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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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frisches Verbandszeug und drückte mir ein paar Schlüssel in die Hand. Es waren die Schlüssel zu seinen Gemächern.
    »Geht runter. Dort unten bist du sicher, Julius. Ich kümmere mich jetzt um Steven.«
    »Und er kommt wirklich durch?« Ich konnte es mir nicht so recht vorstellen. Steven war so jung, seine Magie noch so schwach.Doch Curtis war zuversichtlich. »Mach dir keine Sorgen. Liliana Mereley kommt auch noch. Die Kraft zweier Clanmeister sollte reichen, um den Jungen zurückzuholen.«
    Ich nickte. Wenn Liliana kam, würden sie wirklich mehr als genug Magie zur Verfügung haben. Die Vampirin leitete einen kleinen, aber mächtigen Clan, der mit unserem seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden war.
    Amber half mir auf.
    Curtis wartete, bis sie stand, dann fasste er ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Wenn du mein Vertrauen brichst, muss ich dich töten. Und mir ist egal, was Julius dazu sagt!«, drohte er. Das war Curtis’ besonderer Charme.
    Amber nickte mit zusammengepressten Lippen.
    »Geh runter und ruhe dich aus.« Der Meistervampir strich mir durchs Haar, dann ging er zurück in den Versammlungsraum.
    Amber sah mich an, wartete auf einen Kommentar, doch ich wies nur auf den schmalen Gang, der zu den unterirdischen Kammern führte.
    Endlich konnte ich mich tief unter der Erde auf das Sofa vor dem Kamin sinken lassen. Amber hingegen lief rastlos hin und her und beobachtete die Fresken, als würden sie jeden Moment zum Leben erwachen.
    »Die sind unheimlich.«
    »Es ist eine Liebesgeschichte«, erwiderte ich. »Komm her zu mir.«
    Amber setzte sich gehorsam und starrte in die Flammen des Kamins.
    Ich fragte mich, ob sie den Pflock bereits aus Stevens Körper entfernt hatten. Hoffentlich wurde der Junge wieder gesund.
    »Ich bin schuld, dass Steven jetzt da oben liegt.«
    Ambersah mich fragend an. Ihr Gesicht glühte von der Wärme des Feuers.
    Zögernd berichtete ich von meinem Auftrag, den verwilderten Vampir zu töten, und der darauffolgenden Begegnung mit Frederik. Dass er zu meinem Schlafplatz gekommen war, war eindeutig ein Racheakt. Und hätte Steven nicht bei mir geruht, dann wäre er gesund und ich vermutlich tot.
    »Aber der Vampir, den du hingerichtet hast, wurde doch von diesem Rat der Clans rechtmäßig verurteilt?«
    »Ja, und Gordon hätte Urteil und Vollstreckung akzeptieren müssen.«
    »Bist du der Einzige, der …?«
    »Nein, es gibt noch einen Jäger für die Außenbezirke.«
    Amber zog die Stirn kraus. »Dann wusste dieser Gordon genau, dass du kommen würdest, wenn er einen Vampir macht, der Menschen ermordet? Und mein … mein Bruder konnte dir einfach folgen?«
    Verdammt. Dass ich darauf nicht selbst gekommen war. »Du meinst, er hat den verwilderten Vampir womöglich nur geschaffen, um meinen Schlafplatz zu finden?«
    »Wenn du noch mehr von seinen Freunden umgebracht hast, hat er doch allen Grund, dich aus dem Weg zu räumen!«
    Ein tropfendes Geräusch ließ uns beide gleichzeitig zu meiner Hand schauen. Der Verband war nass. Erste Flecken sprenkelten bereits den Boden. Amber nahm wortlos das Verbandszeug vom Tisch.
    »Eigentlich habe ich immer gedacht, ich könnte kein Blut sehen.« Ein Lächeln umspielte ihren Mund, doch als sich mein kleiner Finger aus dem Stoff schälte, verschwand es mit einem Schlag.
    Grobe Nähte hielten das abgetrennte Stück am Platz, und ständig sickerte Blut heraus. Auch die anderen Finger sahen schlimmaus. An den meisten waren eine oder mehrere Sehnen durchtrennt.
    »Und das heilt wieder? Bist du dir sicher?«
    War ich nicht. Ich brauchte frisches menschliches Blut. »Eigentlich heilen wir etwas besser. Ich sollte jagen …«
    Amber sah mich skeptisch an. »Du bist zu schwach. Du kannst doch nicht mal alleine laufen.«
    Ihre Augen waren tief und unergründlich. Mittlerweile wusste ich, dass sie dunkler wurden, wenn sie unsicher oder traurig war.
    Vorsichtig tupfte sie meine Hand sauber und legte einen neuen Verband an.
    Ich stand auf, warf den dreckigen Stofffetzen ins Feuer, schwankte und musste mich sofort wieder setzen.
    Amber schmiegte sich in meinen Arm. Ich küsste ihre Stirn und schloss die Augen.
    In Gedanken kehrte ich in mein längst vergangenes sterbliches Leben zurück. Das alte London, an irgendeinem verregneten Novembertag.
    Ich sah mein Anwesen vor mir, als hätte ich es gerade erst verlassen. Den Rauchsalon und meine kleine Bibliothek. Das Arbeitszimmer, in dem ich halbherzig den Überseehandel meines Vaters betreute, der

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