkehr des Sunset Boulevard hören. Die Straßen waren die Lebensadern der Stadt, der Verkehr ihr nie verstummender Herzschlag.
Das Fenster stand offen und kühle Nachtluft strömte hinein. Obwohl ihre zwei Zimmer direkt unter dem Dach lagen und im Sommer unerträglich heiß wurden, schaltete Amber die Klimaanlage so selten wie möglich ein.
Das monotone Brummen und der seltsame Geschmack der gekühlten Luft behagten ihr nicht. Jetzt blähte Wind die Vorhänge.
SeitStunden schon versuchte sie einzuschlafen. Je öfter sie sich ermahnte, dass sie morgen wieder früh rausmusste, desto unmöglicher wurde es ihr, Ruhe zu finden. Ihre Gedanken jagten wild durcheinander.
Julius’ Auftauchen hatte sie völlig aus der Bahn geworfen.
Sie konnte noch immer nicht glauben, was er gesagt hatte. Frederik lebte! Oder zumindest lief er durch die Gegend und stellte Julius nach. Das war so unglaublich, dass es eigentlich nur wahr sein konnte.
Oder hatte Julius sich das alles nur ausgedacht, um einen Vorwand zu haben, sie wiederzusehen?
Sie musste sich eingestehen, dass es schön gewesen war, den Vampir zu treffen. Sehnsüchtig rief sie sich ihre Begegnung noch einmal ins Gedächtnis.
Er stand im Garten und sah ganz verloren aus. Barfuß im Gras unter ihrem Lieblingsbaum, mit einem Glas Limonade in der Hand, von dem er offensichtlich sogar hatte trinken müssen, um vor Charly den Schein zu wahren.
Wütend schlug sie mit der Hand auf die Matratze. Sie wollte es nicht und konnte trotzdem nicht verhindern, plötzlich Julius’ Lächeln vor sich zu sehen. Es war schön und gefährlich. Vier strahlendweiße, spitze Zähne, zwei lang, zwei fast so kurz wie normale Schneidezähne. Das Lächeln eines Vampirs.
Seit Amber unfreiwillig Blut mit ihm getauscht hatte, waren sie eins, hatte Julius gesagt, und das Siegel scherte sich nicht darum, ob sie den Vampir hasste oder liebte.
Ich will ihn nicht, es hat sowieso keinen Sinn!, versuchte sie sich zu überzeugen.
Als er wie hingezaubert in ihrem Garten stand, hätte Amber Julius am liebsten sofort umarmt, geküsst und sich so lange an ihn gedrückt, bis sich der Duft ihrer Haut vermischte.
Abersie war stark geblieben. Sie hatte noch nie einem Mann eine zweite Chance gegeben. Wozu auch? Wer einmal betrog, tat es wieder, und wer ihr Vertrauen brach, den würde sie nie wieder so lieben können wie zuvor. Wozu also eine zweite Chance?
Es ist nur vertane Zeit auf der Suche nach dem Richtigen, dachte sie trotzig.
Doch dann schlichen sich wieder Julius’ Augen in ihre Gedanken, seine schönen braunen Augen, in denen es noch so viel zu entdecken gab.
Ambers Blick huschte zu ihrem Nachttisch, wo das Display ihres Handys
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